Podiumsdiskussion in Bogenhausen zum Thema doppelter Abiturjahrgang

Bogenhausen · Minister Heubisch: »Es wird nicht gespart«

Minister Heubisch (2.v.r.) diskutierte auch mit dem Publikum.	Foto: hgb

Minister Heubisch (2.v.r.) diskutierte auch mit dem Publikum. Foto: hgb

Bogenhausen · »Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen« – Bayerns Dreifach-Minister Wolfgang Heubisch, verantwortlich für die Ressorts Wissenschaft, Forschung und Kunst, zitiert und hält’s mit Karl Valentin. So gehört und erlebt bei einer Podiumsdiskussion mit 200 Schülern, Eltern und Lehrern im Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium Bogenhausen unter dem Motto »Erst diskutieren, dann studieren«.

Erörtert wurden die Auswirkungen des doppelten Abiturjahrgangs 2011 in Bayern auf die Hochschulen. »Wir haben die Probleme erkannt«, versicherte Heubisch, und unterstrich: »Die Qualität der Bildung in Bayern ist bundesweit mit am besten, ja Spitze.«

Auf bohrende Fragen hatte der Ex-Zahnarzt stets eine Antwort parat, mehrfach so intensiv und ausführlich, dass der Kern der eigentlichen Frage verschwamm. Der Freistaat ist nach Heubischs Ausführungen das Musterbundesland schlechthin. Indes, ein Vergleich konnte mangels fundiertem Wissen niemand so richtig ziehen. So blieben schlussendlich diverse Wenn und Aber, auch wenn Heubisch die bayerischen Hochschulen für die steigenden Studierendenzahlen »gut gerüstet sieht und überzeugt ist, dass wir die Herausforderungen durch den doppelten Abiturientenjahrgang gut meistern werden«.

Moderatorin Bettina Bäumlisberger umriss die Ausgangssituation: 85 Prozent aller Abiturienten wollen studieren, die Eltern wollen wissen, wo ihre Kinder studieren können und: Sind die Unis darauf vorbereitet? Wolfgang Heubisch, inzwischen 63, Lehre bei der BayernLB, BWL-Studium, anschließend Medizinstudium, Berufseinstieg als Dentist mit 35, schilderte per Power-Point-Präsentation ruhig und routiniert das Ausbauprogramm für die bayerischen Hochschulen.

So erwartet das Ministerium in den Jahren 2011 und 2012 in Bayern jeweils rund 70.000 Studienanfänger – 2008 waren es etwa 55.000. In Folge wird sich die Zahl der Studierenden dauerhaft erhöhen – über das Jahr 2016 hinaus.

»Habe ich da noch Chancen als Abiturient?« fragte Heubisch und erklärte, »keiner darf vor der Tür stehen, wir sind es uns schuldig, um die Ansprüche erfüllen zu können. Wissenschaft und Forschung haben in Bayern einen hohen Stellenwert, denn sie sichern die Zukunft unseres Landes.« Zur Ausweitung der weiß-blauen Kapazitäten versprach der FDP-Mann: »Es wird nicht gespart!« Ab 2008 bis 2011 würden in Bayern 38.000 zusätzliche Studienplätze sowie 3.000 zusätzliche Personalstellen geschaffen, weitere 10.000 Studienplätze und 800 Personalstellen »sind vorgesehen«. Im Fünf-Jahres-Abschnitt bis 2013 kostet das samt Baumaßnahmen und Anmietungen mehr als eine kalkulierte Milliarde Euro. Zur Veranschaulichung führte Heubisch die Münchner Situation an: »Hier werden 8.600 zusätzliche Plätze geschaffen – das ist so groß wie die Uni Bamberg«.

Das Ausbauprogramm soll an allen Standorten mit hälftiger Aufteilung der zusätzlichen Studienplätze auf Universitäten und Fachhochschulen erfolgen. Die Angebote für den letzten G9-Jahrgang: Ausweitung des Studienbeginns im Sommersemester 2011, Übersichtskarte mit allen Studienangeboten im Internet und Überbrückungsangebote für einen Beginn im Wintersemester 2011/2012. Dazu Heubisch auf Nachfrage: »Ich bin nicht angetreten, um zu reduzieren, Sie können alle Fächer in Bayern studieren, ab 2011 gibt es 381 Studiengänge.« Ein Raunen ging durch den Versammlungssaal, der Minister erntete Beifall – auch weil er bis Dezember jede Woche ein Gymnasium in Bayern besuchen will.

»Bringt unseren Kindern der Bachelor nach all dem Studien- und Finanzaufwand eigentlich etwas?« fragte eine besorgte Lehrerin und Mutter. »Die Wirtschaft nimmt den Bachelor gut auf – es bleibt ihr auch nichts anderes übrig, weil es in einigen Jahren nur noch den Bachelor gibt«, betonte Heubisch. Zu den unterschiedlichen Punktevergaben für Abschlussarbeiten meinte der Minister: »Wir haben das erkannt und sind dran, Lösungen müssen her, rate aber in dieser Sache allen zu mehr Gelassenheit.«

Auch die monierten starken Trends hin zu technischen Fächern hat das Ministerium erkannt und »versucht zu steuern«. Die kritisierten Zulassungsbedingungen verteidigte Heubisch: »In der ersten Runde geht das knallhart nach Punkten, das steht so auch im Staatsvertrag.« Zum Stichwort Studientourismus unter dem Aspekt, dass nur jeder sechste Platz für bayerische Jugendliche zu Verfügung steht: »Wir müssen uns sozusagen international ausrichten, der Zugzug nach Bayern zeigt doch, dass die Studierenden Qualität suchen«, so Heubisch. Die angesprochene Didaktik »soll in den Mittelpunkt rücken – das zu ändern, ist eine gewaltige Herausforderung.« Helmut G. Blessing

Artikel vom 09.02.2010
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