Veröffentlicht am 24.07.2008 00:00

Grasbrunn · Deutschlands Beste

Grasbrunn · Deutschlands Beste (Foto: red)
Grasbrunn · Deutschlands Beste (Foto: red)
Grasbrunn · Deutschlands Beste (Foto: red)
Grasbrunn · Deutschlands Beste (Foto: red)
Grasbrunn · Deutschlands Beste (Foto: red)

Seit sie denken kann, liebt Sigrid Karl den Sport. Sämtliche Sportarten hat sie probiert, unter anderem Reiten, Bogenschießen und Karate. »Letzteres hat mir besonders gefallen«. Ein jähes Ende ihrer Sportbegeisterung brachte zunächst ihre schwere Erkrankung mit sich. Aber kaum war sie aus der Klinik nach Hause gekehrt, begann sie drei Monate später wieder mit ihrem unbändigen Willen in verschiedenen Sportarten: Hipporeiten und Selbstverteidigung im Rollstuhl. »Doch das war nicht das Wahre«, berichtet sie. Dennoch brauchte es viele Jahre bis die heute 33-Jährige das Passende fand. »Die Leidenschaft für Kampfsportarten hat mich nie losgelassen«, sagt sie rückblickend. In Karate-Trainer Siegfried Senninger vom TSV Grasbrunn-Neukeferloh fand sie einen großen und engagierten Unterstützer, der ihre Bestrebungen, wieder in Karate einzusteigen, voll unterstützte. Bislang gibt es Rollstuhl-Karate-Vereine lediglich in Berlin, Leipzig, Erfurt und Zeulenroda. Da es derzeit beim Deutschen Karateverband jedoch Bestrebungen gibt, sein Sportangebot auch für Behinderte zu erweitern, fand Sigrid Karl offene Türen, als sie in Grasbrunn dort anklopfte. Recht problematisch gestaltete sich jedoch das Training. Denn die Neukeferloher TSV-Halle ist nicht behindertengerecht. So ist die zierliche Frau auf kräftige Helfer angewiesen, muss sie doch jedes Mal zum Training mit ihrem Rollstuhl die Treppe hinunter getragen werden.

Doch was ist Rollstuhl-Karate? Der japanische Meister Asai entwickelte vor 40 Jahren ein System von Karatetechniken, das speziell auf den Rollstuhl abgestimmt ist. Sein Schüler, Großmeister Tadashi Ishikawa, hat das Rollstuhl-Karate nach Deutschland gebracht. Im Rollstuhl-Karate gibt es 30 Kata (stilisierte Kampfübungen). Diese unterteilen sich in 15 »sho« (klein) und 15 »dai« (groß) Varianten. Mit den ersten fünf Kata werden Grundlagen, wie Kontrolle des Rollstuhls, Fahrtechnik und Karatetechnik gelehrt. In den längeren Dai-Varianten müssen komplexere Bewegungsformen und schnelle Rotationen gemeistert werden.

Durch ihre Teilnahme an vielen Lehrgängen fiel Karl den Funktionären des Bayerischen Karate Bundes und des Deutschen Karate Verbandes (DKV) auf. Man bot ihr an als Hauptdarstellerin für einen Werbefilm des paralympischen Komitees der DKV für die Spiele in Peking aufzutreten. Da willigte sie ein. »Mir ist es wichtig den Sport bekannt zu machen und für andere Behinderte zu öffnen«, sagt sie bescheiden. Außerdem trat sie zur Deutschen Meisterschaft der Behinderten vor 1000 Zuschauern in Erfurt an, Kategorie Rollstuhlfahrer. Für ihre überragenden Leistungen in der Kata-Disziplin erhielt sie den goldenen Pokal und wurde Deutsche Meisterin im Rollstuhlkarate. Von dem Sanitätshaus Streifeneder mit der Firma Pro Aktiv gab es zur Belohnung einen Sportrollstuhl. Nun bleiben noch zwei Wünsche offen. Zum einen würde sich Sigrid Karl freuen, wenn die TSV-Halle in Neukeferloh auch für andere Rollstuhlfahrer zugänglich würde – »das Interesse ist da«, hat sie erfahren. Zum anderen würde ein Traum in Erfüllung gehen, wenn sie an der Weltmeisterschaft in Tokio teilnehmen könnte. »Aber das hängt von so vielen Faktoren ab«, sagt sie. Doch wer weiß, denn ihr Griff nach den Sternen hat sich schon einmal bewährt. Petra Tränkel

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