Jahrzehntelang haben Anwohner rund um den Luise-Kiesselbach-Platz Lärm, Dreck und Abgase ertragen. Manch einer vielleicht auch wegen der günstigeren Miete, die er für seine Wohnung an einer stark befahrenen Straße zu berappen hatte. Nun, da der Tunnel da ist, könnte sich das ändern, insbesondere dann, wenn auch noch die Oberfläche des Luise-Kiesselbach-Platzes als großzügiger Park gestaltet wird und auch die Heckenstaller-Anlage dazu einlädt, seine Freizeit im nahe gelegenen Grünen zu gestalten. So etwas macht Lebensraum wertvoll und meist schlägt sich eine Lage mit viel Grün auch in den Miet- und Grundstückpreisen nieder.
Um zu verhindern, dass Luxussanierungen und drastisch steigende Mieten alteingesessene Bürger in Not bringen, soll Sendling-Westpark im Umfeld des Luise-Kiesselbach-Platzes für die nächsten fünf Jahre eine Erhaltungssatzung bekommen. Schon im Jahr 2014 hat die SPD-Fraktion des Bezirksausschusses Sendling-Westpark, BA 7, dafür beim Planungsreferat einen Antrag gestellt und dieser mündete nun in einer Vorlage, die dem Bezirksausschuss seit Oktober 2015 vorliegt. Darin hat das Planungsreferat ganz detailliert und konkret ein Gebiet umrissen, das für die sogenannte Erhaltungssatzung in Frage kommt, weil es die gesetzlich erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.
Seit 25 Jahren wird in München auf diese Weise die Modernisierung von Altbauten gesteuert. Auf muenchen.de kann man nachlesen, dass durch dieses regulierende Instrument, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten bleiben soll und nicht durch unangemessene Modernisierungsmaßnahmen der Hauseigner oder Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, alte Mieter vertrieben werden sollen.
Städtebauliches Instrument
So wie sich die Regeln von Cricket nicht alleine durch Zuschauen erschließen, scheint es auch ein sehr kompliziertes Verfahren zu sein, ein konkretes Gebiet zu definieren, das unter den speziellen Schutzmantel namens „Erhaltungssatzung” kommen kann. Kommt dieses städtebauliche Instrument zum Einsatz, müssen viele Faktoren beachtet werden damit Rechtssicherheit besteht. Wie Maria Hemmerlein, zweite Vorsitzende des Bezirksausschusses Sendling-Westpark, BA7, ausführt, gibt es insgesamt 20 Kriterien, die dabei beachtet werden müssen. Dabei spielt zum Beispiel nicht nur die Lage, sondern auch die Zusammensetzung der Bewohner in einem Mietshaus eine Rolle, und damit ein Gebiet überhaupt unter die Erhaltungssatzung fallen kann, müssen mindestens 1.500 Wohneinheiten ein sogenanntes Aufwertungspotential aufweisen. Auch spielt das Alter der Häuser eine Rolle und noch viele andere Kriterien. Das Prüfen selbst unterliegt, wie der Beschlussvorlage zu entnehmen, einer speziellen Methode der Überprüfung.
„Die CSU ist natürlich dafür, dass wir diese Erhaltungssatzung bekommen, aber warum bezieht sie sich auf dieses spezielle Gebiet? Das ist mir an einigen Stellen nicht klar”, stellte das Bezirksausschussmitglied Alfred Nagel, CSU, in der Sitzung fest, in der es um Abstimmung über die Vorlage ging. Nagels „Aber-Warum-Fragen” richteten das Augenmerk auf den Umgriff und Zuschnitt, der laut Vorlage unter die Erhaltungssatzung fallen würde. Ihm erschließt sich zum Beispiel nicht, warum darin Wohnungen von Wohnbaugenossenschaften wie der GEWOFAG sind, die ja sowieso schon unter einem eigenen Schutz stünden. „Da verstehe ich die innere Logik nicht”, so Nagel und er forderte, dass der Bezirksausschuss sich erst einmal die Gebiete genau anschaue und darauf dränge, dass auch die betroffenen Wohnungsbaugesellschaften zu einem Gespräch an einen runden Tisch geladen werden, bevor man einer Vorlage zustimme. „Wenn der BA jetzt Änderungen an Zuschnitt und Umgriff vornimmt”, hielt Vorsitzender Günter Keller, SPD, dagegen „dann kommt es zu einer Verzögerung. In dieser Zeit kann es passieren, dass aggressive Investoren zuschlagen.” Außerdem versuchte sich Keller an einer Erklärung, warum der Zuschnitt und Umgriff der Satzung sich an manchen Stellen nicht auf den ersten Blick erschließen würde: „Weil es nicht nur um die Mieten selbst geht, sondern auch um die Zusammensetzung der Bewohner”, so Keller.
Stadtrat und Bezirksausschussmitglied Jens Röver, SPD, brachte zum Ausdruck, dass er größtes Vertrauen in die Mitarbeiter des Planungsreferates habe und Nagels Bedenken nicht verstehen könne. „Als BA können wir sehr stolz sein”, so Röver „dass zu unserer Forderung nun nach acht Monaten ein so positiver Bescheid vorliegt. Wir sollten jetzt positiv über diese Vorlage entscheiden.” Auch andere Bezirksausschussmitglieder, wie Stefanie Krammer, SPD und Maria Hemmerlein, Grüne, brachten ihr Unverständnis gegenüber den Vorbehalten, die Alfred Nagel stellvertretend für die CSU-Fraktion vortrug, zum Ausdruck. Sie warben für eine Entscheidung zugunsten der Vorlage.
Letztendlich wurde im Bezirksausschuss über die Vorlage abgestimmt und mit 15 zu 7 Gegenstimmen wurde diese angenommen. Die CSU-Fraktion begründete ihre Ablehnung damit, dass der Umgriff nicht sachgerecht sei und sie deshalb, obwohl sie grundsätzlich für eine Erhaltungssatzung für das Gebiet rund um den Luise-Kiesselbach-Platz sei, nicht zustimmen könnte. Der Rest der Bezirksausschussmitglieder, zeigte sich erleichtert über den Ausgang der Abstimmung. Sie teilten alle die Befürchtung, dass eine Neuberechnung Monate dauern würde. Monate, in denen Investoren mit nicht-sozialverträglichen Sanierungen beginnen könnten.