Treffen der Anonymen Alkoholiker in der Maxvorstadt: auch für Angehörige

Maxvorstadt · Hilfe aus der Sucht-Hölle

Die eine oder andere Maß ist für viele Besucher undenkbar. Doch der Übergang zur Sucht kann schleichend sein, weiß »Gisela« (rechts) aus eigener Erfahrung. Hilfe findet sie bei den Treffen der Anonymen Alkoholiker.F.: LHM, js

Die eine oder andere Maß ist für viele Besucher undenkbar. Doch der Übergang zur Sucht kann schleichend sein, weiß »Gisela« (rechts) aus eigener Erfahrung. Hilfe findet sie bei den Treffen der Anonymen Alkoholiker.F.: LHM, js

Maxvorstadt · Für Gisela Maron und Horst Petzold (Namen von der Redaktion geändert) steht fest: Wenn sie die Wiesn besuchen, werden sie die Bierzelte meiden. Der Grund: Beide sind alkoholkrank. Den Ausstieg aus der Sucht haben sie mit Hilfe der Anonymen Alkoholiker geschafft, die in München und Umgebung insgesamt mehr als 100 Selbsthilfegruppen anbieten.

Auch in der Maxvorstadt in der Schraudolphstraße finden Treffen statt. »Das Oktoberfest und die Starkbierzeit waren früher mein Leben«, erinnert sich Maron. Ein Leben, das nun seit mehr als zehn Jahren hinter ihr liegt, aber doch seine Spuren hinterlassen hat. Sieben Jahre hing sie an der Flasche. »Lange habe ich gar nicht gemerkt, dass ich ein Problem habe«, berichtet sie. Von hochprozentigen Getränken wie Schnaps habe sie sich nämlich stets ferngehalten. »Ich habe mir eingeredet, ich bin kein Alkoholiker, weil ich ja nur Bier getrunken habe.«

Auch bei Petzold verging viel Zeit, bis er sich die Krankheit eingestehen konnte. »Ich dachte, Alkoholiker sind nur die Obdachlosen unter der Brücke«, erzählt er. Arbeitslosigkeit, Schulden, der Verlust der Wohnung – all dies sei bei ihm nicht der Fall gewesen. »Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass bei mir alles in Ordnung ist.«

Der Weg in die Sucht verlief bei beiden schleichend. »Schon immer habe ich Bier getrunken, doch ganz allmählich wurde es immer mehr«, sagt Maron. Auf die Frage, wie viel sie getrunken habe, will sie nicht antworten. »Die Grenzen sind bei jedem völlig unterschiedlich, man kann nicht sagen, ab wann es zuviel ist«, erklärt sie. Auch verläuft die Krankheit nicht bei jedem gleich: Während Maron bereits morgens mit dem Trinken begann, nahm Petzold sein tägliches Pensum erst nach der Arbeit zu sich. Doch die Folgen waren bei beiden ähnlich: Schlaflosigkeit, Zittern, Gedächtnislücken, Angstzustände und die Unfähigkeit, den Alltag ohne Alkohol zu meistern. »Die letzte Phase, bevor man sich Hilfe sucht, ist die Hölle«, sagt Maron. Die Wende sei mit ihrem ersten Besuch bei den Anonymen Alkoholikern gekommen.

Was sie dort sah, habe sie völlig überrascht: »Die Leute haben keinen Alkohol getrunken und waren trotzdem fröhlich.« Das habe ihr Hoffnung gegeben. Auch Petzold hat sein Leben durch die Selbsthilfegruppe wieder in den Griff bekommen. »Wenn ich regelmäßig zu den Treffen gehe, habe ich gute Chancen, trocken zu bleiben«, sagt er. Unterstützung brauchen auch die Angehörigen. »Alkoholismus ist eine Familienkrankheit«, sagt Maron. Ihr Mann habe in der Zeit, in der sie trank, einen Nervenzusammenbruch erlitten. »Er konnte es nicht mehr ertragen, dass ich mit unseren zwei kleinen Kindern betrunken zuhause war.« Hilfe für Familienmitglieder bietet die Vereinigung Al-Anon. Gruppentreffen für Betroffene und Angehörige gibt es unter anderem in der Schraudolphstraße 2a am Freitag, Samstag und Sonntag um 19 Uhr sowie am Donnerstag um 9.30 Uhr, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Da sich die Anonymen Alkoholiker und Al-Anon über freiwillige Spenden finanzieren, ist die Teilnahme kostenfrei.

Infos gibt es in der Kontaktstelle, Landwehrstraße 9, Tel. 1 92 95 oder 55 56 85. Julia Stark

Artikel vom 16.09.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...