Ur-Münchner denkt im Münchner SamstagsBlatt laut nach

München · So seh ich das! Albrecht Ackerland über Dabeisein

München · Ich fragte mich immer wieder bei mir im Haus: Warum will sich die nicht einbinden, wo wir's doch so schön haben. Es gibt Wochenenden, da stecken an den Wohnungen der oberen Stockwerke die Schlüssel – von außen. Einer macht am Freitag am Abend ein Essen und lädt ein paar Nachbarn ein. Daraus entwickelt sich ein Beieinandersein, das sich bis zum Tatort am Sonntagabend zieht.

Der Luki, ein dreijähriger Nachbarsbub aus dem Zweiten ist gar nicht mehr wegzubekommen von dem lustigen Künstlerpaar aus dem Dritten, er ist schon halb eingezogen an solchen Wochenenden. Die Eltern freilich freut's, sie ziehen dann den Schlüssel auch mal ab. Unser angenehm unveredelter Altbau ist durchintegriert. Dem Vermieter ist das wahrscheinlich unheimlich, so eine Mietergemeinschaft, die schließlich nur noch ein Kommando zum samstäglichen Bauernmarkt schickt, das dann für alle einkauft, weil sowieso alle gemeinsam an den Mahlzeiten beteiligt sind – so eine Gemeinschaft kann schnell als Kommando gegen einen wahrgenommen werden. Aber er braucht sich keine Sorgen machen: Wenn er ein Schreiben schickt, dass der Brandschutz es einfach nicht erlaubt, dass wir uns kleine Stüberln im Zwischengeschoß einrichten, dann räumen wir das eben wieder.

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Diese seltsame Frau im Hochparterre, was ist mit der? Wieso kommt die nicht, hab ich mich schon längst gefragt. Bis es mir gekommen ist: Die hat einfach keiner eingeladen. Bei vielen im Haus ist das klar: Die sind ehrlich und offen – und verbringen ihr Wochenende lieber mit Schlüssel nach innen. Und alle sind zufrieden. Nur bei dieser Frau Meschgler, deren Name dem kleinen Luki den Spracherwerb erschwert, die nimmt sich einfach raus, die ist nicht integriert, weil sie keiner gefragt hat, weil sie Zeit ihres Lebens aus irgendwelchen traurigen Gründen eingeschüchtert ist, ja, der es gar nicht in den Sinn käme, dass Menschen so etwas tun, wie zusammen weiterkommen.

Das hat sich schnell geändert. Ich habe sie zum Kaffee eingeladen, ihr gesagt, sie kann auch künftig ihren Schlüssel von innen stecken lassen, und dass ich hoffe, wir sind da oben nicht zu laut. Seitdem wirkt sie wie ein anderer Mensch.

Artikel vom 25.11.2010
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