Die 1:3-Niederlage gegen Wolfsburg hat gezeigt, dass auch das Maximum zu wenig sein kann

München · Der EHC muss in jedem Spiel ans Limit gehen

Christian Winkler ist mit der momentanen Entwicklung der Mannschaft zufrieden.	Foto: Oliver Rabuser

Christian Winkler ist mit der momentanen Entwicklung der Mannschaft zufrieden. Foto: Oliver Rabuser

München · Nach drei Siegen in Folge, zuletzt einem starken 3:0-Sieg in Düsseldorf am vergangenen Freitag, stand der DEL-Aufsteiger EHC München auf dem dritten Rang. Kaum jemand hatte dem Liganeuling solch eine Erfolgsserie zugetraut. Am Sonntag setzte es beim 1:3 gegen den Vorjahreshalbfinalisten Wolfsburg einen kleinen Dämpfer. Manager Christian Winkler sprach nach der Niederlage mit uns über den Lernprozess und den Offensivstil der Mannschaft sowie über die Jungstars Martin Buchwieser und Christian Wichert.

Von Jan Lüdeke

Herr Winkler, nach dem fast schon sensationellen Saisonstart des EHC haben Sie gesagt, Sie bräuchten immer mal wieder jemanden, der Sie zwickt, damit sie merken, dass sie nicht träumen. Am Sonntag gegen Wolfsburg haben Sie recht schmerzlich vorgeführt bekommen, dass alles real ist.
Winkler: Schmerzlich war das nicht unbedingt. Ich habe das alles relativ gefasst aufgenommen. Mir war klar, dass solche Spiele kommen würden. Es wurde nach dem Spiel viel über uns diskutiert, aber was mit dabei zu kurz kommt, ist der Punkt, dass Wolfsburg ein phantastisches erstes Drittel gespielt hat. Bei denen hat alles gepasst. Ich habe dann auch bei uns positive Dinge gesehen. Zum Beispiel, dass wir ab dem zweiten Drittel zurückgekommen sind. Das ist alles ein Teil des Lernprozesses. Wir müssen jetzt nur schauen, dass wir möglichst schnell lernen.

Gegen Wolfsburg hatte das Team auch augenfällige Probleme bei der Puckkontrolle. Hatte die Mannschaft bei den drei Siegen zuvor zu viel Pulver verschossen, war zu müde?
Winkler: Das kann leicht sein. Wir wissen, dass wir jedes Spiel am Limit spielen müssen. Da kann Müdigkeit schonmal vorkommen. Wir mussten in Düsseldorf neun oder zehn Unterzahlsituationen überstehen, hatten dann diesen langen Trip, waren am Samstag erst um sieben Uhr morgens wieder in München. Damit muss man auch erstmal umgehen. Wenn man dann im Kopf etwas langsam ist, dann kommt sowas vor wie diese Probleme.

Thema Lernprozess: Was hat die Mannschaft denn schon gelernt?
Winkler: Mit Sicherheit, wie wichtig Konstanz ist. Und alle Spieler wissen, dass es nur im Kollektiv geht. Der nächste Schritt ist jetzt, dass wir diese Konstanz ausreizen. Und wir müssen uns in schwierigen Zeiten unserer Erfolge erinnern. Denn diese Zeiten werden kommen.

Auffällig ist die Vielzahl an Gegentoren, auch bei Siegen. Muss das Team da etwas abweichen von seinem Offensivstil?
Winkler: Nein, denn unsere Spielweise ist ja erfolgreich. Die Defensive fängt ja auch in der Offensive an. Ich muss ehrlich sagen, dass mir ein 6:5 lieber ist als ein 1:0, auch wenn die Trainer das vielleicht anders sehen.

Martin Buchwieser lernt momentan schnell hinzu. Er hat schon dreimal getroffen, spielt oft in der ersten Reihe. Hätten sie diesen rapide Entwicklung bei ihm so erwartet?
Winkler: Um ehrlich zu sein: Nein. Er hat zwar letztes Jahr schon eine gute Entwicklung gemacht, war für mich in den Playoffs gar einer unserer Schlüsselspieler. Man darf natürlich nicht vergessen, dass es ihm momentan zu Gute kommt, mit wem er zusammenspielt. Er profitiert enorm von Eric Schneider und Ryan Ready. Aber Martin macht das ziemlich clever. Wenn er so weiter macht, macht bald den nächsten Schritt.

Das Nationalteam?
Winkler: Ich denke, da ist er schon im erweiterten Kreis. Wir würden uns riesig für ihn freuen, wenn das klappen würde.

Eine schwierige Zeit macht hingegen Christian Wichert durch. Er hat als einziger Spieler neben den Torhütern noch keinen Scorerpunkt, muss sich auf ständig wechselnde Partner einstellen. Denn er war ja eigentlich neben Buchwieser eingeplant.
Winkler: Klar, dem Christian fehlt der Martin. Diese Situation ist für ihn nicht von Vorteil. Aber er macht dafür andere Jobs. Und das ziemlich gut. Er ist ein sehr mannschaftsdienlicher Spieler, für mich eigentlich der perfekte Center für eine vierte Reihe.

Zuletzt spielte er an der Seite von David Wrigley. Wie viel Zeit braucht der nach seiner Nacken-OP noch, bis er der Alte ist?
Winkler: Wir müssen ihm Zeit lassen. Ich denke, bis er wieder bei 100 Prozent ist, werden noch drei Wochen vergehen. Gerade nach einer Verletzungspause sind Spieler anfangs sehr euphorisch. Das überspielt dann einige Defizite.

Wie lange kann sich der EHC noch in der Spitzengruppe der Liga halten?
Winkler: Ich hoffe, so lange wie möglich. Aber wir schauen weniger auf die Tabelle. Die ist für uns schön, aber alles ist sehr, sehr eng. Wir sind zumindest im Soll. Uns ist wichtig, dass wir in jedem Spiel alles abrufen, was wir haben. Und dann wollen wir die vielen namhaften Experten weiter überraschen, die uns auf dem letzten Platz gesehen haben. Für uns ist die Tabelle jedenfalls unwichtig. Wir wollen schauen, dass wir ein Fundament für die Zukunft schaffen. Da sind wir uns alle einig.

Artikel vom 04.10.2010
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