BN bemängelt, dass alte Villen durch Blöcke abgelöst werden

Bogenhausen · Wandel braucht Grün

Beim BN-Rundgang durch Bogenhausen wurde die mögliche Rettung der Grün Tal-Idylle als positives Beipiel für Stadtteil-Entwicklung hervorgehoben.	Foto: ikb

Beim BN-Rundgang durch Bogenhausen wurde die mögliche Rettung der Grün Tal-Idylle als positives Beipiel für Stadtteil-Entwicklung hervorgehoben. Foto: ikb

Bogenhausen · Der fast 80.000 Einwohner zählende Stadtbezirk hat unter baulicher Betrachtungsweise viele Gesichter, zeigt krasse Konturen und feine Facetten. Wie Menschen wohnen und sich wohnlich einrichten, war immer schon eine Frage der Finanzen: Reichtum spiegelt sich in den Fassaden des edlen Wohnens an einem Park, Geldknappheit zeigt sich an tristen lieblosen Bauten. Just Bogenhausen ist für beides ein Musterbeispiel.

Täglich werden in der Landeshauptstadt 1.500 Quadratmeter bebaut, Grundstücke werden knapp und damit wie die Wohnflächen immer teurer. »München wird immer schöner... zugebaut« war der Leitfaden für eine Bogenhausen-Tour des Bildungswerks der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe (BN), wobei Referent Herbert Gerhard Schön repräsentative Beispiele für die Geschichte und Zukunft der Stadtentwicklung erläuterte.

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Während anderswo ganze Stadtviertel zurückgebaut werden, weil durch Wegzug meist wegen fehlender Arbeitsplätze viele Wohnungen leer stehen, ist in der Landeshauptstadt die Nachfrage beständig höher als das Angebot. »7.000 Neubauwohnungen jährlich bräuchte es, um den Wohnungsmarkt zu entspannen. Knapp 3.000 bis 3.500 neue Wohnungen werden angeboten. Mit rund 4.200 Menschen je Quadratkilometer ist München heute schon die dichtest bevölkerte und bebaute bundesdeutsche Großstadt. In Bogenhausen leben etwa 2.600 Menschen je Quadratkilometer«, konstatiert Schön. Folglich stellt sich die Frage: »Wie soll und wird es weitergehen? Eine kluge Stadtplanung muss die Grundlage sein.« Aspekte eines Spaziergangs durch den Stadtbezirk.

Der BN-Mann prophezeit: »In der Stadt kommen in den nächsten 20 bis 30 Jahren ungefähr 150.000 Personen dazu, in Bogenhausen durch Neubaugebiete wie beispielsweise den Prinz-Eugen-Park oder die Gebäude an der Johanneskirchner Straße auf dem ehemaligen Ziegelei-Deck-Areal sowie weitere Zukunftsprojekte entlang der S-Bahnlinie zum Flughafen rund 15.000, so dass die Einwohnerzahl dann die 100.000 tangiert.«

Die Mauerkircher Straße entlang blickend erzählt Schön: »Ab 1805 wurde die Isar reguliert, und dann wurde besiedelt. Noch vor 20 Jahren war hier alles Auwald.« Ein paar Meter weiter lautet heute die Frage: Biergarten oder Luxuswohnungen? Gemeint ist das Wirtshaus im Grün Tal, »Ein Beispiel für bürgerschaftliches Engagement«, lobt Schön, denn eine Initiative will die Gastronomie retten. Doch ob’s (finanziell) klappt, ist noch nicht klar. »Der 1. April zur Wiedereröffnung ist jedenfalls ein fiktiver Termin«, so der Referent. Und zur möglichen Bebauung: »Je teurer eine Wohnung, desto leichter ist sie verkaufbar. Aber das gilt nicht nur hier.«

Kritisch begutachtet Schön die Rümelinstraße und den überaus breiten Gehweg: »Hier sind zu viele Flächen versiegelt, die zubetonierten Böden und Asphaltdecken gehören geöffnet. München braucht Bäume, Bäume und noch mehr Bäume. Denn viele ehemalige Grundstücke mit großen Gärten werden dicht mit Mehrfamilienhäusern bebaut, es gibt also immer weniger Grün.« Diese und andere Veränderungen bezeichnet der Fachmann als »schleichende Umwandlung, mal in wenigen Jahren, mal in Jahrzehnten«. Und zur Nachfrage wegen der Finanzierung angesichts der angespannten städtischen Etatlage: »Das muss auch auf die Anlieger umgelegt werden.«

Je weiter man die parallel zur Isar verlaufende Pienzenauer Straße Richtung Mittlerer Ring vorangeht, desto klarer wird die »schleichende Umwandlung«: Mehrfamiliengebäude dominieren. Sehenswerte Ausnahme ist die Adresse Thomas-Mann-Allee 10. Der Schriftsteller selbst ließ sein Haus 1952 abreißen, Mann verkaufte das Grundstück. Ein Nachfolgebau mit »äußerlicher Rekonstruktion« ersetzte vor fünf Jahren die Villa des Nobelpreisträgers – ein optisches Juwel im Herzogpark, für Bogenhausen, für München.

ikb

Artikel vom 01.03.2011
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