Beispiele gelungener Integration – Teil 2

Ottobrunn · Vor dem IS geflüchtet

Die kurdische Familie aus Syrien – Vater Mohammad, Mutter Rawan und ihre Söhne Ahmed (l.) und Reschad – hat in Ottobrunn eine zweite Heimat gefunden.	Foto: privat

Die kurdische Familie aus Syrien – Vater Mohammad, Mutter Rawan und ihre Söhne Ahmed (l.) und Reschad – hat in Ottobrunn eine zweite Heimat gefunden. Foto: privat

Ottobrunn · Mohammad A. und seine Frau Rawan S. stammen aus einem von Kurden bewohnten Stadtteil der syrischen Stadt Aleppo. Das Paar lebte jedoch zuletzt mit seinen beiden Söhnen in der Stadt Rakka, die zu einer Hochburg des »Islamischen Staates« (IS) in Nordsyrien wurde.

Bevor der IS kam, arbeitete Vater Mohammad als Elektriker bei der Stadtverwaltung, Mutter Rawan in einem Kindergarten. Sie waren eine gut situierte kurdische Familie mit kleinem Immobilienbesitz. Nachdem der IS die Stadt 2013 eingenommen und die Stadtverwaltung zerstört hatte, konnte Mohammad die Familie zunächst mit einem kleinen Laden für Elektrozubehör durchbringen, aber die Zwänge des sozialen Lebens unter islamistischer Herrschaft waren schwer zu ertragen.

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> Asylbewerber in München und im Landkreis

Rawan musste eine schwarze Burka tragen. Ihre Sicht wurde nicht nur durch das Augengitter, sondern auch durch zwei weitere Schichten von Tüchern behindert. Auch konnte sie das Haus kaum verlassen; ihr Mann musste einkaufen. Die Kinder durften nicht zur Schule gehen. Nach einem ersten Fluchtversuch wurden sie als Kurden nicht mehr in Rakka geduldet und flohen endgültig; zunächst zu Verwandten nach Erbil im Nordirak. Später setzten sie die Flucht fort: Erste Station war die Türkei. Es folgte eine riskante Fahrt im überfüllten Schlauchboot auf die Insel Chios, von dort weiter auf das griechische Festland und über Mazedonien und Serbien bis nach Ungarn und dann nach Deutschland.

Hilfe bei Weihnachtsfeier
Nach der Asylantragstellung in München wurde die Familie in einer großen Aufnahmeeinrichtung in Fürstenfeldbruck untergebracht. Vier Monate lebten sie unter beengten Verhältnissen, die Kinder konnten nicht zur Schule gehen, und Rawan hatte einen längeren Krankenhausaufenthalt. Schließlich nahmen sie, trotz ihres anderen Glaubens, eine Einladung zum Weihnachtsgottesdienst in die katholische Kirche an.

Dort lernten sie bei einer kleinen Feier einen engagierten Caritas-Mitarbeiter kennen und bekammen kurz darauf die Genehmigung für einen Transfer nach Höhenkirchen. Dort erhielten sie nach einiger Zeit die Anerkennung als Flüchtlinge.

Söhne sind gute Schüler
Kurze Zeit später gelang es einer Ehrenamtlichen des Helferkreises Asyl Ottobrunn/Hohenbrunn, eine Vier-Zimmer-Wohnung für die Familie in Ottobrunn zu finden. Der 17-jährige Sohn Ahmed besucht nun die Mittelschule in Haar. Er möchte nächstes Jahr den »Quali« machen und später Informatik oder Maschinenbau studieren. Der 12-jährige Reschad ist mindestens so ehrgeizig wie sein Bruder. Er hat die 5. Klasse der Mittelschule in Riemerling abgeschlossen und möchte so viel wie möglich lernen, um bald auf eine Realschule wechseln zu können. Zur Unterstützung bekommt er zusätzlichen Deutschunterricht von einem Mitglied des Helferkreises. Vater Mohammad hat eine Stelle in einer Werkzeugmaschinenfabrik in Sauerlach gefunden, wo er als Elektriker einen eigenen Bereich verantwortet.

Er bedauert lediglich, dass er zu wenig Gelegenheit hat, deutsch zu sprechen. Der 49-Jährige besucht jedoch dreimal in der Woche abends einen Deutschkurs; genau wie seine Frau.

Mutter kocht »Mammalade«
Mutter Rawan macht im Rahmen einer Maßnahme zur beruflichen Eingliederung ein sechsmonatiges Praktikum im Bonus-Markt, einem sozialen Supermarkt in Ottobrunn. Sie erledigt dort alle anfallenden Arbeiten und wird auch als Kassiererin eingesetzt. Ihr Chef ist mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. In ihrer Freizeit hilft sie bei den Aktivitäten des Helferkreises Asyl wie im Café International. Sie gehört darüber hinaus zum Team der Köchinnen von Helene Nestlers Projekt »Mammalade für Karla« zugunsten der obdachlosen Frauen von »Karla 21«. Inge Meyers

Artikel vom 04.09.2018
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