Auer Jugendtreff gestaltet Broschüre zum Alkohol-Missbrauch

Au · Zuviel Alk? Chill dich!

Nadja Maslik (li.) hat die Produktion der Broschüre initiiert, rechts Nicole Syr, Mitarbeiterin vom Jugendtreff Au.	Foto: js

Nadja Maslik (li.) hat die Produktion der Broschüre initiiert, rechts Nicole Syr, Mitarbeiterin vom Jugendtreff Au. Foto: js

München/Au · Die Broschüre des Jugendtreffs am Kellerhof in der Au zu den Gefahren des Trinkens benennt die Probleme ohne zu beschönigen. Schon das Titelbild provoziert: Es zeigt einen Jugendlichen, der sich über eine Toilette beugt. Er ist kurz davor, sich zu übergeben – in der Hand hält er eine Flasche Schnaps. »Alkohol?!« steht in großen, roten Buchstaben darüber.

Das Besondere an dem Heft: Die Jugendlichen haben es selbst produziert – und dabei einiges gelernt. Auf der bevorstehenden Wiesn wollen sie ihr Wissen auf jeden Fall beherzigen. »Wir müssen jetzt schon zum dritten Mal nachdrucken«, sagt Nicole Syr, Mitarbeiterin des Treffs. Die Broschüre »geht weg wie warme Semmeln«, erklärt sie stolz. Inzwischen liege sie in verschiedenen Einrichtungen in der ganzen Stadt aus, seit kurzem sogar im Jugendinformationszentrum in der Herzogspitalstraße. Immer wieder stelle sie fest, wie gut das Heft von Jugendlichen angenommen werde: »Auch viele externe Besucher, etwa Schulklassen, die zu uns kommen, blättern spontan darin und nehmen es mit.«

Die gängigen Aufklärungsbroschüren staatlicher Stellen erfreuen sich dieser Beliebtheit indes meist nicht, haben die Mitarbeiter der Einrichtung beobachtet. »Die anderen Broschüren sind langweilig, unsere ist viel interessanter«, findet auch die 15-jährige Jasmin, die am »Alkohol?!«-Heft des Jugendtreffs mitgearbeitet hat. Zudem seien die Informationsmaterialien häufig zu kompliziert geschrieben, sagt die ehemalige Berufspraktikantin Nadja Maslik, die das Projekt ins Leben gerufen hat. Die Jugendlichen in der Au dagegen bringen die Risiken des Alkoholmissbrauchs in einfachen Worten unverblümt auf den Punkt. Ab 0,1 Promille ist man »gechillter«, ab 0,3 Promille »dumm«, ab drei Promille kann man sterben, heißt es dort auf Seite fünf.

Bevor sie an dem Projekt teilgenommen habe, sei ihr viel Wissenswertes gar nicht bekannt gewesen, räumt Jasmin ein: »Mir war nicht klar, dass Alkohol zum Beispiel auch dick macht.« Sie selbst trinke nur an den Wochenenden, wenn sie mit ihren Freunden ausgehe. Bier und Wein mag sie jedoch nicht: »Ich trinke lieber Rum-Cola oder so etwas.«

Das ist typisch für die heutige Zeit. »Die Jugendlichen konsumieren nicht mehr Alkohol als frühere Generationen«, so Nicole Syr. Jedoch habe sich die Art der Getränke geändert. Besonders beliebt seien die sogenannten Alkopops, Mischgetränke mit Schnaps, bei denen die Wirkung des Alkohols erst verspätet eintrete. »Bevor sie überhaupt merken, dass sie betrunken sind, haben sie oft schon zwei bis drei davon konsumiert«, so Syr.

Auch dem 16-jährigen Andreas ist es schon passiert, dass er seine Grenzen nicht erkannt hat. »Mir wurde schlecht«, erinnert er sich. Nicht gewusst habe er jedoch, »dass es ein Zeichen für eine Alkoholvergiftung sein kann, wenn man sich übergibt«. Sein Fazit: »An der Broschüre mitzuarbeiten war sehr informativ.« Seither trinke er »nur noch in Maßen.« Dies will er auch bei seinem bevorstehenden Wiesn-Besuch berücksichtigen. Anderen Jugendlichen rät er, beim Oktoberfest außer Bier auch nichtalkoholische Getränke zu sich zu nehmen und außerdem ausreichend zu essen. Auch Pornthep, der für das Titelbild Modell gestanden hat, wird zur Wiesn gehen – allerdings mit klaren Grenzen: »Eine Maß kann man schon mitnehmen, mehr sollte es aber nicht sein.« Julia Stark

Tipps für den Alkoholgenuss auf der Wiesn

»Am besten wäre es, Jugendliche würden auf dem Oktoberfest überhaupt keinen Alkohol trinken«, betont Armin Anstett, Leiter des Fachbereichs Jugendschutz beim Sozialreferat. Allerdings weiß er: Die Realität sieht anders aus. Daher rät er zum »maßvollen Umgang mit den Maßen«. Aus seiner Sicht besonders bedenklich: Das sogenannte Durchglühen. »Die Jugendlichen feiern die ganze Nacht in Clubs, und vormittags gehen sie dann auf die Wiesn«, erklärt er. Dies sei vor allem deshalb gefährlich, weil die unterschiedlichen Getränke gemischt würden. Sein Appell: »Finger weg von anderen Alkoholika, man sollte unbedingt bei einer Sorte bleiben.« Wichtig sei zudem, zwischendrin etwas zu essen, »und wenn es nur eine Breze ist«.

Außerdem mahnt er die Jugendlichen, aufeinander zu achten. »Wenn einer aus der Gruppe verschwindet, sollten die anderen ihn suchen.« Gerade für junge Frauen sei es ein Risiko, sich allein auf dem Festgelände zu bewegen: »Es gibt dort Leute, die nur darauf warten, einem betrunkenen Mädchen zu begegnen und die Situation auszunutzen.« Auf die Unterstützung ihrer Freunde angewiesen sind Jugendliche vor allem dann, wenn es aufgrund von zu viel Alkohol tatsächlich zu körperlichen Ausfällen kommt. Immer wieder passiere es, dass sich »die anderen aus dem Staub machen, wenn einer umfällt«. Dies sei jedoch nicht nötig.

Strafen haben Minderjährige nämlich nicht zu befürchten, wenn sie zu viel getrunken haben – auch dann nicht, wenn sie jünger als 16 sind und eigentlich noch gar keinen Alkohol konsumieren dürfen. Anders sieht es bei 18-Jährigen aus, die ihren unter 16-jährigen Freunden eine Maß mitbringen oder sie vom eigenen Krug trinken lassen. »Das ist eine Ordnungswidrigkeit und kann empfindliche Bußgelder zur Folge haben«, mahnt Anstett.

  • Übrigens: Für Jugendliche unter 16 Jahren ist der Oktoberfestbesuch um spätestens 20 Uhr vorbei, wenn sie keinen Erwachsenen bei sich haben. Unbegleitet dürfen sie sich dann nicht mehr auf dem Festgelände aufhalten. Julia Stark

Artikel vom 14.09.2010
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