Lokman M. soll Mitglied einer terroristischen Organisation gewesen sein

München · Bundesanwaltschaft plädiert auf schuldig

München · Im bundesweit ersten Prozess wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung plädierte die Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht München am Montag auf schuldig. Der Angeklagte Lokman M. soll Mitglied der islamistischen Organisation Ansar el Islam gewesen sein und neben der Finanzierung auch Schleusung von Terrorkämpfern organisiert haben.

Das durch Gebetspausen unterbrochene Plädoyer der Bundesanwaltschaft sollte erst nach Redaktionsschluss am frühen Montagabend mit einer Forderung nach einem Strafmaß enden. Dem 31-jährigen Angeklagten drohen bis zu zehn Jahre Haft. Strafmildernd könnte das Gericht das umfassende Geständnis werten, das Lokman M. in den letzten Wochen in nicht-öffentlicher Sitzung abgelegt hat.

Gestern folgte das Plädoyer der Verteidigung, am Donnerstag soll ein Urteil fallen, ein Freispruch ist allerdings nicht zu erwarten. Zu deutlich und beistimmend hat Lokman M. gestern genickt, als ihn der Bundesanwalt Ulrich Boeter mit der juristischen Plattitüde »Strafe muss sein« konfrontierte.

Im Detail zeichnete die Bundesanwaltschaft die Kämpferkarriere des 31-jährigen Kurden nach. 1974 in Kirkuk im Nordirak geboren, diente er Anfang der 90er Jahre auch kurzzeitig im besetzten Kuwait, desertierte jedoch und begann seine paramilitärische Laufbahn. 1995 stand er einer eigenen 25 Mann starken »Truppe des Märtyrers« vor und hatte auch »beste Kontakte zur Hamas-Führung«.

Über Griechenland und Italien reiste er 2000 nach Deutschland ein. Das beantragte Asyl wurde ihm zwar verwehrt, doch Lokman M. bekam einen Duldungsstatus und auch einen Job bei BMW. Doch den gab er auf für das Ziel von Ansar el Islam: »Die Errichtung eines radikal-islamischen Gottesstaates mit Vorbild Afghanistan zu Zeiten der Taliban.« Dazu würden die rund 1.000 Mitglieder im Irak Anschläge gegen irakische Polizeikräfte und die US-Armee verüben, aber auch gegen westliche Zivilisten.

Im Jahr 2003 hätte ein Selbstmordattentäter der Truppe etwa einen australischen Kameramann getötet. Mehr als 60 Mal soll er bis zu seiner Festnahme im Dezember 2003 in Europa unterwegs gewesen sein – von Skandinavien bis Bari um Schleusungen und Geldlieferungen zu organisieren. »Dem Angeklagten kam eine besondere Bedeutung zu, weil er die Organisation persönlich kannte und sich früher selbst als Kämpfer bewährt hatte.«

Der Fall Lokman M. ist das erste Strafverfahren seit Einführung des Paragraphen 129b im Sommer 2002. Und nach Ansicht von Bundesanwalt Ulrich Boeter wird es nicht der letzte bleiben: »Die neu geschaffenen Vorschriften haben sich bewährt, es werden weitere Anklagen folgen.« So hat die Bundesanwaltschaft in diesen Tagen Anklage gegen einen 40-jährigen Iraker erhoben, der ebenfalls Ansar el Islam unterstützt haben soll. Als Prediger soll er im Nürnberger Islamischen Zentrum zum »Terrorkampf gegen Christen« aufgerufen haben und erschlichene Sozialleistungen in Höhe von 40.000 Euro an die Terror-Organisation überwiesen haben. Auch er soll sich vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München verantworten. Max Hägler

Artikel vom 10.01.2006
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