Waffen in München: Theorie und Praxis

München · Im Visier des KVR

„Verantwortungsgefühl und Gemeinschaftsdenken“ werde beim Sportschießen gefördert, erklärt Hans-Peter Dahmann vom ESV München-Ost und betont die „wertvolle Jugendarbeit“ der Schützenvereine. Foto: Verein

„Verantwortungsgefühl und Gemeinschaftsdenken“ werde beim Sportschießen gefördert, erklärt Hans-Peter Dahmann vom ESV München-Ost und betont die „wertvolle Jugendarbeit“ der Schützenvereine. Foto: Verein

München · Kaum ein anderes Thema spaltet die Öffentlichkeit so wie das des privaten Waffenbesitzes. Nicht zuletzt nach dem Amoklauf einer 41-Jährigen in Lörrach am 19. September mit vier Toten. Soll privater Waffenbesitz gesetzlich unterbunden werden?

Reichen die nach dem Amoklauf in Winnenden verschärften Gesetze aus, etwa in Sachen sicherer Verwahrung, um solche schrecklichen Taten zu verhindern? Als „eines der strengsten Waffengesetze der Welt“, bezeichnet Dr. Rainer Hutka, Sprecher des bayerischen Innenministerium das deutsche: Es gebe eine strenge „Zuverlässigkeitsprüfung“ durch ein einwandfreies Führungszeugnis und eine „Bedürfnisprüfung“. Bei der müsse der Antragsteller, ob Sportschütze, Jäger oder Personenschützer, nachweisen, wofür er die jeweilige Waffe braucht. Nach drei Jahren gebe es nochmal eine Überprüfung, Stichproben und Kontrollen seien jederzeit möglich, auch ohne Verdacht. Soweit die Theorie. Und die Praxis? „Wie die Vorgaben des Waffengesetzes umgesetzt werden, ist Sache der Behörden“. Und die verlaufen je nach Budget nicht überall gleich. „In vielen Gemeinden fehlt einfach das Personal dafür“, sagt Daniela Schlegel, Sprecherin des Kreisverwaltungsreferats (KVR).

In München sind demnächst zwei Außendienstmitarbeiter vom zuständigen KVR fünf Tage die Woche unterwegs, um den 13.000 Münchner Waffenbesitzern (darunter 3.000 Jäger und 2.000 Sportschützen) unangekündigt einen Kontrollbesuch abzustatten – statt seit Juli einen Tag in der Woche. Zwei Planstellen habe die Stadt dafür extra geschaffen. Bereits im April 2009 habe das KVR alle Waffenbesitzer angeschrieben und Nachweise zur sicheren Verwahrung ihrer Schusswaffen gefordert, etwa Kauf-/Lieferbelege von zertifizierten Waffenschränken, Fotos vom Ort der Aufbewahrung mit Typenschild des Waffenschranks oder Gutachten bei nicht zertifizierten Waffenschränken. „Die Verweigerung der Kontrolle ohne Angabe trifftiger Gründe“, so Schlegel, „kann zum Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnisse führen.“ Im Visier der Kontrolleure derzeit: Diejenigen 3.000 Waffenbesitzer, die sich bisher nicht gemeldet haben. Das heiße aber nicht, dass andere Waffenbesitzer nicht mehr kontrolliert würden: „Jeder muss damit rechnen.“

Da die Täter in Lörrach 2010 und in Winnenden 2009, bei dem ein 19-Jähriger 15 Menschen erschossen und 13 verletzt hat, Sportschützen waren und Sportwaffen benutzt haben, stünden besonders die Schützenvereine immer wieder unter Generalverdacht, „dabei müssen wir braver sein als jeder andere Bürger“, findet Hans-Peter Dahmann, Abteilungsleiter der 55 Sportschützen beim ESV München-Ost, einer der 43 Anlagen mit Luftgewehrständen, wo nicht scharf geschossen wird. Bei sieben Münchner Schießständen sind dagegen erlaubnispflichtige, also auch Großkaliberwaffen, zugelassen. Doch das diene allein sportlichen und friedlichen Zwecken: „Es gibt keinen Gegner, es gibt keine Aggressivität, es geht um Konzentration und Verantwortungsgefühl“, erklärt Dahmann, den die „teilweise aufgebauschte, einseitige Berichterstattung in den Medien und Aussagen so mancher Politiker“ stören. „Das schadet uns immens.“ Vor allem, um Interesse beim nötigen Nachwuchs zu wecken. „Wir machen positive Jugendarbeit“, betont Dahmann. „Hier kann man kein Wildwest spielen, Waffennarren und Freizeitrambos sind fehl am Platz.“ Von Michaela Schmid

Artikel vom 07.10.2010
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