Nach dem Krieg entschied sich München für den Wiederaufbau der Residenz

Münchner Zentrum · Kein totes Gemäuer

Die Residenz. Foto: HSS, clash

Die Residenz. Foto: HSS, clash

Zentrum · Sie erstreckt sich vom Hofgarten am Odeonsplatz bis zur Oper an der Maximilianstraße und ist Pflichtadresse bei einer Stadtführung: Die Residenz. Die alten Wohngemächer der Wittelsbacher wirken heute so, als ob sie schon immer an ihrem Platz gestanden hätten. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg wäre das Herrscherhaus fast abgerissen und aus dem Stadtbild verbannt worden.

Nicht wenige wollten den schwer beschädigten Prachtbau nach dem Kriegsende am 8. Mai 1945 seinem Schicksal überlassen. »Es gab sogar Pläne, die zerstörte Innenstadt so zu belassen, wie sie war und Richtung Starnberg eine komplett neue Stadt aufzubauen«, erklärte der Städtebau- Professor Otto Meitinger am vergangenen Freitag bei einem Vortrag in der Hanns-Seidel-Stiftung.

»Die Menschen wollten damals einen Neuanfang wagen, da hatte das Alte und Traditionelle nichts mehr verloren.« Nur dem Mut der ersten Oberbürgermeister und Politiker sei es zu verdanken gewesen, dass München heute anders als viele andere deutsche Großstädte noch über einen gewachsenen und historischen Stadtkern verfüge. Die Stadtväter entschieden damals – »Wir bleiben hier und stellen uns der Vergangenheit«, und bauten die Innenstadt wieder auf.

Doch trotz dieser Grundsatzentscheidung pro Altstadt und Stadtkern war das Schicksal der Residenz lange unsicher. Das lag zum einen daran, dass bei Kriegsende nicht mehr viel übrig war von der Residenz – von 23.000 Quadratmetern Dachfläche waren gerade einmal noch 50 Quadratmeter intakt, zum anderen war »es schwer vermittelbar für einen Monarchenbau Geld auszugeben, wenn so viele Menschen keine Häuser hatten«, so Meitinger.

Dennoch – man entschied sich für die Residenz, wenn auch widerwillig und zunächst ohne nennenswerte Geldmittel bereitzustellen. Und setzte 1953 einen damals gerade einmal 26-Jährigen als Residenzbaumeister ein – eben Otto Meitinger. Der junge Mann machte sich unverdrossen an die Arbeit. Mit regelrecht zusammengeklaubten 2,5 Millionen Mark entstand der Konzertsaal der Residenz, in dem bald das Rundfunkorchester seine Heimat fand.

Dazu wurde der ehemalige Thronsaal zweckentfremdet. Historisch zwar nicht korrekt, »aber wir wollten, dass die Residenz genutzt wird, und nicht nur ein totes Gemäuer wiederaufbauen.« Das Konzept ging auf: Die Münchner nahmen den Konzertsaal an und die Residenzbaumeister bekamen zunehmend mehr Geld zur Verfügung gestellt – unterstützt von verschiedenen publicityträchtigen Veranstaltungen. So tagte Mitte der Fünfziger Jahre der Vatikanische Rat einmal in München.

Und angemessene Schlafräume für die Gesandten aus Rom fand man – ausgerechnet in der Residenz, wie später auch Frankreichs Präsident Charles de Gaulle. In nur zehn Jahren kam so Gebäude um Gebäude dazu, bis 1963 mit dem Cuvillies-Theater schließlich auch die »Rosine des Wiederaufbaus« fertiggestellt werden konnte. Filippo Cataldo

Artikel vom 28.04.2005
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