Bogenhausen · Berlin grüßt München

Der Regierende Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit mit Hans-Ulrich Pfaffmann, Mitglied des Landtags und Vorsitzender der Münchner SPD. Foto: VA

Bogenhausen · Eine Mass Bier und eine zünftige Brotzeit unter weiß-blauem Himmel hatte der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann dem Regierenden Bürgermeister von Berlin und stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden Klaus Wowereit versprochen, wenn er zum traditionellen Jazzfrühschoppen seines Stimmkreises nach Bogenhausen kommen würde.

Und tatsächlich ist der Himmel am vergangenen Sonntag nach zwei Tagen Dauerregen pünktlich aufgerissen, was den Genossen im Bogenhauser »Schlösselgarten« einen vollen Biergarten und einen stimmungsvollen politischen Jazzfrühschoppen bescherte. Viele der über 500 Gäste mussten sich sogar mit Stehplätzen begnügen. »Hiermit ist der Beweis erbracht«, freute sich Gastgeber Hans-Ulrich Pfaffmann in seiner Begrüßungsansprache, »dass die Sozialdemokraten nicht nur große Städte gut regieren, sondern auch gut Wetter machen können.«

Wie von den Besuchern mit Spannung erwartet, kritisierte Wowereit in seiner 45-minütigen Rede anschließend deutlich die »unsoziale Politik« der schwarz-gelben Bundesregierung. »Die Traumhochzeit von CDU/CSU und FDP ist zum Albtraum geworden«, wetterte er. Das sei fatal für das ganze Land, weil viel Zeit vertan werde, aber die Krise jederzeit wieder ausbrechen könne.

Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sei in Wahrheit ein Schuldenbeschleunigungsgesetz, weil es den Kommunen notwendige Steuereinnahmen entzöge. »Ich gönne jedem Unternehmen seinen Gewinn«, sagte Wowereit in Anspielung auf das Mehrwertsteuergeschenk für die Hotellerie, »aber nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger«. »Auch die Zeche der geplanten Luftverkehrsabgabe werden wieder die Bürger zahlen«, ist er sich sicher, »weil die Abgabe eins zu eins auf die Fluggäste umgelegt werden wird.« Die geplante Brennelemente-Steuer in Höhe von insgesamt 2,3 Milliarden Euro sei für die Atomkraftbetreiber keine Herausforderung angesichts eines Reingewinns von 200 Milliarden Euro, die ihnen eine Laufzeitverlängerung beschere – »zu Lasten der Sicherheit der Bürger.« »Wir müssen alles daran setzen, dass die Laufzeiten der ältesten und unsichersten Kernkraftwerke nicht auch noch verlängert werden!«, sagte er unter lautem Beifall der Gäste.

Mit dem Beschluss, dass künftig jede Beitragserhöhung der Krankenversicherungen nur noch von den Arbeitnehmern aufzubringen ist, habe sich die Regierung vom Grundsatz der solidarischen Gesellschaft verabschiedet. »Das ist ein Skandal!« schimpfte Wowereit ebenso wie die »schleichende Kopfpauschale«. Gesundheit müsse bezahlbar bleiben und auch eine menschenwürdige Pflege. Mindestlöhne seien in Deutschland schon deshalb nötig, um nicht »massenhaft Altersarmut zu produzieren.« Mit dem eindringlichen Appell, den Städten und Gemeinden nicht den Steuerhahn abzudrehen, indem man etwa die dringend benötigte Gewerbesteuer abschafft, beendete Wowereit seine Rede.

Man wolle den Bürgern auch weiterhin Schulen, Straßen und Schwimmbäder zur Verfügung stellen und dazu brauche man Steuern. »Wer Steuersenkungen verspricht, verspielt die Handlungsfähigkeit des Staates.« Dem konnte der Gastgeber, Hans-Ulrich Pfaffmann als Vorsitzender der Münchner SPD nur zustimmen, zumal die Stadt München keineswegs so reich ist, wie manche Berliner glauben. Begleitet von den schwungvollen Klängen des »Young Nova Express« nutzten viele Biergartenbesucher im Anschluss die Gelegenheit, den bekannten SPD-Politiker persönlich zu begrüßen und einige Worte mit ihm zu wechseln.

Artikel vom 28.07.2010
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