Ein Außenseiter soll überraschend das Rennen machen

Neuer Sport-Geschäftsführer beim TSV 1860?

Veränderung auf der Kommandobrücke: Geschäftsstelle des TSV 1860 München. Foto: Anne Wild

Veränderung auf der Kommandobrücke: Geschäftsstelle des TSV 1860 München. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Gut fünf Monate nachdem der frühere Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel den TSV 1860 München in Richtung des österreichischen Bundesligisten Austria Klagenfurt verlassen hat, scheinen die Vereinsverantwortlichen zu einer Nachfolgelösung gekommen zu sein. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll künftig Dr. Christian Werner die sportlichen Geschicke des Drittligisten leiten. Der Sportwissenschaftler, Trainer und ausgebildete Pädagoge ist ein noch unbeschriebenes Blatt im deutschen Profifußball.

Erste einschlägige Berufserfahrung erlangte der heute 42-Jährige als Sportdirektor beim damaligen österreichischen Zweitligisten SC Austria Lustenau und in gleicher Funktion beim baden-württembergischen Regionalligisten SGV Freiberg. Promoviert hat Werner 2017 an der Philipps-Universität in Marburg mit dem Thema »Leistungsstruktur und Leistungsfaktoren des Torwartspiels im modernen Fußball – ein empirisch gestütztes Modell zur Erklärung und Diagnose«. Selbst spielte Werner einst auf der Position des Torhüters in der fünftklassigen Oberliga für den TuS Erndtebrück und den FSV Ferndwald. Als Trainer arbeitete er zudem im Nachwuchsbereich des VfB Stuttgart.

Bei den Vorarlbergern erwarb sich der gebürtige Hesse einen Ruf als fleißiger und akribischer Macher, dessen Konzeptionsstärke überzeugte. Neben seiner Führungstätigkeit im sportlichen Bereich kümmerte sich der multifunktionale Werner in Lustenau auch um das Sponsoring, die Pressearbeit, das Scouting, das Teammanagement und den Dialog mit den Fans. Unter seiner Ägide soll der heutige Bundesligist erfolgreich umstrukturiert worden sein. Nach eineinhalb Jahren bat er selbst um die Auflösung seines Vertrags und kehrte aus familiären Gründen nach Schwaben zurück.

Dort wirkte Werner zwei Jahre lang beim SGV Freiberg, den er in die Regionalliga Südwest führte, ehe er im Sommer 2022 ein Engagement als Chefscout in Diensten des Drittligisten SV Waldhof Mannheim annahm. Beim TSV 1860 München scheint er als Manager endgültig den Sprung ins Profigeschäft wagen zu wollen. In der bei Medien beliebten Nachfolge-Spekulation waren zunächst deutlich prominentere Namen genannt worden. Nun erhält vermutlich ein Außenseiter die Chance, die aufgrund ihrer Gesellschafterstruktur schwierig zu managenden Löwen auf Erfolgskurs zu bringen.

Dabei schien Werner bereits aus dem Bewerberrennen gefallen zu sein. Marc-Nicolai Pfeifer, der seit dem Abgang des früheren Sport-Geschäftsführers alleine im Haus regiert, verfolgte den Plan, gestützt durch Vertreter des Gesellschafters HAM International, einen hierarchisch unter ihm angesiedelten Sportdirektor zu verpflichten. Im Sommer hatte Pfeifer zusammen mit dem Schweizer Trainer Maurizio Jacobacci – auch er ein Wunschkandidat der Investorenseite – sowie Hasan Ismaiks Statthaltern Anthony Power und Athanasios Stimoniaris zum Widerwillen der Vereinsvertreter die sportlichen Geschicke selbst in die Hand genommen. Präsident Robert Reisinger präferierte vergeblich ein Engagement des in München lebenden Ex-Löwen-Profis und Bundesligamanagers Horst Heldt (VfB Stuttgart, FC Schalke 04, Hannover 96, 1. FC Köln).

In den vergangenen Wochen soll Pfeifer mit Versuchen, Werner als seinen sportlichen Zuarbeiter zu verpflichten, am Veto der Vereinsvertreter gescheitert sein. Die Gründe für die Ablehnung durch das Präsidium waren aber wohl weniger in der Person Werners begründet, sondern vielmehr systemischer Natur. Der Verein will bewusst einen Sport-Geschäftsführer installieren. Nach den Erfahrungen im Sommer, als eine rasche Nachfolgeregelung für Gorenzel zur Empörung der Vereinsvertreter blockiert wurde und die Kaderplanung in einer undurchsichtigen Kollektivleistung vonstatten ging, möchte der Verein diese Verhältnisse auf der Geschäftsstelle nicht noch zementiert wissen.

Pfeifers Vertrag mit der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA läuft am Saisonende aus. Unter Verweis auf die 50+1-Regelung hatte der Verein einer automatischen Verlängerung seines Engagements für ein fünftes Jahr widersprochen. Werner, heißt es, soll die Vereinsverantwortlichen mit einer konzeptionell gelungen Präsentation seiner Gedanken zum TSV 1860 München fachlich überzeugt haben. Um ihm die nötige Rückendeckung für seine Vorhaben zu verschaffen, wird er nach dem Willen des Präsidiums im Rang eines Geschäftsführers an der Grünwalder Straße 114 arbeiten.

(as)

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Artikel vom 03.12.2023
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