Veröffentlicht am 16.07.2015 09:19

Wie baut man einen Tunnel?

Im Tunnel: Projektleiter Jörg Wittmann hat sein drittes Mammutprojekt fertiggestellt. (Foto: job)
Im Tunnel: Projektleiter Jörg Wittmann hat sein drittes Mammutprojekt fertiggestellt. (Foto: job)
Im Tunnel: Projektleiter Jörg Wittmann hat sein drittes Mammutprojekt fertiggestellt. (Foto: job)
Im Tunnel: Projektleiter Jörg Wittmann hat sein drittes Mammutprojekt fertiggestellt. (Foto: job)
Im Tunnel: Projektleiter Jörg Wittmann hat sein drittes Mammutprojekt fertiggestellt. (Foto: job)

Wussten Sie, dass der Luise-Kiesselbach-Tunnel mit einer Länge von 1.530 Metern der längste Münchner Tunnel ist? Oder haben Sie sich schon einmal gefragt, wie es möglich ist, dass in München ein Großprojekt wie der Tunnelbau mit einer Bauzeit von knapp acht Jahren, termin- und budgetgerecht realisiert wird? Projektleiter Johann Wittmann hat anlässlich der Fertigstellung des Luise-Kiesselbach-Tunnels in einem detaillierten Vortrag im Verein baugewerblicher Unternehmer Münchens e.V. Unmengen von Fakten erläutert und dem Samstagsblatt weitere Fragen beantwortet.

Verkehr rollte trotz Baustelle weiter

Die ersten Schritte des Tunnelbaus begannen im Jahr 2007 mit Baumfällungen und Umlegung der Versorgungsleitungen in die angrenzenden Privatgrundstücke, erklärt Wittmann. Dann wurden die Gehwege um zwei Meter versetzt - teilweise in die Gärten der Anwohner hinein und anschließend wurden die Fahrzeuge so gelenkt, dass alle Fahrspuren nur auf einer Seite laufen. „Diesen Platz benötigten wir für den Vorabaushub von 2,50 m Tiefe”, so Wittmann. In diesen wurden dann die ersten festen Teile des Tunnels installiert: 10.091 Bohrpfähle. Der Luise-Kiesselbach-Tunnel, so Wittmann weiter, ist nämlich, wie alle Münchner Tunnel, in Deckelbauweise errichtet. Auf die Frage, was man sich genau unter einer „Deckelbauweise” vorzustellen hat, nimmt Wittmann Stift und Papier und skizziert: „Zuerst werden für die Außenwände Bohrpfähle 10 bis 35 Meter tief in die Erde getrieben, die anschließend die Tunneldecke halten. Der Vorteil einer solchen Bauweise besteht darin, dass mit dem Aushub erst begonnen wird, wenn Tunnelwände und Decke schon da sind. So kann über der Baustelle der Verkehr weiter laufen.”

Kurzes Tunnelstück war schon da

Ein kurzes Tunnelstück, das bis ins Jahr 2009 als Fußgängerpassage in der U-Bahnstation „Westpark” fungierte, wurde für den „großen” Tunnel genutzt, verrät Wittmann weiter. Da man damals den Tunnel mit einer geringeren Tieflage gebaut hat, wird dieses kurze Stück an der Oberfläche erkennbar sein durch die sogenannte Hochpromenade, erläutert Wittman die speziellen Gegebenheiten des Luise-Kiesselbach-Tunnels.

Teamarbeit von Angestellten

Auf die Frage, wie man ein solches Großprojekt organisiert und warum es das Baureferat München schaffte, dies auch ohne eklatante Fehler zu bewältigen, sagt Wittmann: „Insgesamt sind 25 Firmen am Projekt beteiligt und für die Terminplanung gibt es einen externen Terminplaner, der sich ausschließlich um die Koordination der einzelnen Arbeitsschritte kümmert. Am Projekt selbst arbeitet ein festes Team von städtischen Angestellten.” Weiter führt er aus, dass alle Mitarbeiter zusammen an einem Ort arbeiten, was eine eng vernetzte Zusammenarbeit, wöchentliche Besprechungen und kurze Wege möglich macht.

„Die meisten Mitarbeiter sind Ingenieure wie ich”, so Wittmann weiter. „Sie sind nicht fixiert auf bestimmte Fachrichtungen, sondern jeder kann in vielen Bereichen arbeiten. Deshalb hat auch jeder immer den Blick auf das gesamte Projekt und nicht nur auf kleine Ausschnitte. Top-Spezialisten werden nur herangezogen, wo es erforderlich ist.” Auch die Kostenplanung liegt beim Baureferat und daher ist er und sein Team verantwortlich für das Budget und die Termineinhaltung. „Das Entscheidende ist, dass es immer um die Sache geht und nicht um Befindlichkeiten von Einzelnen.” Vielleicht, so erläutert Wittmann weiter, gebe es eher Probleme, wenn an einem Projekt externe hochbezahlte Manager arbeiten, die nicht immer vor Ort sind und keinem gewachsenem Mitarbeiterkreis angehören.

Der dritte Tunnel für Wittmann

Auf die Frage, wie viele Tunnel Wittmann schon gebaut hat, erläutert er sachlich und ohne Eitelkeit, dass er erstmalig bei Planung und Bau des Petueltunnels, der im Jahr 2004 fertiggestellt wurde, beteiligt war. Beim nächsten Tunnel, dem Richard-Strauß-Tunnel, hatte Wittmann dann schon die Position des Projektleiters inne. Er betont aber, dass er nicht nur rein organisatorische Aufgaben ausführe. Eine Tätigkeit, ohne direkt involviert zu sein in Planung und Ausführung, könne er sich nicht vorstellen. Und so kann man Johann Wittman getrost auch als „Tunnelbauer” bezeichnen, denn ein reiner „Schreibtischtäter” ist der Ingenieur auf keinen Fall.

Als junger Mann wählte er seinen Beruf aus einem pragmatischen Grund: „Damals wurden Ingenieure gesucht und so habe ich mich auf der Fachhochschule für diese Richtung eingeschrieben.”

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