Ausländerbeiratswahl am Sonntag

München · Seine Stimme nutzen

Diesen Sonntag können die Münchner mit ausländischer Staatsangehörigkeit in 25 Wahllokalen ihre Stimme abgeben. Foto: Archiv

Diesen Sonntag können die Münchner mit ausländischer Staatsangehörigkeit in 25 Wahllokalen ihre Stimme abgeben. Foto: Archiv

München · Für die rund 280.000 Bewohner Münchens mit ausländischem Pass steht an diesem Sonntag, 28. November, wieder der Gang zur Urne an: Ein neuer Ausländerbeirat wird gewählt. Unter den Kandidaten befinden sich jedoch zwei Rechtsextremisten, das NPD-Mitglied Manfred Schiessl und Volker Knetsch von der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA).

Cumali Naz, der derzeitige Vorsitzende des Gremiums, appelliert daher an die Wahlberechtigen, diesmal unbedingt ihre Stimme abzugeben. „Allen Münchnern mit ausländischer Herkunft muss klar sein, dass sie nun von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen müssen“, mahnt Naz, der hauptberuflich beim Kreisjugendring (KJR) arbeitet und für die „Türkische Einheitsliste“ (AB) antritt. Dass Schiessl, der bei den Kommunalwahlen 2008 erfolglos für den Stadtrat kandidiert hatte, nun versuche, auf die Interessenvertretung Einfluss zu nehmen, sei absurd. „Wer verhindern will, dass der Ausländerbeirat zur Plattform für ausländerfeindliche Kräfte wird“, betont Naz, „darf nicht auf sein Stimmrecht verzichten“.

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Möglich war die Kandidatur der Rechtsextremen, die für die Liste „Allgemeine Länderkooperation“ (ALK) antreten, deshalb, weil sowohl Schiessl als auch Knetsch einen österreichischen Pass haben. Für den Ausländerbeirat aufstellen lassen können sich nämlich auch sämtliche EU-Bürger, die nicht aus Deutschland stammen. In München sind dies derzeit rund 120.000 Personen. Da Menschen aus den Beitrittsländern jedoch ohnehin das kommunale Wahlrecht hätten, seien viele von ihnen, wenn es um die Interessenvertretung der Migranten gehe, nicht mehr an die Urnen zu bewegen, erklärt Naz: „Das ist einer der Gründe, weshalb die Wahlbeteiligung in der Vergangenheit sehr gering war.“ Gerade einmal bei sechs Prozent habe sie gelegen, als er vor sechs Jahren sein Amt zum zweiten Mal angetreten habe.

Aleksandra Romanic von der „Serbischen Diaspora“ München, die bislang bei der Interessenvertretung den Ausschuss für Kultur, Religion, Sport und Freizeit geleitet hat, fürchtet die Kandidatur der Rechtsextremisten indes nicht: „Ich glaube nicht, dass sie in das Gremium gewählt werden.“ Vielmehr freue sie sich darüber, dass nun erstmals auch die Italiener und Franzosen Mitglieder für den Ausländerbeirat aufgestellt haben: „Dadurch werden wir noch bunter.“ Aus dem kulturellen Leben der Stadt seien ausländische Mitbürger inzwischen nicht mehr wegzudenken. Zahlreiche Künstler und Hochschullehrer aus dem Ausland seien hier ansässig. „Es ist ein Gerücht, dass so genannte Migranten hauptsächlich einfache Arbeiten verrichten“, sagt die Pianistin. Daher setze sich ihre Vereinigung dafür ein, dass im Ausland erworbene Studien- und Berufsabschlüsse in Deutschland unkomplizierter anerkannt würden. Außerdem fordert sie, dass mehr Kinder aus Migrantenfamilien in die städtischen Krippen aufgenommen werden, um Sprachdefizite frühzeitig auszugleichen.

Die Förderung von Kindern liegt auch Andrea Masciavè von der Liste „Italiener für München“ am Herzen. Aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse hätten viele Eltern Scheu davor, die Sprechstunden der Lehrer zu besuchen: „Hierfür sollten gezielt Sprachkurse angeboten werden.“ Ziel sei es, sich so gut wie möglich in der Stadt zu integrieren: „Dann unterscheiden wir uns nur noch in der Musik, der Literatur und im Essen, und kulturelle Vielfalt ist für alle von Vorteil.“

Insgesamt treten mehr als 500 Kandidaten aus 58 Nationen in 30 Listen zur Wahl an. Zu vergeben sind 40 Mandate. Neu eingeführt wird für die kommende Amtszeit eine Frauenquote von 50 Prozent. Damit sei das Gremium in seiner gesellschaftlichen Entwicklung vielen Parteien voraus, sagt Cumali Naz: „Das hat die CSU nicht geschafft.“ Erstmals mitwählen dürfen außerdem auch die geduldeten Flüchtlinge. Auch das wertet Naz als „großen Erfolg“. Langfristiges Ziel sei jedoch, mehr politische Rechte zu erhalten. Bislang hat das Gremium nämlich nur eine beratende Funktion. Wenn er wieder gewählt werde, wolle er sich dafür einsetzen, dass der Ausländerbeirat künftig direkt Anträge in den Stadtrat einbringen könne, kündigt Naz an. Von Julia Stark

Artikel vom 25.11.2010
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