Gespräch mit Pfarrer Schulz

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»Den eigenen Rhythmus finden« ist für Pfarrer Rainer Schulz Advent.	Foto: ms

»Den eigenen Rhythmus finden« ist für Pfarrer Rainer Schulz Advent. Foto: ms

Maxvorstadt · Die Vorweihnachtszeit ist gespickt mit Terminen und allerlei Verpflichtungen. Speziell Pfarrer sind die vier Wochen bis zum Fest im Dauereinsatz.

Doch für die Münchner Wochenanzeiger nahm sich Rainer Schulz von Sankt Markus Zeit für ein Gespräch, Thema: Die Adventszeit. Seit Anfang diesen Jahres ist er Pfarrer in der evangelischen Gemeinde. Davor war der 46-Jährige sechs Jahre in Ebersberg und neun Jahre in Chile.

Was macht eigentlich noch das Besinnliche an der Vorweihnachtszeit aus, wenn schon im September die Lebkuchen in den Regalen stehen? Wenn die Leute über die Kommerzialisierung von Weihnachten klagen, dann sage ich: »Mach doch einfach nicht mit!« Der Advent ist eigentlich die Zeit der Selbstbesinnung. Jetzt kann man mit sich selbst zur Ruhe kommen und seinen eigenen Rhythmus finden. Z.B. kann man Konzerte oder Andachten in den Kirchen als ›Inseln im Getriebe‹ suchen und nutzen. Ob man das schafft oder nicht, liegt aber an einem selbst, und hat mit dem Konsumterror nichts zu tun.

Wie schaffen Sie es persönlich als Pfarrer, der in der Vorweihnachtszeit sicher besonders eingespannt ist, zur Ruhe zu kommen?

Vor Weihnachten herrscht natürlich eine ungeheure Terminvermehrung, auch wenn ein Pfarrer von heute das ganze Jahr eingespannt ist, nicht nur in der Adventszeit. Trotz möglicher Hektik, versuche ich einfach mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt zu kommen. Da läuft in der heutigen Zeit viel über das Telefon. Aber es sind besonders auch die persönlichen Gespräche und Besuche, die einem gegenseitig Ruhe und auch Kraft geben. Was bedeutet Advent und Weihnachten den Menschen Ihrer Ansicht nach?

Ich sehe eine große Nachfrage nach Spiritualität in unserer materialisierten Welt. Die Adventszeit ist dabei ein wichtiger Abschnitt im Jahr für die Menschen. Die Weihnachtsmessen sind stets sehr gut gefüllt. Und ich denke, das wird dabei nicht als gesellschaftliches Event abgehakt, sondern da steckt eine kontinuierliche Kraft dahinter, die die Menschen zusammmenhält und -bringt. Das ist nicht so sehr ›Sinn für Tradition‹, wie es immer so schön heißt, sondern für die meisten eine feste Station im Jahr, die wirklich sinnvoll erscheint und Sicherheit gibt.

Was findet in Ihrer Gemeinde Besonderes in der Adventszeit statt? Die Markuskirche als Konzertkirche hat ein vielfältiges Programm. Aber besonders finde ich den Adventlichen Leseabend in unserer Kirche am 6. Dezember um 19 Uhr. Das ist, glaube ich eine gute Einstimmung und wird besonders besinnlich mit Kerzen und Musik. Dabei werden alle relevanten Bibeltexte vorgetragen. Denn die Bibel hat eine starke literarische Kraft und entfaltet damit eine ganz besondere Wirkung. ms

Artikel vom 05.12.2002
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