Die Stadt wird auf Spielplätzen die chemische Keule schwingen

Bogenhausen · Ameisen marsch!

»Neben der Rutsche sind die meisten Ameisen.« Daniela Maszhold auf dem großen Spielplatz an der Lüderitzstraße. Und keine Kinder weit und breit.	Foto: ikb

»Neben der Rutsche sind die meisten Ameisen.« Daniela Maszhold auf dem großen Spielplatz an der Lüderitzstraße. Und keine Kinder weit und breit. Foto: ikb

Bogenhausen · Insekteninvasion allerorten: Hoch im Norden sind’s die Marienkäfer, in der Mitte der Republik die Maikäfer, und im Süden, in München, gibt’s das große Krabbeln der Ameisen. »In den vergangenen vier, fünf Jahren haben die Beschwerden über Belästigungen durch Ameisen auf Kinderspielplätzen und in den Außenanlagern von Tagesstätten kontinuierlich zugenommen«, umreißt Stadträtin Rosemarie Hingerl das Problem.

Mittlerweile hat die Plage auch Bogenhausen erreicht – am Spielplatz an der Lüderitzstraße im Zamilapark / Denninger Anger-Ost – rückt die Stadt ebenso wie an vielen anderen Stellen der piesackenden »Schwarzbraunen Wegameise« zu Leibe. Noch Mitte Februar schmunzelten die Mitglieder im Bezirksausschuss über das Ansinnen der Moosacher Kommunalpolitiker, die Fachleute im Rathaus sollten »eine wirksame Bekämpfung der sommerlichen Plage« veranlassen. Doch wie?

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Auch Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser wusste keinen Rat, nahm’s aber mit Humor: »Ich freu’ mich auf den Ameisenbär!« Den Spielplatz an der Lüderitzstraße positionierte die Stadt auf Rang neun von 16 stark durch Ameisen befallene Stellen, davon allein sieben in Moosach. Weitere Spielplätze wurden aus finanziellen Gründen auf eine Warteliste gesetzt. Auf Initiative von Anwohnerin Daniela Maszhold – »der schöne große Spielplatz im Zamilapark kann von den Kindern kaum genutzt werden« – meldete Hans Brendel, Vorsitzender des Bogenhausener Umweltausschusses, die Anlage zur Reinigung bei der Stadt an.

Die Mutter von zwei Kleinkindern im Alter von drei und acht Monaten: »Seit etwa drei Jahren werden’s immer mehr Ameisen.« Daniela Maszhold meidet den Spielplatz, der auch an sonnigen Tagen kaum besucht ist, weicht wie viele andere Eltern auf die anderen Plätze in der Umgebung aus: »Die Kleinen werden fast aufgefressen, fangen nach ein paar Minuten an zu weinen.«

Ein Ameisenbär wird mit Sicherheit nicht in Aktion treten. Gegen die Plage – »die Tiere sind ungiftig und übertragen keine Krankheiten, bekrabbeln die Kinder aber am ganzen Körper und verspritzen ihre beißende Säure«, erklärt Rosemarie Hingerl – wird nun ein chemisches Granulat eingesetzt. Das Referat für Gesundheit und Umwelt empfiehlt zwar, »möglichst auf eine chemische Ameisenbekämpfung zu verzichten«, was in den vergangenen Jahren auch befolgt wurde.

Doch nunmehr haben die Bürgervertreter im Schul-, Bau- und Umweltreferat wegen des »starken Befalls vereinbart, versuchsweise eine chemische Bekämpfung durchzuführen«, nachdem Methoden wie Duftstoffe, heißes Wasser, Überflutung oder Ausgrabung der Nester sowie Heißschaum fast nichts bewirkten. Bei einem Test mit dem Granulat war man erfolgreicher: »Zweimal innerhalb einer Woche angewandt, erbrachte eine Minderung des Ameisenbefalls von bis zu 95 Prozent.« Und: »Nach sechs Wochen war noch eine geschätzte Befallsminderung von 90 Prozent vorhanden. Die Wegameisen und ihre Nester wurden also nicht vollständig abgetötet.«

Bis Juli wird in München die Ameisenbekämpfung durch ein Fachunternehmen durchgeführt und langfristig überprüft, ob die Maßnahmen angeschlagen haben. Eine Woche vorab und bis 30 Tage danach werden an den Spielplätzen Schilder aufgestellt, die Haushalte in der Umgebung durch Postwurfsendungen unterrichtet. Die einen Tag lang behandelten Spielplätze werden danach 24 Stunden abgesperrt und »innerhalb der Dienstzeiten von 6 bis 22 Uhr durch die Grünanlagenaufsicht bewacht«, ehe sie wieder freigegeben werden.

Der Versuch, der pro Spielplatz rund 1.000 Euro kostet, soll zwei, drei Jahre fortgesetzt werden, um zu einer endgültigen Einschätzung zu kommen. Es geht aber auch einfacher, ohne Geld und Chemie, denn: »Das Ameisenproblem ist nicht außergewöhnlich«, konstatiert Martin Hänsel, Pressesprecher vom Bund Naturschutz München. »Wo Menschen in der Natur sind und eingreifen, gibt’s Plagen, wie beispielsweise Stechmücken oder eben auch Ameisen.«

Vier grundsätzliche Aspekte sollten laut Hänsel berücksichtigt und befolgt werden

  • Nahrungsquelle entziehen: An Spielplätzen keine Essensreste liegen lassen, kein Bonbonpapier wegwerfen, Abfall zu Hause, nicht im Abfallkorb am Sandkasten entsorgen.
  • Sand »bewegen«: Ameisen mögen Sand, aber keine Unruhe. Also: Den Sand umwälzen, bespielen, umrechen.
  • Sand austauschen: Das muss regelmäßig erfolgen.
  • Natur belassen: Der Grünspecht, natürlicher Feind der Ameisen, verschwindet immer mehr, weil ihm sein Lebensraum, Baumhöhlen, vor allem im Umfeld von Spielplätzen entzogen wird. ikb

Artikel vom 29.06.2010
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