Django Asül balanciert über den Kulturdonnerstag

Garching · Polit-Satire auf Zuckerbrot

Zwei Stunden ohne erhobenen Zeigefinger? Django Asül unterhielt zum zweiten Mal beim vhs-Kulturdonnerstag. 	Foto: gf

Zwei Stunden ohne erhobenen Zeigefinger? Django Asül unterhielt zum zweiten Mal beim vhs-Kulturdonnerstag. Foto: gf

Garching · Mit ihm gönnten sich die Garchinger einen echten »Heimkehrer«. Bereits vor acht Jahren wagte sich der damals noch unbekannte Django Asül auf die Bühne des vhs-Kulturdonnerstag – und hätte sich beinahe in die Riege der Kleinkunstmaskenträger einreihen dürfen, wie vhs-Leiter Herbert Becke zu Beginn des vergangenen Kulturdonnerstags zurück blickte.

Entsprechend groß war die Spannung im Publikum, ob der inzwischen weitaus bekanntere Kabarett-Star aus dem fernen Niederbayern auch das halten würde, was er bereits damals versprach. Den meisten nur noch als TV-Comedian im Gedächtnis mischte sich freilich auch ein wenig Skepsis unter die Erwartung. Ein Asül über zwei Stunden, ohne Werbung – wie mag das werden?

Es wurde flott. Da hatte Becke seine Begrüßungsworte noch nicht richtig zu Ende gesprochen, schon stürmte ein souverän geladener Django Asül voller Elan auf die Bühne. Vier Schritte, dann stand er neben dem Tisch. Und von dort aus, ohne Deckung, Netz oder doppelten Boden, »ballerte« Django auch gleich fleißig los. NPD-Skandal, der Fall Moshammer, Schiriwetten, Hartz IV, Präsident Bush – die ersten zehn Minuten boten bereits Zündstoff, aus dem andere ein Abendprogramm stricken würden.

Da drosselt der »Undergroundromantiker« das Tempo und spielt sein zweites großes Talent aus: Charme. Ohne sich auch nur einen halben Meter von seinem Standpunkt direkt neben dem Tischlein fort zu bewegen, zaubert Asül diesen Charme unbemerkt unters Volk. Springt von Rolle zu Rolle, vom Familienvater zum Stammtischbruder über Asül als zwiegespaltener Zyniker zurück zum Ultra-Realo, ohne auch nur einen Funken an Glaubwürdigkeit einbüßen zu müssen.

Der kann Sätze sagen wie: »Die Welt wird von einem Terror-Kommando regiert, Deutschland von einem Error-Kommando«, oder: »Das Merkel ist gefährlich« – Virtuos: Messerscharfe Attacken ohne dabei anzuecken. Unters Gelächter mischt sich allgemeines Kopfnicken – ein TV-Comedian sieht anders aus. Wenn Asül zur Hochform auflief, servierte er knallhartes politisches Kabarett als Zuckerbrotaufstrich. Zwei Stunden Programm, und nicht ein erhobener Zeigefinger. Trotzdem beschlich einen immer wieder das Gefühl: Kann das noch Spaß sein? Zu oft hatte Asül einfach nur Recht, wenn er den Amerikanern »Alzheimer als Zusatzqualifikation« unterjubelt oder Deutschland vom Reformland zum Reformhaus runterfrisiert: »Erst ist alles viel teurer und dann schmeckts auch noch zum Kotzen.«

Trotzdem: Die Werbepausen fehlten ihm manchmal. Da kam denn auch Asül nicht aus, einen kurzen philosophischen Ausflug zum Phänomen »Abo-Publikum« zu wagen. Unsichere Anbandlungen mit dem Publikum zu Beginn der zweiten Hälfte offenbarten leider: Die Charmefassade bröckelt, kommt das Publikum dem etwas unterkühlten Comedy-Profi ein paar Schritte zu nahe.

Doch Asül wäre nicht der gefeierte Kabarett-Star, wüsste er sich nicht aus diesen kargen Momenten herauszuzaubern. Da zog er das Tempo wieder an und brauste durch die Historie. Erster Weltkrieg, zweiter Weltkrieg, Untergang und Wende. Und dann ein weiter Sprung zum Westfälischen Frieden und dem 30-Jährigen Krieg, gewagte Landung zurück bei der Bundeswehr. In solchen Momenten glänzte Asül vor allem mit bärenstark auf den Punkt gebrachtem Wissen, messerscharfen Schlussfolgerungen und zielsicheren Pointen. So balancierte sich Asül zwei Stunden lang durch den Garchinger Kulturdonnerstag. Für jeden was dabei aber nie gefällig.

Da wurde der pfeilschnelle Querdenker zum in sich ruhenden Philosophen – selbst Feunde flapsiger Gags wurden bedient ohne dass Asül jemals gefällig wirken musste. Gerald Feind

Artikel vom 08.02.2005
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