Wann die Prüfung abgeschlossen sei, stehe noch nicht fest. Ende August hatte die Untere Jagdbehörde des Landratsamtes München dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) zunächst mitgeteilt, dass ab 1. September die Schonzeit der Graugänse aufgehoben sei. Was zur Folge gehabt hätte, dass die Tiere fast bis zur Uferlinie hätten abgeschossen werden dürfen. Woraufhin Heinz Sedlmeier, Geschäftsführer der Münchner LBV-Kreisgruppe, prompt seinen Posten als stellvertretender Jagdbeirat beim Landratsamt München niedergelegt hat.
Sedlmeiers Rücktritt hat wohl auch Einfluss darauf, dass die Behörden daraufhin ihr Vorhaben zunächst auf Eis gelegt haben. Begründung: Das Verfahren sei noch im Gange, neben Jagdrecht und der Unteren Naturschutzbehörde müsse auch die Regierung von Oberbayern entscheiden. Die Vögel waren zum Abschuss freigegeben worden, weil sie Wintereinsaaten und Keimlinge fressen.
Katastrophal wäre die Jagd im Internationalen Vogelschutzgebiet rund um den Speichersee, sagt Biologe und Leiter der LBV-Bezirksgeschäftsstelle Oberbayern, Matthias Luy. Das ganze Jahr würden dort Vögel durchziehen. Und gerade in den Monaten September und Oktober kämen vor allem Enten zur Mauser an das Ismaninger Gewässer. Würden die von Schüssen aufgeschreckt, sei das besonders fatal. Denn die Tiere sind in dieser Zeit von Haus aus ausnehmend sensibel und zeitweise auch flugunfähig. Erschrecken die Vögel durch das Knallen der Gewehre, führe das zu Energieverbrauch. Kraftreserven, die die Vögel dringend für den Zug in den Süden bräuchten.
Sicherlich würden sich auch Ausflügler durch Jäger gestört fühlen. Denn die Gegend um die Ismaninger Seenlandschaft ist wirklich idyllisch. Das Herz eines jeden Vogelkundlers schlägt wahrscheinlich beim Anblick der vielen Vogelarten höher: Neben den bis zu 50.000 Wasservögeln, die jedes Jahr am Speichersee Halt machen, gibt es dort unter anderem mehrere Reiherarten, Zwerg- und Schwarzhalstaucher, Rot- und Grünschenkel und Hochwasserläufer zu beobachten.
Schilf und Röhricht bieten außerdem eine wichtige Nahrungsquelle für Singvögel. Das Gebiet ist nicht komplett frei zugänglich. Etwas »sperrig« ist laut Luy die Anfahrt mit dem Auto, da man nicht überall am Gelände gut parken kann. Wer sich allerdings zu einer Radtour durch das Gebiet vom Ismaninger S-Bahnhof aus aufmacht, wird durch die Idylle mit vielen Vögeln, die man am besten durch ein starkes Fernglas beobachtet, für das Abstrampeln mehr als entschädigt.
Laut den LBV-Mitgliedern müssten weder Mensch noch Tier im Vogelschutzgebiet durch Schüsse gestört werden. Die Gänse könnten nämlich auch mittels »Flatterbändern« von Saatflächen ferngehalten werden. Für Heinz Sedlmeier gibt es im Übrigen kein Zurück mehr in das Amt des Jagdbeirates. Aber: »Ich hoffe, mein Nachfolger ist ein Umweltschützer.«
Kirsten Ossoinig