Veröffentlicht am 02.10.2012 00:00

Zentrum · Ein exotischer Sport?

Beim Münchner Sportfestival 2012 gab es Freiluft-Prellball auf dem Königsplatz. Der Sport eignet sich für jedes Alter (kl. Foto)	 (Foto: M. Scharrer/L. Hawly)
Beim Münchner Sportfestival 2012 gab es Freiluft-Prellball auf dem Königsplatz. Der Sport eignet sich für jedes Alter (kl. Foto) (Foto: M. Scharrer/L. Hawly)
Beim Münchner Sportfestival 2012 gab es Freiluft-Prellball auf dem Königsplatz. Der Sport eignet sich für jedes Alter (kl. Foto) (Foto: M. Scharrer/L. Hawly)
Beim Münchner Sportfestival 2012 gab es Freiluft-Prellball auf dem Königsplatz. Der Sport eignet sich für jedes Alter (kl. Foto) (Foto: M. Scharrer/L. Hawly)
Beim Münchner Sportfestival 2012 gab es Freiluft-Prellball auf dem Königsplatz. Der Sport eignet sich für jedes Alter (kl. Foto) (Foto: M. Scharrer/L. Hawly)

Im Grunde glaubt man, sich auszukennen in dieser Welt. Doch wer kann eigentlich erklären, was »Prellball« ist? Sogar Sportbegeisterte kommen dann mal schnell ins Straucheln. Ist das so was wie Brennball?

Oder so ähnlich wie Völkerball? Oder etwa Faustball? Nur wenige wissen´es wirklich – und das nervt Rolf Winkelfoss. Der 53-Jährige spielt seit seinem zehnten Lebensjahr Prellball und weil er anderen nicht mehr erklären mag, wie´es geht, sagt er inzwischen: »Guckt euch Videos mit Spielausschnitten im Internet an.« Sein Mannschaftskollege Frank Schwob versucht es mit dieser Erklärung: »Ich sage immer, das ist so ähnlich wie Volleyball, nur nach unten gespielt.« Einig sind sich beide darin: »Prellball ist ein großartiger Sport. Er hat das Nischendasein nicht verdient.«

Der Sportverein MTV München 1879 mit Sitz an der Häberlstraße bietet Prellball an. Damit ist er laut Trainer Hans-Joachim Wolff münchenweit so ziemlich einzigartig mit diesem Angebot. »Maulwurftennis«, so nennen manche die Sportart, was daran liegt, dass die Leine, über die gespielt wird, nur 40 Zentimeter über den Boden gespannt ist. Und gespielt wird so: Jede Mannschaft hat die Aufgabe, den Ball mit der Faust oder dem Unterarm so auf den Boden des Eigenfeldes zu prellen, dass er über das Netz ins Gegenfeld gelangt. »Dabei ist jeder Spieler bemüht, den Ball so gekonnt zu spielen, dass dem Gegner die Annahme erschwert wird«, so Wolff. Der Ball darf nach jedem Spielerkontakt nur einmal auf den Boden aufprellen und muss spätestens nach der dritten Berührung wieder über das Netz gelangen. Fehler sind falsches Prellen, Leinenberührung durch den Ball oder eines Spielers und auch, wenn der Ball neben dem Spielfeld aufspringt oder die Hallenwand berührt. Die Spielzeit beträgt zwei mal zehn Minuten. Zur Halbzeit werden die Seiten getauscht.

Wie es in der »Fußballstadt« München so ist: Im Grunde kämpfen alle anderen Ballsportarten um jedes Mitglied. »Noch dazu hat Prellball diesen Exotenstatus. Und was wenige kennen, wird auch nur wenig nachgefragt«, so Wolff. Positiv drückt es der Trainer so aus: »Wir sind eine kleine Prellball-Familie.« Aber er sagt auch: »Dass keine Jüngeren mehr nachrücken, macht uns Kopfzerbrechen.« Zum Training kommen Frauen und Männer zwischen 30 und 60 Jahren. »Natürlich freuen wir uns, wenn wir uns durch neue Mitglieder verjüngen«, so Wolff. »Grundsätzlich aber sind alle Neuzugänge, egal welches Alter, herzlich willkommen.«

Auch deutschlandweit ist das große Mitgliederschrumpfen längst im Gange, Wolff schätzt, dass nur noch knapp 60.000 Prellballspieler aktiv dabei sind. »Ein Problem ist sicherlich, dass es keinen regelmäßigen Wettkampfbetrieb gibt« räumt Wolff ein. In der Bundesliga beispielsweise würde man vier Mal pro Saison spielen. »Zu wenig«, wie Wolff findet. Auch sei Prellball kein Sport, bei dem man etwas verdienen kann, im Gegenteil, zu den Meisterschaften und Wettbewerben fahre man in der Regel auf eigene Kosten. Dabei kann man nicht davon sprechen, dass es immer schon kriselte. Die »fetten Jahre« liegen jedoch schon länger zurück: Im Jahr 1979 beispielsweise, zum 100-jährigen Bestehen des MTV, kamen 110 Mannschaften aus dem In- und Ausland zum Jubiläumsturnier. Es war das bislang größte Prellballturnier, das in Süddeutschland jemals stattgefunden hat.

Die Prellballabteilung selbst besteht seit 1964. Im Laufe der Jahre gehörte der MTV mehrfach der Ersten Bundesliga an, zuletzt 2004/2005, und war bis 2007 in der zweithöchsten Spielklasse, der Regionalliga, vertreten. Es gelang den Mannschaften außerdem mehrmals, die Qualifikation für die Deutsche Meisterschaften zu erreichen. Die beste Platzierung gelang der Mannschaft Altersklasse Männer 50 im Jahr 2009 in Berlin mit dem vierten Platz. »Das Schöne ist ja, dass man in jedem Alter mitspielen kann, von acht bis 80 Jahren«, so Wolff. Natürlich könne gute Kondition nicht schaden, doch vor allem komme es auf die Technik an.

Dass man nicht der Sportcrack schlechthin sein muss, genau das hat für Rolf Winkelfoss den Ausschlag gegeben. »Ich habe mich für Prellball entschieden, eben weil ich nicht besonders sportlich war. Weder Fußball noch Tennis kamen damals für mich in Frage«, erzählt der 53-Jährige. Um Prellball zu spielen, braucht man drei bis vier Spieler pro Mannschaft und los geht es. Auch das begeistert Winkelfoss: »Man muss keinen Riesenaufwand betreiben, um ein Spiel auf die Beine zu stellen.«

Frank Schwob ist nun seit sechs Jahren dabei, das Training ist ihm quasi heilig. »Das lasse ich nie ausfallen.« Nach einem Tag im Büro ist er froh, wenn er so richtig ins Schwitzen kommt. Denn auch wenn man nicht zum Sportler geboren sein muss, so verlangt Prellball doch einiges von seinen Spielern ab. Vor allem Reaktionsgeschwindigkeit. »Manchmal kommen die Bälle mit 100 Kilometern pro Stunde angeflogen. Wer da zu langsam reagiert, hat keine Chance«, weiß Wolff. Wer´es einfach mal ausprobieren mag, der kann beim Prellballtraining vorbeischauen. »Und ich wette, es macht Lust auf mehr«, sagt Wolff. Training ist jeweils dienstags ab 19.30 Uhr in der oberen Halle des Maria-Theresia-Gymnasium, Regerplatz 1, Eingang hinten über den Schulhof. Weitere Informationen unter Tel. 53 88 60 30 und unter der E-Mail-Adresse prellball@mtv-muenchen.de .

Sylvie-Sophie Schindler

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