Ein Kommentar von Alfons Seeler

Warum Hasan Ismaik recht hat

Der neue alte Verwaltungsrat des TSV München von 1860 e.V.. Foto: Anne Wild

Der neue alte Verwaltungsrat des TSV München von 1860 e.V.. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Wer manche Artikel in Zeitungen studiert, könnte glauben, auf der Mitgliederversammlung des TSV München von 1860 e.V. am vergangenen Sonntag sei Unerhörtes geschehen. Das investorfreundliche Oppositionsbündnis »Team Profifußball« hatte nach langem intensivem Wahlkampf eine Blockwahl für den Verwaltungsrat erzwungen und war aus dieser als Verlierer hervorgegangen. Im Löwenkosmos wird nun gerätselt, was das nach dem Ende des Schlachtgetöses bedeutet.

Lässt man die Aufgeregtheit, Empörungsrhetorik und Polarisierung in der Öffentlichkeit einmal beiseite, ergibt sich ein ziemlich unspektakuläres Bild. Das Gremium des gemeinnützigen Vereins setzt sich nach der Wahl zusammen aus einem Skifahrer, zwei Boxern, vier Fußballern und einer Fußballerin. Die Mitglieder haben mehrheitlich konservativ gewählt und die zur Wiederwahl angetretenen sechs Kandidatinnen und Kandidaten in ihrem Amt bestätigt. Offenbar war man zufrieden mit ihrer Arbeit. Neu ins Gremium kamen ein schwäbischer Bauunternehmer, ein Finanzsachverständiger und ein Architekt. Letzterer wohl vor allem deshalb, um das beabsichtigte Bauvorhaben einer vereinseigenen Sporthalle ehrenamtlich beratend zu begleiten.

Laut Vereinssatzung kümmert sich der Verwaltungsrat um die Belange der Amateurabteilungen, wirkt bei der Erstellung des Haushaltsplans mit und überwacht das Präsidium in seiner Geschäftsführung. Ebenso bestellt das Gremium zur Prüfung des Jahresabschlusses des Vereins einen Wirtschaftsprüfer, stellt den Jahresabschluss fest und berichtet den Mitgliedern in der jährlichen Versammlung darüber. Nur mit einer Sache kommen die Gewählten während ihrer dreijährigen Amtszeit in den seltensten Fällen unmittelbar in Berührung: mit Profifußball.

Bei aller Aufgeregtheit blieb einer ganz ruhig, weil er offenbar die Tragweite der Wahl realistisch einschätzt: Hasan Ismaik. Entsprechend pragmatisch und nüchtern fiel seine öffentliche Reaktion aus. Er ließ seine Agentur via Facebook höflich Glückwünsche aussprechen und warb für eine positive Zusammenarbeit in den kommenden Jahren. Der als emotional geltende Jordanier mag mit seinen Einschätzungen bei den Löwen schon das eine oder andere Mal kräftig daneben gelegen haben, diesmal trifft er ins Schwarze.

Denn ob nun Person A, B oder C im Verwaltungsrat des e.V. sitzen, hat auf die Geschäfte in der KGaA keinen Einfluss. Die Musik im Profifußball spielt im Aufsichtsrat der KGaA und im Beirat der Geschäftsführungs-GmbH. Dort werden Budgets verabschiedet, dort werden strategische Entscheidungen beraten, dort finden Personalentscheidungen statt. Dort arbeitet auch weiterhin der Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt Karl-Christian Bay als Sonderbeauftragter des Präsidiums für den Verein.

In indirekter Weise hat der Verwaltungsrat Einfluss auf die Politik der Profifußballgesellschaft. Es obliegt ihm, die Eignung von Kandidaten für das Präsidium zu prüfen und geeignete Personen den Mitgliedern zur Wahl vorzuschlagen. Das kann, je nach Persönlichkeit, eine politische Richtungsentscheidung sein, denn das Präsidium vertritt den Verein auch gegenüber dem Mitgesellschafter. Das ist 2019 wieder der Fall. Dann endet turnusmäßig die Amtszeit des Präsidiums Reisinger/Schmidt/Sitzberger.

Alfons Seeler

Artikel vom 25.07.2018
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...