Gedenktafeln liegen jetzt im Alten Botanischen Garten – vorerst zumindest

Zentrum · Heimat für Stolpersteine

Andreas Heusler vom Stadtarchiv, Reiner Bernstein von der Initiative Stolpersteine e.V. und der ehemalige BA-Vorsitzende Klaus Bäumler vor den Stolpersteinen im Kunstpavillon (v.l.).	Foto:  js

Andreas Heusler vom Stadtarchiv, Reiner Bernstein von der Initiative Stolpersteine e.V. und der ehemalige BA-Vorsitzende Klaus Bäumler vor den Stolpersteinen im Kunstpavillon (v.l.). Foto: js

Zentrum · Im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten erinnern seit kurzem drei kleine Messingtafeln im Boden an die Widerstandskämpfer Antonia Pfülf, Walter Klingenbeck und Hermann Frieb. Eigentlich hätte die »Initiative Stolpersteine e.V.« die Gedenktafeln lieber vor ihren ehemaligen Wohnhäusern in der Maxvorstadt angebracht. Doch das ist in München seit 2004 verboten.

Bei einem Vortragsabend am Donnerstag kündigte Grünen-Stadtrat Florian Roth jedoch an, seine Fraktion werde das Thema erneut in den Stadtrat einbringen.

»Gedemütigt, entrechtet, Flucht in den Tod«, steht auf der zehn Zentimeter breiten, quadratischen Messingplatte unter dem Namen Antonia Pfülf. Bislang erinnern eine Säule im Nordfriedhof und die Toni-Pfülf-Straße in der Lerchenau an die Münchner Lehrerin, die das Terror-Regime der Nazis 1933 in den Selbstmord trieb. »Die Stadt hat ihr Grab 1970 aufgelassen«, berichtete Klaus Bäumler, der ehemalige Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt (BA 3), beim Vortragsabend im Kunstpavillon. Als Sozialdemokratin war Pfülf die erste weibliche Reichstagsabgeordnete Bayerns. Aus Verzweiflung über das Scheitern ihrer parlamentarischen Arbeit unter den Nationalsozialisten nahm sie in ihrem Haus in der Kaulbachstraße eine Überdosis Schlaftabletten.

Die »Initiative Stolpersteine« will die kleine Messingplatte aus dem Kunstpavillon in den Bürgersteig vor Pfülfs ehemaligem Haus verlegen. »Daran ist mir viel gelegen, weil ich auf dem selben Grundstück wohne«, sagte Bäumler.

Auch die Gedenktafel für Walter Klingenbeck würde der Verein gern vor seiner ehemaligen Wohnung in der Amalienstraße anbringen lassen. Klingenbeck agierte mit einem geheimen Radiosender und Flugblättern gegen die Nazis und wurde dafür im Alter von 19 Jahren hingerichtet. Ein weiterer Widerstandskämpfer hat in der Schellingstraße gelebt: Herrmann Frieb rief eine Untergrundbewegung gegen die Nazis ins Leben, die sich regelmäßig im Alten Botanischen Garten traf.

Mit einer solchen Aktion würde die Initiative aber derzeit gegen die geltenden Vorschriften verstoßen. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der israelitischen Gemeinde in München und Oberbayern, lehnt die Steine nämlich ab. Die Vorstellung, Hunde könnten darauf urinieren und Neonazis darauf treten, empfinde sie als entwürdigend. Der Stadtrat hat daher 2004 entschieden, dass die kleinen Bodentafeln nicht im öffentlichen Raum verlegt werden dürfen. Zu finden sind die Tafeln derzeit nur auf privatem Grund, wie etwa der Viktor-Scheffel-Straße in Schwabing oder auf öffentlichem Gelände, auf das die Stadt keinen Zugriff hat, wie zum Beispiel vor der Musikhochschule in der Arcisstraße.

Reiner Bernstein, Vorsitzender der Initiative, will weiter gegen das Verbot angehen. »Ich habe nicht den Eindruck, dass die israelitische Gemeinde als solches gegen die Stolpersteine ist«, sagte er. Auch Bäumler findet, der Stadtrat sollte seine Haltung noch einmal überdenken: »Das Verbot muss fallen.« Florian Roth indes gab den Befürwortern des Projekts Anlass zur Hoffnung. Seine Fraktion werde das Thema im November erneut besprechen und anschließend dem Stadtrat vorlegen, versprach er. Julia Stark

Artikel vom 06.10.2009
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