Ute Lent-Ingold mit der bayerischen Staatsmedaille ausgezeichnet

Nymphenburg · Ein Leben für Behinderte

Seit Jahren steckt sie ihre gesamte Energie in die Arbeit für Behinderte. Müde ist sie trotzdem nicht: »Ich will noch viel machen«, sagt Ute Lent-Ingold	Foto: rs

Seit Jahren steckt sie ihre gesamte Energie in die Arbeit für Behinderte. Müde ist sie trotzdem nicht: »Ich will noch viel machen«, sagt Ute Lent-Ingold Foto: rs

Nymphenburg · Da sein, um anderen zu helfen: Diesen Anspruch hat sich Ute Lent-Ingold zur Lebensaufgabe gemacht. Dafür wurde sie unlängst von Staatsministerin Christa Stewens mit der bayerischen Staatsmedaille ausgezeichnet.

Nur ihrer »unerschöpflichen Energie« sei es zu verdanken, dass sie so viel für die Belange blinder und körperlich wie geistig behinderter Menschen in die Wege geleitet habe, würdigte Stewens die Leistungen der gebürtigen Straßlacherin in ihrer Laudatio.

Tatsächlich wird man von der Kraft und der Energie, die die schlanke Frau mit den hochgesteckten Haaren und den resoluten blauen Augen ausstrahlt, förmlich angesteckt. »Ich hatte eben viele Widerstände zu überwinden«, erzählt sie.

Doch ihr Einsatz hat sich gelohnt: Nicht zuletzt ihrer Tatkraft ist es zu verdanken, dass Menschen, die an mehrfachen Behinderungen leiden, in München eine dauerhafte Unterbringung haben und professionelle Pflege in Anspruch nehmen können. Eine Einrichtung, auf die sie besonders stolz ist, ist die Schule an der Winthirstraße in Nymphenburg, die 1978 als Außenstelle der Blindeninstitutsstiftung Nymphenburg gegründet wurde und im vergangenen Jahr ihr 25-jähriges Bestehen feierte. »Diese Schule war eine Art Auftakt für Pflegeeinrichtungen für Behinderte.«

Denn hätte Lent-Ingold Mitte der 80er Jahre nicht vehement für solche Einrichtungen gekämpft, würde es heute vermutlich auch die südbayerischen Wohn- und Werkstätten (SWW) nicht geben, in denen Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen leben und einer geregelten Arbeit nachgehen können. Sie wären dann, wie es in den 70er Jahren noch üblich war, nach ihrer Schulzeit abgeschoben worden – in Altenheime oder psychiatrische Anstalten. Für die 58-jährige Mutter dreier Kinder ein unerträglicher Missstand: »Da habe ich mich hingesetzt und ein Konzept erarbeitet.«

Unter der damaligen Sozialministerin Barbara Stamm fielen die Pläne des von ihr gegründeten Arbeitskreises auf fruchtbaren Boden: Lent-Ingold konnte mit Unterstützung der Ministerin die Landesschule für Sehbehinderung in Würzburg dafür gewinnen, eine erste Außenstelle in München zu errichten. Es folgten weitere Pflegeheime in Obergiesing, Allach und Solln.

Dabei stand am Anfang ihres Engagements ein eigener langer Leidensweg. Ihre Tochter Almut kam blind und mit schwersten Behinderungen auf die Welt. Nur ein Medikament, das im Jahr ihrer Geburt entwickelt wurde, sicherte ihr Überleben. Seitdem hat sich die gelernte Kauffrau und Landwirtin nicht nur um ihren Hof im idyllischen Straßlacher Ortsteil Beigarten gekümmert, sondern sich auch als Therapeutin ausbilden lassen und jahrelang die Pflege ihrer Tochter übernommen.

An harte, schwere Arbeit ist Lent-Ingold von Kindheit an gewöhnt – nicht zuletzt dank der strengen protestantischen Erziehung ihrer Eltern, die ihr die nötige Kraft gegeben habe. »Dadurch habe ich vielleicht gelernt, zu arbeiten und für andere da zu sein.«

Erst mit der Gründung der SWW im Jahre 1992 konnte ihre Tochter in eine professionelle Tageseinrichtung untergebracht werden, die sie auch heute noch tagsüber besucht. Das Modell dieser Pflegestätte ist inzwischen so erfolgreich geworden, dass eine enorme Nachfrage danach besteht und viele Behinderte keinen Platz mehr finden – für Lent-Ingold jedoch kein Anlass, sich jetzt auf den Früchten ihrer Arbeit auszuruhen: »Ich will noch viel machen.« Denn das hat sie sich zur Lebensaufgabe gemacht – da zu sein, wenn Schwächere auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen sind. Rafael Sala

Artikel vom 02.02.2005
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