Geschäfte mit überschuldeten Kunden

Abzocker linkte Hunderte

München · Nach umfangreichen Ermittlungen erging am Freitag, 12. Januar, auf Antrag der Staatsanwaltschaft München I Haftbefehl wegen gewerbsmäßigen Betrugs, Anlage-, Kreditbetrug gegen einen 24-jährigen Mann aus Zwiesel. Dieser befindet sich seither in Untersuchungshaft in der JVA München-Stadelheim.

Der 24-Jährige warb im Dezember 2000 in allen größeren Zeitungen im gesamten Bundesgebiet und auch im Internet um Kunden. In seinen Annoncen versprach er stets Leuten, die sich überschuldet hatten, mit Krediten und Schuldentilgungen aus ihrer misslichen Situation zu helfen.

In erster Linie zielte der Betrüger auf die Provisionen der völlig überschuldeten Geschädigten ab, die sich in einer Höhe von 200 bis 2.000 DM bewegten. Die Geschädigten mussten die Provisionen zahlen, um in den Besitz von Info-Komplett-Unterlagen zu gelangen, die sie von ihren Schulden befreien sollten.

Im Angebotskatalog des 24-Jährigen fanden sich Visa-Master-Card-Angebote ohne Bonitätsprüfung. Eine Sofortkartenzuteilung sollte gegen eine Handlingsgebühr von 2.000 DM erfolgen.

Auch Autoleasing wurde, ohne Schufa- und ohne Bankauskunft angeboten. Sämtliche Anzeigen wurden unter verschiedenen Firmenbezeichnungen mit unterschiedlichen Adressen geschaltet. Der Beschuldigte benötigte die Zahlungen der Interessenten dringend, um seine eigenen Gläubiger befriedigen zu können. Die von ihm gegründeten Firmen wurden zum Teil von seiner Tante als Geschäftsführerin und seinem Onkel als Aufsichtsratvorsitzenden geführt.

Als sehr lukrativ erwies sich auch ein Vertrag zur Freischaltung eines Internet-Zugangs mit einem Tarif „Flate rate 22“ zur privaten Nutzung. Die Interessenten mussten nach Zugang der Vertragsannahme eine Abbuchungsermächtigung unterzeichnen und übersenden. Nach Eingang derselben buchte der Betrüger von den Konten der Interessenten jeweils einen Betrag von 322,71 DM ab. Dieser Betrag beinhaltete eine Bearbeitungsgebühr und Online-Kosten für drei Monate.

Eine Freischaltung erfolgte jedoch nicht und wurde damit begründet, dass sich mindestens 30.000 User finden müssten und es außerdem technische Probleme gebe. Obwohl 600 User ihre Verträge unverzüglich kündigten, da kein Zugang erfolgte, wurde ihnen das Geld nicht zurückerstattet. Der Polizei sind derzeit bundesweit 264 User bekannt. Ob die übrigen im Bundesgebiet Anzeige erstatteten oder nicht, ist bislang nicht bekannt. Der Betrüger konnte sich durch seine Geschäfte einen sehr hohen Lebensstandard leisten, unter anderem mietete er ein Haus im vornehmen Münchner Stadtteil Pullach.

Insgesamt verursachte der Betrüger bei seinen Kunden eine Schadenssumme von etwa 350.000 DM. Die von ihm gegründeten GmbHs sind mit zirka 600.000 DM überschuldet. Ein Insolvenzverfahren leitete er jedoch nicht ein.

In diesem Zusammenhang ergeht der dringende Appell der Münchner Kriminalpolizei an vermeintliche Interessenten, misstrauisch auf derartige Inserate sowohl im Internet als auch in überregionalen Tageszeitungen zu reagieren. Vornehmlich ist auf Anzeigen zu achten, die vor Erbringung einer vermeintlich außergewöhnlichen Leistung eine Gebühr verlangen.

Artikel vom 01.02.2001
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