Unterschleißheimer Schule zeigt ihren Schülern Wege in eine Ausbildung

Unterschleißheim · Hauptschule – und dann?!

Kevin und Aysun von der Hauptschule Unterschleißheim haben seit der Lehrstellenbörse ihrer Schule mehr Durchblick, wie es weitergehen könnte. 	Foto: ko

Kevin und Aysun von der Hauptschule Unterschleißheim haben seit der Lehrstellenbörse ihrer Schule mehr Durchblick, wie es weitergehen könnte. Foto: ko

Unterschleißheim · Samstagvormittag, Punkt neun Uhr. Es brodelt im Eingangsbereich und in der Aula der Hauptschule. Die Jugendlichen der 7. bis 10. Klassen tummeln sich auf den Gängen, statt wie sonst am Wochenende auszuschlafen. Vom Hausmeisterstand holen sich manche noch schnell eine Butterbreze, viele Erwachsene halten wenigstens einen Pappbecher mit Kaffee in der Hand.

Einige Minuten später begrüßt Schulrektorin Gina Hanke alle Anwesenden in der Aula und stellt die Vertreter der über 30 Betriebe aus Unterschleißheim und Umgebung vor, die gekommen sind, um die Schüler über mehr als 40 Berufe zu informieren.

Aysun (13) möchte Modedesignerin werden. Das ist ihr größter Wunsch. Die findige Hauptschülerin hat sich über den Beruf schon ganz genau im Internet informiert. Sollte nichts daraus werden, informiert sich Aysun zur Sicherheit bei der heutigen Lehrstellenbörse über andere Berufe: Bankkauffrau, Friseurin und Einzelhandelskauffrau.

Mit dem Raumplan in der Hand macht sich neben Aysun auch der 13-jährige Kevin auf den Weg in das erste Schulzimmer. Ihn interessieren vor allem die Berufe Zimmerer, Koch und Kfz-Mechatroniker. Wichtig ist »Stützi«, wie Kevin sogar von den Lehrern genannt wird, auch das Gehalt, das er später mal verdienen will. »Ich hätte gern erfahren, was ein Schreiner so macht, da verdient man auch mehr Geld – leider ist heute kein Schreiner dabei«, sagt er. Und verschwindet in einem Klassenzimmer, um sich von Andreas Vollrath, Zimmerer-Maurermeister, Bautechniker und Geschäftsführer, erklären zu lassen, was ein Zimmerer alles können muss.

Innerhalb einer halben Stunde erzählen die Ausbilder Schülergruppen Wissenswertes zum ihrem Beruf. Dann wird durchgewechselt, die Jugendlichen gehen nach ihrem persönlichen Plan ins nächste Zimmer, zum nächsten Beruf. Bei Andreas Vollrath lernt das Dutzend anwesender Buben neben den Ausbildungszielen auch etwas über die Walz: »Beim ›Tippeln‹ seid ihr drei Jahre und einen Tag auf Wanderschaft und dürft euch nicht mehr als 50 Kilometer eurem Heimatort nähern.« Ob schon mal einer vom Dach gefallen sei, wollen die Schüler wissen. »Super Fragen«, findet Vollrath, und erklärt: »Dass jemand herunterfällt, passiert sehr selten, und gegen Verletzungen sind wir auch durch Berufskleidung geschützt.« Der Zimmerer hat in seinem Betrieb zwar keinen Nachwuchsmangel, möchte aber Auszubildende für seinen Berufsstand gewinnen – »denn Fachkräfte findet man in unserer Branche nicht so leicht.«

Im Nebengebäude hört Aysun gerade Melanie Richter von der Hypo-Vereinsbank zu, die etwas über den Service am Kunden und die Praxis in der Bankfiliale erzählt. Die überwiegend weiblichen Zuhörer sind eher zurückhaltend. Richter war selbst bis zur siebten Klasse in der Hauptschule.

Es ist ihr ein persönliches Anliegen, den Jugendlichen klar zu machen, dass die Ausbildung zur Bankkauffrau für sie durchaus zur Verfügung steht – nämlich entweder via »M-Zug«, der Hauptschülern die Ausbildung zur Mittleren Reife ermöglicht, oder nach Abschluss einer Lehre zur Bürokommunikationskauffrau. »Ich sage den Jugendlichen, dass ich auch auf der Hauptschule war, das soll als Motivation dienen«, sagt Richter.

Initiiert hat die Unterschleißheimer Lehrstellenbörse für Hauptschüler Eberhard Hundertmark. Der frühere AEG-Mitarbeiter im Ruhestand wollte sich ehrenamtlich engagieren und hat vor fünf Jahren für die Hauptschule damit begonnen, eine Kartei zusammenzustellen, in der örtliche Firmen unter anderem mit Adresse, Ansprechpartner, Betriebsgröße und zu vergebenden Lehrstellen verzeichnet sind: »Bis ich die Infos zusammen hatte, bin ich bei den Firmen ›Klinken putzen‹ gegangen.«

Rund 100 Gespräche hat er persönlich in den Betrieben geführt und dabei die Eckdaten zur Lehrstellenvermittlung zusammen getragen. Mittlerweile ist daraus »LOU« geworden, die »Lehrstellen-Offensive Unterschleißheim«. Unterstützt wird Hundertmark dabei von dem Unterschleißheimer Peter Graf, dessen Tochter die Hauptschule besucht.

Aysun und Kevin jedenfalls fanden die Lehrstellenbörse »sehr interessant« – und Kevin weiß jetzt auch, dass er bei einem Zimmerer Praktikum machen möchte.

ko

Artikel vom 14.10.2008
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