Zehn Jahre Trauercafé: Interview mit Leiter Dekan i.R. Volker Herbert

Altstadt · Lachen und auch stille Tränen

Volker Herbert leitet seit drei Jahren das "Trauercafé". Foto: ebw

Volker Herbert leitet seit drei Jahren das "Trauercafé". Foto: ebw

München/Altstadt · Am Montag, 3. Dezember, feiert das Evangelische Bildungswerk München zehn Jahre „Café für die Seele“. Die Jubiläumsfeier findet an diesem Tag von 15 bis 17 Uhr im Evangelischen Bildungswerk München, Herzog-Wilhelm-Straße 24, statt. Das kostenlose Angebot ohne Anmeldung ist dort jeden ersten Montag im Monat, jeweils 15 bis 17 Uhr.

Geleitet wird es von zwei Theologen. Einer der Theologen ist Dekan i.R. Volker Herbert.

Zehn Jahre „Café für die Seele“: Jubiläumsfeier am 3. Dezember
Artikel vom 28.11.2018: Weiter-Leben mit der Trauer

Wir haben mit Volker Herbert über das Trauercafé gesprochen.

Münchner Zentrum: Herr Dekan Herbert, warum besuchen Menschen das Trauercafé?

Volker Herbert: Verschiedene Wege führen die 50 bis 60 Gäste ins Café für die Seele, wie das Trauercafe im Evangelischen Forum in der Herzog-Wilhelm-Straße 24 auch heißt: Eine persönliche Empfehlung, ein Hinweis aus der Zeitung, gesunde Neugier, der Wunsch die eigene Trauer zu zeigen oder zu erfahren, wie andere Menschen mit einem schweren Verlust oder gar mehreren davon umgehen, weiterleben.

Wie läuft das Trauercafé ab?

Volker Herbert: Etwa eine dreiviertel Stunde lernen sich die Gäste an den Tischen kennen und kommen ins Gespräch. Einige Gäste kennen sich und freuen sich aufs Wiedersehen, man setzt sich zusammen und hat sofort Gesprächsstoff: Alltägliches, Persönliches… an manchem Tisch wird gelacht, manch neuer Gast wundert sich: Soll das Trauer sein? Aber hie und da fließen auch mal stumme Tränen.

Es geht also eher fröhlich statt betrübt zu?

Volker Herbert: Ja, so kann Trauer sein. Das Alltägliche bekommt seinen Platz, seine Vertrautheit und seinen Charme wieder. Anders als vorher, und doch. Auf diesem Weg ins veränderte Leben ist das Trauercafe und sein Team der zehn ehrenamtlichen Gesprächsbegleiterinnen und Begleiter gerne Gastgeber. Weil wir selbst erfahren haben oder erleben, wie vielfältig, schmerzlich, lähmend, langwierig und zugleich kraftvoll und heilend Trauer sein kann.

Das Café für die Seele ist offen für die stille Trauer, die sich noch nicht oder nicht mehr zeigen kann, weil sie kein Gehör und Verständnis mehr findet. Aber ebenso für die Trauer, die sich zeigen und mitteilen will.

Mit welchen Schicksalen kommen die Menschen ins Trauercafé?

Volker Herbert: Da ist der Witwer, der seine Frau nach 50 Jahren Ehe schon vor Jahren verloren hat, die Tochter, deren Mutter gerade verstarb. Auch manch tragische Geschichte ist dabei: Verluste wichtiger Menschen durch Suizid, Unfälle oder von einer Sekunde zur anderen. Kinder, in jungen Jahren oder mitten im Leben gestorben. Oder gar mehrere Verluste in kurzer Zeit, die jemand erlitten hat und nun damit lebt.

Wie kann das Trauercafé da helfen?

Volker Herbert: Das Trauercafé bietet durch unsere Gesprächsbegleitung einen geschützten Raum und befasst sich in der zweiten Hälfte jeden Treffens mit einem Thema, das in unterschiedlicher Weise die Interessen und Fragen unserer Gäste aufnimmt und mit ihnen ins Gespräch bringt. In den Begegnungen mit unseren Gästen im Café für die Seele hören, sehen, spüren, erfahren und lernen wir, was Menschen in die Trauer bringt und wie sie damit leben. Das interessiert uns, wir geben unseren Gästen Raum sich zu öffnen und soweit möglich und gewünscht Zuwendung und Verstehen. Also keine „Trauertipps“, aber ein Angebot zur Ermutigung für den Trauerweg, wie lange der für jede und jeden auch immer sein muss. Auf Wunsch vermitteln wir auch eine intensivere persönliche Trauerbegleitung.

Das Angebot ist kostenlos?

Volker Herbert: Ja, das Trauercafé lebt auch vom Engagement seiner ehrenamtlichen Begleiter, finanziert wird es von Spenden.

Zum Jubiläum gibt es auch eine neue Kollegin an Ihrer Seite...

Volker Herbert: Seit drei Jahren wird das Trauercafe von zwei Theologen geleitet. Die Idee des Tandems – oder mir lieber: des Duos - in der Leitung hat sich bewährt. Und auch ein gemischtes Doppel Frau/Mann hat seinen bzw ihren Charme. Nun ist mein Kollege in anderen Aufgaben tätig, aber es gibt zu meiner Freude meine charmante und sehr kompetente Kollegin, Pfarrerin Dr. Iris Geyer, die ihr Herz für das Trauercafe entdeckt hat und mit mir künftig die Leitung übernimmt. Da freu ich mich drauf!

Michaela Leis

Einmal im Monat
Das „Café für die Seele“ findet jeden ersten Montag im Monat statt, jeweils 15 bis 17 Uhr, im ebw, Herzog-Wilhelm-Straße 24, EG oder 3. Stock (wird angezeigt). Das Angebot ist kostenlos und benötigt keine Anmeldung.

Artikel vom 29.11.2018
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