Ein geschichtsträchtiger Stadtteil

Lerchenau wird 100: ein kleiner Rückblick zur Kriegszeit

Die Lerchenau hat heute einen See, doch bei ihrer Gründung war vieles anders. Foto: Daniel Mielcarek

Die Lerchenau hat heute einen See, doch bei ihrer Gründung war vieles anders. Foto: Daniel Mielcarek

Lerchenau · Kurt Eisner, der erste Ministerpräsident von Bayern, war im Februar 1919 ermordet worden. Der Orts-Chronist von Feldmoching schrieb: „In Feldmoching fand an diesem Tage die Kriegerheimkehrfeier statt. Autos mit schwer bewaffneten Soldaten durchfuhren nachmittags unseren Ort.

Das große politische Ereignis bildete jedoch für Feldmoching keinen Grund, das festgesetzte Programm zu ändern und etwa auf den Tanz am Abend zu verzichten.“ Nach dem Tode Eisners war die Regierung Hoffmann gebildet worden. Am 7. April hatten in München die Bolschewisten die Herrschaft an sich gerissen und proklamierten die Räterepublik. Die schon bestehende bayerische Landesregierung Hoffmann dankte nicht ab, sondern verlegte ihren Sitz nach Bamberg und arbeitete dort weiter.

Die Herrschaft der ersten Männer der Räterepublik dauerte nur bis zum 13. April. Nachdem ein Putsch der Regierungstruppen missglückt war, ergriffen die jüdischen Kommunistenführer Levien und Levine und Axelrod die Macht. Es folgten schreckliche Tage. Eglhofer, ein Zuchthäusler, wurde Stadtkommandant, Dosch, Mairgünther, Köberl, waren nacheinander Polizeipräsidenten.

Am 14. April erließ der Stadkommandant Eglhofer einen Aufruf, dass sämtliche Bürger binnen 12 Stunden jede Art von Waffen abzuliefern hätten. Wer innerhalb dieser Zeit die Waffen nicht abgegeben hat, werde erschossen. Die Arbeiterschaft war bewaffnet worden, die Bürgerschaft entwaffnet. Die Regierung Hoffmann in Bamberg rief zur Befreiung Münchens Regierungstruppen zur Hilfe und erließ in Bayern einen Aufruf zur Bildung von Freiwilligenkorps.

Feldmoching, im ,,Kriegsgebiet“ liegend, war von der Außenwelt abgeschnitten und erfuhr von den Vorbereitungen zur Befreiung nur durch Leute von auswärts und wenn man eine auswärtige Zeitung in die Hände bekam. ln Feldmoching hatten die Einwohner ihre Waffen bei der Gemeinde abzuliefern. Die Arbeiter aber eilten, den Karabiner über dem Rücken, die rote Binde am Arm, zur Arbeit. Sie waren bereit (vielmehr ,,mussten“ bereit sein), München und damit die kommunistische Räterepublik zu verteidigen.

Anfang Mai hatten die „Weißen Truppen“ München umstellt und lagen u.a. in Oberschleißheim. Die Reichswehr- und Freikorps-Truppen versetzten der Räterepublik den Todesstoß. In den folgenden Wochen wurden über 2200 Unterstützer der Räterepublik von Standgerichten zum Tode oder zu Haftstrafen verurteilt.

In der Feldmochinger Chronik ist zu lesen:
„1. Mai: Am Vormittag fuhr der Panzerzug vor, die Mannschaft reparierte das aufgerissene Geleise. Mittags fuhr der Panzerzug in den Bahnhof Feldmoching ein. Gleichzeitig kam die erste Patrouille durchs Dorf. Endlich waren die Weißen da! Alles atmete freudig auf! Gegen 2 Uhr Vormarsch der Weißen gegen München von allen Seiten. Abends kam noch Infanterie durch unser Dorf. Artillerie wurde hier eine Nacht einquartiert. Abends hörte man aus München starkes Artillerie, Minen- und Gewehrfeuer.
2. Mai: Den ganzen Tag über Artillerie-, Minen- und Gewehrfeuer aus der Stadt zu hören. Mehrere Brände werden in München beobachtet. 3. und 4. Mai trat Ruhe ein in München.“

Artikel vom 27.05.2019
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