Verhandlung um Aufstockung des Saisonbudgets

Gesellschaftervorschläge sorgen für Überraschung

 Weitreichende Versprechen: Athanasios Stimoniaris. Foto: Anne Wild

Weitreichende Versprechen: Athanasios Stimoniaris. Foto: Anne Wild

München/Giesing · »Das Paket ist komplett«, ließ Investoren-Sprecher Athanasios Stimoniaris in einer Pressemitteilung die am TSV 1860 München interessierte Öffentlichkeit wissen, noch ehe die Vorschläge – Stimoniaris nennt sie »ein Bündel an Maßnahmen«, die den frischgebackenen Drittliga-Aufsteiger »sportlich und wirtschaftlich erfolgreich machen« sollen – dem Adressaten zugestellt waren. Die Auflistung der geplanten Wohltaten sorgt nicht nur beim Verein für Ernüchterung. Das Präsidium überrascht daraufhin mit einem ebenso öffentlich vorgetragenen Gegenvorschlag.

Hasan Ismaik bietet an, ein bestehendes Darlehen des Hauptsponsors »Die Bayerische« in Höhe von zwei Millionen Euro abzulösen und die Summe im Anschluss zinslos oder zu einem niedrigen Satz »für den sportlichen Bereich« zur Verfügung zu stellen. Stimoniaris wird in seiner Mitteilung mit den Worten »damit können alle Trainer-Verträge sofort verlängert werden« und »damit sind die notwendigen Investitionen in den Spielerkader und für den weiteren Betrieb der U21-Mannschaft gesichert« zitiert. Eine verblüffende Annahme. Denn besagtes Darlehen des Hauptsponsors steht keineswegs für Investitionen in Spielerbeine zur Verfügung, sondern dient der KGaA im Rahmen der Fortführungsprognose als dringend benötigte Liquiditätsreserve. Würde sie aufgelöst, bräuchte der Klub kurzfristig neue Mittel in gleicher Höhe.

Dass das Präsidium des TSV 1860 als Gesellschafter weder bereit sein würde, seinen Hauptsponsor »Die Bayerische« zu brüskieren, nachdem diese im vergangenen Sommer – im Gegensatz zu Ismaik – dem Klub nach dem Fall in die Regionalliga unter die Arme gegriffen hat, noch das Unternehmen Profifußball erneut von den Launen seines Investors abhängig machen will, ist wenig überraschend. Man sehe »keinen Anlass, dieses bislang zur Sicherstellung der Liquidität bereitgestellte und noch nicht abgerufene Darlehen durch ein weiteres Darlehen unseres Mitgesellschafters zu ersetzen, das einer Zweckbindung unterliegen soll«, teilen Robert Reisinger und seine Vizes Heinz Schmidt und Hans Sitzberger erwartungsgemäß mit.

Bereits Mitte Dezember vergangenen Jahres hatte Reisinger mit Blick auf Ismaik erklärt: »Die Aufnahme neuer Darlehen würde die Unwucht der Gesellschaft nur weiter vergrößern. Das ist nicht sinnvoll. Im Bereich des Sponsorings sehe ich hingegen Entwicklungsmöglichkeiten.« Von einem Sponsoring des TSV 1860 München ist im angebotenen »Paket« aus Abu Dhabi jedoch keine Rede. Stattdessen heißt es in der Mitteilung des Investors, man gehe davon aus, »dass durch Weiterverkäufe von Ex-Spielern durch andere Vereine, an denen der TSV 1860 noch Transferrechte besitzt, zusätzliche Mittel generiert werden können.« Gemeint sein dürften die Giesinger Eigengewächse Julian Weigl von Borussia Dortmund und Felix Uduokhai vom VfL Wolfsburg, die beide das Interesse potenter Großklubs geweckt haben sollen. Eine vage Hoffnung. Stimoniaris ergänzt: »Sollten diese Erlöse nicht eintreten, wird Hasan Ismaik umgehend weitere Mittel für die Finanzierung des sportlichen Bereiches zur Verfügung stellen.« Ein Angebot, das auf Grund des hohen zeitlichen Drucks bei potentiellen Neuverpflichtungen eigentlich nur umgekehrt Sinn machen würde – ein sofortiges Sponsoring mit Rückzahlungsvereinbarung im Falle von nachträglichen Transfererlösen. Die Reihenfolge der Offerte des Investors wirkt reichlich praxisfern.

Rätselhaft bleibt, weshalb Ismaiks Statthalter Athanasios Stimoniaris sich nach dem Gewinn der Regionalliga-Meisterschaft zum vollmundigen schriftlichen Versprechen, man werde ein »zusätzliches Budget« aufstellen, mit dem »die Wünsche von Bierofka und Gorenzel zu 100 Prozent erfüllt würden«, hinreißen hat lassen? Mit dieser Ankündigung wurden nicht nur bei Trainer Daniel Bierofka und dem sportlichen Leiter des TSV 1860 Günther Gorenzel, sondern auch bei Anhängern und Medien Erwartungen geweckt, die das jetzt Wochen später enthüllte »Paket« nicht erfüllen kann.

»Entgegen dem Eindruck der Pressemitteilung unseres Mitgesellschafters stehen nach derzeitigem Stand keine weiteren für die Stärkung der Mannschaft in der 3. Liga einsetzbaren Mittel zur Verfügung«, schreibt das Präsidium in seiner Antwort und bringt stattdessen einen überraschenden Alternativvorschlag zur Finanzierung der erweiterten Transferwunschliste von Gorenzel und Bierofka ein. »Um aber das gemeinsame Ziel sportlichen Erfolgs (...) zu erreichen (...), werden wir die Geschäftsführung anweisen, ein bislang nicht abgerufenes, aber noch verfügbares Darlehen unseres Mitgesellschafters in Höhe von 3,856 Millionen Euro anzufordern und diese Mittel entsprechend zielgerichtet einzusetzen.« Dabei handelt es sich um ein bereits vertraglich fixiertes Darlehen vom 31. Juli 2016 für Transfers und Gehälter, dessen Auszahlung durch Ismaik an die KGaA aber offenbar nie erfolgt ist. Der vom Verein eingesetzte Sanierungsspezialist Markus Fauser war als Interimsgeschäftsführer auf diesen Umstand gestoßen.

(as)

Artikel vom 06.06.2018
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