Veröffentlicht am 15.07.2016 00:00

In Bayern läuft ein Volksbegehren gegen das Abkommen

Im Herzen Münchens, auf dem Marienplatz startete am Mittwoch das Volksbegehren gegen CETA, dem sich auch die Michael Piazolo (Freie Wähler) und Anton Hofreiter (Grüne) angeschlossen haben.	 (Foto: cr)
Im Herzen Münchens, auf dem Marienplatz startete am Mittwoch das Volksbegehren gegen CETA, dem sich auch die Michael Piazolo (Freie Wähler) und Anton Hofreiter (Grüne) angeschlossen haben. (Foto: cr)
Im Herzen Münchens, auf dem Marienplatz startete am Mittwoch das Volksbegehren gegen CETA, dem sich auch die Michael Piazolo (Freie Wähler) und Anton Hofreiter (Grüne) angeschlossen haben. (Foto: cr)
Im Herzen Münchens, auf dem Marienplatz startete am Mittwoch das Volksbegehren gegen CETA, dem sich auch die Michael Piazolo (Freie Wähler) und Anton Hofreiter (Grüne) angeschlossen haben. (Foto: cr)
Im Herzen Münchens, auf dem Marienplatz startete am Mittwoch das Volksbegehren gegen CETA, dem sich auch die Michael Piazolo (Freie Wähler) und Anton Hofreiter (Grüne) angeschlossen haben. (Foto: cr)

Seit geraumer Zeit geistert das Schreckgespenst TTIP durch die Gesellschaft und mit ihm seine »Vorlage« CETA. Die beiden Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA sowie Kanada sollen Schranken abbauen und Wirtschaftsleistungen effizienter und damit einfacher und günstiger machen.

Klingt doch eigentlich ganz gut. Doch die konsequente Geheimhaltung, unter der TTIP verhandelt wird, verunsichert die Menschen, besonders in Deutschland. Die Folge sind Angst und Wut. Beides treibt wieder die Menschen auf die Straße, wie am vergangenen Mittwoch zur Kundgebung auf dem Marienplatz. Anlass war diesmal allerdings nicht allein der Protest gegen CETA, sondern der damit verbundene Start des bayerischen Volksbegehrens gegen das Abkommen mit Kanada.

Der Inhalt des Abkommens ist seit knapp zwei Jahren öffentlich. Mehr als 1.500 Seiten Amts-Englisch, zwischenzeitlich auch ins Deutsche übersetzt, sollen als Vorlage für TTIP genutzt werden. Verhandelt wurde auch über CETA im Geheimen. Nachdem die EU den Forderungen nach einer Absegnung von CETA in den nationalen Parlamenten jetzt nachgegeben hat, wackelt das Vertragswerk bedenklich. Dennoch lässt sich das Aktionsbündnis, bestehend aus BUND Naturschutz, Campact, Katholischer Arbeitnehmer Bewegung, Mehr Demokratie und dem Umweltinstitut München, nicht beirren. Ab heute werden im großen Stil Unterschriften für das Volksbegehren gesammelt. 25.000 brauchen die CETA-Gegner. Wenn die Unterschriften vorliegen, werden sie mit dem Wählerverzeichnis in Bayern abgeglichen, um die Anzahl der gültigen Unterschriften zu ermitteln. Kommt es dann zu einem Volksentscheid über den Gesetzestext, haben die bayerischen Bürger die Entscheidung in der Hand. Lehnen sie CETA mehrheitlich ab, muss Bayern im Bundesrat gegen das Abkommen stimmen. Genauso kann aber auch das Gegenteil eintreten.

Es gibt ebenso viele stichhaltige Gründe für wie gegen das Vertragswerk. Die Gegner argumentieren, CETA sei der Türöffner für TTIP und damit für Gentechnik in unserer Landwirtschaft. CETA höhle die Rechte von Arbeitnehmern aus. »CETA ist ein schlechter Deal für Bayern«, sagt Karl Bär vom Umweltinstitut München. »Für das Versprechen von minimalem Wirtschaftswachstum nimmt die EU-Kommission ökologische Folgeschäden und Eingriffe in die Demokratie in Kauf«, so seine Kritik. Das Wirtschaftswachstum wiederum, das das Hauptziel des Abkommens ist, führe zu einer Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens in Deutschland, wie Handelsexperte Prof. Gabriel Felbermayr vom Münchner ifo Institut bereits Ende 2014 errechnet hat. Damals bemaß er den langfristigen und stabilen Zuwachs des Pro-Kopf-Einkommens in Deutschland mit 0,19 Prozent, in der EU mit 0,22 Prozent und in Kanada mit 2,97 Prozent. Zugleich betonte Felbermayr aber auch: »Zur Erreichung dieser positiven Effekte sind die umstrittenen Investor-Staats-Schiedsgerichte nicht notwendig.« An diesen Schiedsgerichten reibt sich Dr. Michael Stanglmaier vom Bayern-Büro von Campact. Konzerne könnten vor dem ICS (International Court System) außerhalb der Reichweite nationaler Justizsysteme CETA-Staaten verklagen – im Fall einer Verurteilung zum Nachteil der dortigen Steuerzahler. »Das im ­CETA-Abkommen verankerte Schiedsverfahren ICS schafft eine Paralleljustiz«, kritisiert Stanglmaier. Trotz aller Kritik kann man ­CETA inhaltlich nicht pauschal ablehnen. Allerdings kann das Vertragswerk in seiner jetzt ausgehandelten Form nur im Ganzen beschlossen oder abgelehnt werden. Kommt es zum Volksentscheid in Bayern, sollte jeder, der seine Stimme in die Waagschale gibt, wissen, worüber er entscheidet. Es ist eine Entscheidung von Tragweite, die nicht auf Bauchgefühl und Hörensagen begründet sein sollte. Jetzt ist noch Zeit, sich zu informieren – auch beim bayernweiten Aktionstag am heutigen Samstag, 16. Juli. Außerdem gibt es Informationen online unter www.volksbegehren­-gegen-ceta.de , dort allerdings nur, warum man CETA ablehnen sollte. Das Internet ist voll davon. Pro-Argumente hat das Bundeswirtschaftsministerium unter www.bmwi.de in der Rubrik Themen > Außenwirtschaft > Freihandelsabkommen aufgeführt.

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