Interview mit Stefan Schneider

»Wir haben schon ganz andere Zeiten durchgestanden«

Löwenfan mit Herz und Seele: 1860-Stadionsprecher Stefan Schneider in der Münchner Allianz-Arena. Foto: pi

Löwenfan mit Herz und Seele: 1860-Stadionsprecher Stefan Schneider in der Münchner Allianz-Arena. Foto: pi

München · Stefan Schneider ist nicht nur Stadionsprecher des TSV 1860 München, sondern moderiert auch den Eröffnungsabend der Pasinger Vorwiesn und die Angermeier Trachtennacht. Der 48-Jährige war 25 Jahre lang Radiomoderator in München, hatte eine eigene Sportsendung beim Münchner LokalFernsehen und ist seit vielen Jahren Stadionsprecher beim Eishockeyverein EHC München. Schneider, der bei den »Löwen« die Mitgliedsnummer 1-8-6-0 hat, betreibt zudem eine Marketingagentur.

SamstagsBlatt: Herr Schneider, Sie sind seit 1993 Stadionsprecher beim TSV 1860 München und bekennender »Blauer«. Wie bewerten Sie die abgelaufene Saison der Löwen?

Stefan Schneider: Die Löwen-Saison war natürlich durchwachsen. Die Mannschaft ist erst kurz vorher zusammengekommen und hat eine ganz schwache Hinrunde gespielt. Wenn die ganze Saison so gelaufen wäre wie die Rückrunde, als die Mannschaft sich endlich gefangen hatte, wäre das Endergebnis sicher besser gewesen. Aber der Löwenfan ist ja bekanntermaßen hart im Nehmen. Da haben wir schon ganz andere Zeiten durchgestanden. Und natürlich ist es auch besonders schwer, wenn der Lokalrivale große Erfolge feiert. Aber ich sage immer: Der Goliath wird respektiert, der David wird geliebt. Deshalb ist 1860 Münchens große Liebe! Es gibt in Deutschland knapp 30.000 eingetragene Fußballvereine, davon sind gerade einmal 26 besser als die Löwen. Damit können wir leben.

Platz 8 mit 48 Punkten lässt sicherlich Wünsche offen. Welche Erwartungen haben Sie an die neue Spielzeit?

Stefan Schneider: Im Grunde muss die Devise wieder lauten: angreifen, kämpfen und besser sein als im Vorjahr. Die Mannschaft soll tollen und leidenschaftlichen Fußball für die Fans spielen. Dabei ist der Aufstieg aus meiner Sicht erst mal unwichtig. Wenn man eine gute Saison spielt und am Ende oben mitmischt, dann wird man sehen, was rausspringt.

In diesem Jahr feiert der TSV 1860 München seinen 150. Geburtstag. Im Rahmen der Feierlichkeiten leuchteten die Löwenfans ihrem Verein mit einer Lichterkette rund ums Grünwalder Stadion den Weg in die Heimat. Die Pläne für eine Rückkehr der Löwen ins Grünwalder Stadion liegen vorerst wieder auf Eis. Warum ist das Stadion an der Grünwalder Straße so wichtig für den TSV 1860?

Stefan Schneider: Die Lichterkette war etwas ganz besonderes und ein kleines, aber wichtiges Highlight, das die Löwenfans organisiert haben. So etwas gibt es nur bei 1860. Ich war selbst auch dabei und muss sagen, es ist immer wieder wunderschön zu wissen, Teil der weiß-blauen Familie zu sein. Deshalb ist das Grünwalder Stadion für den TSV 1860 auch so wichtig. In jeder europäischen Stadt, in der mindestens zwei große Fußballvereine zu Hause sind, können sich die Vereine gegenseitig abgrenzen. Das Grünwalder Stadion ist die Heimat des TSV 1860 München und ganz entscheidend für die Identität des Vereins und der Fans. Die Pläne liegen zwar auf Eis, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir haben schon ganz andere Sachen ausgesessen und überlebt.

Was bedeutet das für Ihre Arbeit als Stadionsprecher? Hat sich Ihre Arbeit in der Allianz Arena verändert?

Stefan Schneider: Ich habe das große Glück, dass ich zuerst im Grünwalder Stadion, dann im Olympiastadion und jetzt in der Allianz Arena moderieren durfte. Das Stadion mit dem meisten Charme ist natürlich das Grünwalder. Deshalb bringen die Fans das Thema auch immer wieder auf den Tisch. Ich versuche das Ganze anhand eines Beispiels zu erklären: Es heißt ja immer, wenn jemand krank ist, wird er am besten zu Hause gesund. Und 1860 ging es in den letzten Jahren nicht gut. Da wäre es mein Wunsch gewesen, einfach nach Hause zu gehen: ins Grünwalder Stadion. Natürlich gibt es auch dann keine Gewähr auf das Gesundwerden. Aber besser wäre es auf alle Fälle gewesen. Was an der Allianz Arena heraus sticht sind die technischen Gegebenheiten. Da ist alles perfekt. Das ist wie mit einem Plattenspieler und einem CD-Player: Der Plattenspieler kann zwar rein technisch gesehen nicht mithalten, macht aber trotzdem den natürlicheren Sound, weil alles echter und authentischer rüberkommt.

Was macht einen guten Stadionsprecher aus?

Stefan Schneider: Als Stadionsprecher ist man das Bindeglied zwischen dem Verein bzw. auch dem DFB und den Fans. Grundsätzlich sollte man aber immer näher am Fan sein als am Verein. Ich sage immer, eine hundertprozentige Objektivität sollte nicht die erste Tugend eines Stadionsprechers sein. Mittlerweile bin ich seit 1993 Stadionsprecher beim TSV 1860. Seit 1969 habe ich alle Heimspielkarten zu Hause und kein Spiel versäumt!

Wie kam es zu Ihrem Engagement als Stadionsprecher?

Stefan Schneider: Ich hatte früher eine sehr erfolgreiche Nachmittags-Radioshow bei Radio Energy 93.3 und bin seit 1990 auch als Eishockey-Hallensprecher tätig. In diesem Zusammenhang wurde ich damals von 1860 angesprochen. Da musste ich natürlich keine Sekunde überlegen! Ich bin 1860 sehr dankbar, dass ich das schon all die Jahre machen darf. Vor den Fans zu stehen ist einfach großartig. Wir haben zusammen schon so viel durchgemacht. Und irgendwann werden wieder bessere Zeiten kommen. Das ist besser, als jedes Jahr auf dem Rathausbalkon zu stehen. Bei 1860 können wir uns im Gegensatz zum FC Bayern nicht vor dem Spiel verabreden, um danach auf den Sieg anzustoßen. Für uns ist es eben nicht alltäglich. Wenn wir etwas besser können als die Bayern, dann ist es Niederlagen wegzustecken.

Bevor die neue Bundesliga-Saison losgeht, steht die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika an. Wie schätzen Sie die Chancen der DFB-Elf ein?

Stefan Schneider: Grundsätzlich denke ich, dass Deutschland bei der Auslosung mit Australien, Ghana und Serbien gut davon gekommen ist. Die Teams sind zwar alle nicht zu unterschätzen, aber doch lösbare Aufgaben. Mit ein bisschen Glück ist das Viertelfinale drin und danach ist alles möglich. Da bin ich recht zuversichtlich. Auch wenn Deutschland sicherlich keiner der Topfavoriten ist.

Haben Sie einen persönlichen WM-Favoriten?

Stefan Schneider: Spanien und England schätze ich sehr stark ein. Aber ich hoffe natürlich auch auf die deutsche Mannschaft.

Sie moderieren auch heuer wieder den Eröffnungsabend der Pasinger Vorwiesn am 31. Juli. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Wiesnrat?

Stefan Schneider: Der Wiesnrat hat mich angesprochen und mich zur Pasinger Vorwiesn eingeladen. Das Volksfest ist eine tolle Veranstaltung und sehr wichtig für den Stadtteil. In diesem Jahr darf ich nun schon das zweite Mal mit dabei sein, um den Eröffnungsabend zu moderieren.

Werden Sie auch wieder Moderator bei der Angermaier Trachtennacht sein? Was ist das besondere an diesem Event?

Stefan Schneider: Die Angermaier Trachtennacht ist eine Veranstaltung, die sehr viel für das Brauchtum tut. Früher war es noch so, dass viele Leute mit Jeans zum Okotoberfest gegangen sind. Mittlerweile ziehen aber auch junge Menschen wieder gerne Tracht an, um auf die Wiesn zu gehen. Tracht ist wieder gefragt. An dieser Entwicklung hat Angermaier einen großen Anteil!

Sie sind nicht nur Stadionsprecher und Moderator, sondern auch Inhaber einer Marketingagentur. Wieviel Zeit bleibt da für das Privatleben?

Stefan Schneider: Wenn man alles gut organisiert, dann bleibt noch genügend Zeit. Das habe ich gut im Griff und bin sehr zufrieden. Zumal ich meine freie Zeit und meinen Urlaub grundsätzlich gerne in Bayern und München verbringe, mit meinem Hund spazieren gehe oder an einen See fahre. Da gibt es ja viele Dinge, die man machen kann.

Das Interview mit Stefan Schneider führte Simone Bauer.

Artikel vom 10.06.2010
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