Münchner Forscher: Ur-Archaeopteryx ist gar keiner

LMU-Paläontologen decken eine Fehldeutung auf: Vermeintlicher Archaeopteryx ist ein Raubsauerier

Das Foto zeigt die beiden Platten des Haarlemer Exemplars, das bislang als erster fossiler Fund des Urvogels Archaeopteryx galt. Foto: O. Rauhut, SNSB

Das Foto zeigt die beiden Platten des Haarlemer Exemplars, das bislang als erster fossiler Fund des Urvogels Archaeopteryx galt. Foto: O. Rauhut, SNSB

München · Selbst 150 Millionen Jahre nach seiner Existenz auf der Welt sorgt Archaeopteryx noch für Überraschungen. Der Urvogel hat über die Paläontologie hinaus Promi-Status: Er zählt heute zu den berühmtesten Fossilien, zwölf Exemplare wurden bislang von ihm gefunden.

Archaeopteryx ist nicht nur der älteste Vogel, sondern belegt als Übergangsform zwischen Reptilien und Vögeln, dass die heutigen Vögel direkte Nachfahren von Raubdinosauriern sind. Die Münchner Paläontologen Oliver Rauhut und Christian Foth haben nun das sogenannte Haarlemer Exemplar des Archaeopteryx erneut untersucht, das bislang als erster fossiler Fund des Urvogels überhaupt gilt. Wie sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift BMC Evolutionary Biology darstellen, zeigt dieses Exemplar jedoch einige Unterschiede zu Archaeopteryx auf. »Es ist keiner der berühmten Urvögel«, fasst Rauhut, Paläontologe am Department für Geo- und Umweltwissenschaften der LMU sowie an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie in München, das Ergebnis der taxonomischen Untersuchung zusammen. Stattdessen gehöre das Fossil zu einer Gruppe vogelähnlicher Raubsaurier, den Anchiornithiden, die vor wenigen Jahren erstmals in China identifiziert wurden. Diese eher kleinen vogelähnlichen Saurier aus China hatten Federn an Armen und Beinen und sind noch älter als Archaeopteryx. »Das Fossil ist der erste Nachweis dieser Gruppe außerhalb Chinas und in Europa. Und es ist neben Archaeopteryx erst der zweite vogelähnliche Raubsaurier aus der Jurazeit, der außerhalb Ostasiens gefunden wurde. Damit stellt es eine noch größere Rarität dar als die Exemplare des Archaeopteryx«, sagt Rauhut.

Gefunden wurde das Fossil in Jachenhausen und damit im sogenannten Solnhofener Archipel im Altmühltal, ebenso wie alle bisherigen Exemplare des Archaeopteryx. Der Raubsaurier, der bislang fälschlicherweise als Archaeopeteryx galt, würde damit zu den ersten Ankömmlingen seiner Gruppe in Europa gehören. Als neuen Gattungsnamen für das Fossil, das bislang Haarlem im Namen trägt, weil es in der gleichnamigen niederländischen Stadt im Museum aufbewahrt wird, schlagen Oliver Rauhut und Christian Foth »Ostromia« vor – nach dem amerikanischen Paläontologen John Ostrom, der das Haarlemer Exemplar bereits in den 1970er-Jahren erstmals korrekt als Raubsaurier erkannt hatte.

Artikel vom 09.12.2017
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