Deutschland bewegt sich – aber anders als noch vor ein paar Jahren. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr (BMV) zeigt, wie sich die Vorlieben und Gewohnheiten verschieben und wie neue Verkehrsmuster den Alltag prägen: Die Republik bleibt ein Autoland, doch sie beginnt zugleich, auf neuen Wegen zu laufen, zu rollen und zu fahren. Der Pkw bleibt dabei klar das meistgenutzte Verkehrsmittel. 53 Prozent aller Wege werden mit dem Auto zurückgelegt – als Fahrer oder Mitfahrer. Allerdings ist dieser Anteil erstmals gesunken, um vier Prozentpunkte im Vergleich zu 2017, wo er noch 57 Prozent ausmachte. Doch von einer fundamentalen Verschiebung kann keine Rede sein. „Das Auto bleibt weiterhin das wichtigste Verkehrsmittel”, betonte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder bei der Vorstellung der Studie. Vor allem auf dem Land sei es unverzichtbar. Die Diskrepanz zwischen Stadt und Land bleibt groß: Während Bewohner von Metropolen zunehmend alternative Angebote nutzen, bleibt das Auto in ländlichen Regionen oft alternativlos. Aber auch dort, wo Menschen es seltener nutzen, verschwindet es keineswegs aus dem Straßenbild. Im Gegenteil, die Zahl der Autos steigt weiter, fast 50 Millionen Pkw sind inzwischen registriert.
Doch fast die Hälfte aller Autos bleibt an einem durchschnittlichen Tag gänzlich stehen, eine bemerkenswerte Zunahme seit 2008, als nur jedes dritte Auto unberührt blieb. Die mittlere Fahrleistung fällt auf etwa 26 Kilometer täglich. Dafür führen die Autoren der Studie viele Gründe an: mehr Homeoffice, veränderte Arbeitswege, ein stärkeres Bewusstsein für Alternativen – und vielleicht auch ein Schuss Bequemlichkeit: Wer das Haus seltener verlässt, nutzt das Auto eben auch seltener.
Deutlich sichtbar ist der Aufstieg des Pedelecs. Der Bestand hat sich seit 2017 fast verdreifacht, von 50 auf über 140 pro 1000 Personen. Die elektrischen Fahrräder verändern die Art, wie Distanzen wahrgenommen werden. Im Schnitt werden mit ihnen rund 14 Kilometer pro Tag zurückgelegt, etwa die Hälfte mehr als mit herkömmlichen Fahrrädern. Das E-Bike wird damit zunehmend zu einem echten Alltagsfahrzeug, nicht nur fürs Pendeln, sondern auch für Freizeit und Besorgungen.
Wer weder fährt noch radelt, der geht. Und zwar deutlich häufiger als früher. Der Anteil der Wege, die ausschließlich zu Fuß zurückgelegt werden, ist von 22 auf 26 Prozent gestiegen – der höchste Wert seit 2008. Studienautor Robert Follmer nennt einen bunten Strauß an Gründen: mehr Hunde, mehr Schrittzähler, mehr Gesundheitsbewusstsein. Die Pandemie hat zudem viele dazu gebracht, ihre direkte Umgebung neu zu entdecken. Die wachsende Zahl der Fußgänger macht jedoch auch Probleme sichtbar: Viele fühlen sich unsicher, vielerorts seien Wege zu schmal, zu schlecht oder schlicht nicht vorhanden.