Retten, was zu retten ist

Giesing · Überreste des Uhrmacherhäusls gesichert / Wiederaufbau möglich?

Jeden Freitag treffen sich die Anwohner am ehemaligen Uhrmacherhäusl in Obergiesing zur Mahnwache. Die Stadt will das Gebäude möglichst wieder aufbauen.	Foto: js

Jeden Freitag treffen sich die Anwohner am ehemaligen Uhrmacherhäusl in Obergiesing zur Mahnwache. Die Stadt will das Gebäude möglichst wieder aufbauen. Foto: js

Giesing · Erneut sind am Uhrmacherhäusl in der Oberen Grasstraße 1 in der vergangenen Woche die Bagger angerollt, um Überreste des abgerissenen Gebäudes in Sicherheit zu bringen. Im September wurde der denkmalgeschützte Bau dem Erdboden gleich gemacht – ein Vorgehen, das eine Welle der Empörung auslöste.

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Die Stadt München hat nun ein gerichtliches Verfahren eingeleitet, mit dem Ziel, den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und ihn auf eigene Kosten zum Wiederaufbau des Hauses zu verpflichten.

Die Feldmüllersiedlung in Obergiesing, gelegen zwischen der Tegernseer Landstraße, der Gietlstraße, dem Pfarrhof an der Ichostraße und der Heilig-Kreuz-Kirche, gehört wohl zu den urigsten Gegenden Münchens. Das gesamte Gebiet mit seinen von 1830 bis 1860 erbauten Häusern gilt als deutschlandweit einmalig und steht unter Ensembleschutz. Entsprechend groß war die Aufregung, als vor rund zwei Monaten eines der denkmalgeschützten Gebäude – das in den 1840er Jahren errichtete sogenannte »Uhrmacherhäusl« – ohne Genehmigung abgerissen worden ist. Besonders dreist: Noch am Vortag hatte die Stadt eine Baueinstellung erlassen – die einfach ignoriert wurde. Seither treffen sich engagierte Anwohner jeden Freitag um 18 Uhr vor den Überresten des Hauses.

Der Ort gleicht inzwischen fast einer Pilgerstätte, der Bereich vor dem Grundstück ist weihnachtlich dekoriert. »Die Leute tauschen sich hier regelmäßig aus. Jeder berichtet, was er weiß«, erklärt Carmen Dullinger-Oswald (Grüne), Vorsitzende des Bezirksausschusses Obergiesing-Fasangarten (BA 17). Wichtig sei den Bürgern und dem Stadtteilparlament vor allem, dass an dieser Stelle kein höheres Gebäude als das ehemalige Uhrmacherhäusl entstehe, betont Dullinger-Oswald.

Maßnahmen gegen die Einsturzgefahr

Die Stadt versucht indes, zu retten, was noch zu retten ist. Im November wurde in mehreren Schritten der Bauschutt abtransportiert. Das Material sei jedoch eingelagert und auf wiederverwertbare Bestandteile untersucht worden, erklärt Ingo Trömer, Sprecher des städtischen Planungsreferats. Architekten überprüfen außerdem derzeit die Statik, um die noch bestehenden Seitenwände und den Keller des Hauses zu erhalten. Die Maßnahme sei erforderlich, um Einsturzgefahr zu vermeiden, sagt Trömer.

Das Ziel sei, das abgerissene Uhrmacherhäusl in seiner ursprünglichen Form wieder aufzubauen. Ob dabei der Eigentümer in vollem Ausmaß zur Verantwortung gezogen werden könne sei jedoch noch nicht abschließend geklärt. »So weit sind wir noch nicht«, meint Trömer. Zunächst müsse nämlich der Verstoß gegen den Denkmalschutz offiziell – heißt: in einem gerichtlichen Verfahren – festgestellt werden. Erst dann könne die Stadt dem Eigentümer per Verfügung auferlegen, das Uhrmacherhäusl wieder herzustellen.

Der Verursacher muss die gesamten Kosten tragen

Gefordert werde ein »ensemblegerechter Ersatzbau in der ursprünglichen Kubatur des abgebrochenen Gebäudes«, heißt es in einer Meldung des Presse- und Informationsamts der Landeshauptstadt. Der Verursacher des Abbruchs habe die gesamten Kosten zu tragen, sagt Ingo Trömer. Dies gelte auch für die bereits von der Stadt veranlassten Maßnahmen. Zusätzlich erwartet den Verantwortlichen laut dem städtischen Presse- und Informationsamt ein Bußgeld. Wann das Gerichtsverfahren hierzu abgeschlossen sein wird, ist allerdings noch offen. Julia Stark

Artikel vom 05.12.2017
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