Sicher auf der Straße

Ebersberg-Landkreis · Verkehrsbilanz weist so wenig Verkehrstote wie nie aus

2021 ist der Anwärter für das Jahr mit den landesweit wenigsten Verkehrstoten seit Einführung der deutschen Unfallstatistik. Foto:  © Bayerische Polizei

2021 ist der Anwärter für das Jahr mit den landesweit wenigsten Verkehrstoten seit Einführung der deutschen Unfallstatistik. Foto: © Bayerische Polizei

Ebersberg-Landkreis · 2021 ist neuer Anwärter für das Jahr mit den landesweit wenigsten Verkehrstoten seit Einführung der deutschen Unfallstatistik 1953. Dies geht auch aus den Zahlen, der nun veröffentlichen Verkehrsbilanz für das Polizeipräsidium Oberbayern Nord hervor.

Hauptergebnis: Die Gesamtunfälle des Jahres 2021 stiegen im Vergleich zum Vorjahr zwar um 1,4 Prozent. Die Zahlen bleiben dabei jedoch deutlich unter den Unfallzahlen vor der Pandemie.

Die Zahl der Verkehrstoten 2021 ist sogar die niedrigste seit Einführung der deutschen Unfallstatistik 1953. Der zweite Corona-Lockdown von Januar bis Mai 2021 sowie diverse Einschränkungen bei Reisen und Kontakten haben die Mobilität maßgeblich mit beeinflusst. Darüber hinaus arbeiteten die Menschen vermehrt von zu Hause aus und führten deutlich weniger Geschäftsreisen durch. Das motorisierte Verkehrsaufkommen auf den Straßen ist deswegen nicht mit dem vor-pandemischen Niveau zu vergleichen. Auch deshalb ist bei den Verkehrsunfallzahlen bestimmter Verkehrsarten, Zielgruppen und Straßenklassen ein weiterer Rückgang zu beobachten.

Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord wurden insgesamt 41.581 Verkehrsunfälle (41.004 im Vorjahr) aufgenommen. Dieser Bereich umfasst die zehn Landkreise Erding, Freising, Ebersberg, Dachau, Starnberg, Landsberg a. Lech, Fürstenfeldbruck, Eichstätt, Pfaffenhofen a. d. Ilm, Neuburg-Schrobenhausen sowie die Stadt Ingolstadt.

Es ereigneten sich 5.300 (5.591 im Vorjahr) Verkehrsunfälle, bei denen 6.730 Menschen verletzt wurden. 2021 verloren 42 Personen auf den Straßen in den Landkreisen des Präsidialbereichs Oberbayern Nord ihr Leben, 22 weniger als im Vorjahr. Auffällig: 11 der insgesamt 19 Todesopfer in PKW, LKW, Reisebus und Wohnmobil waren bei den Verkehrsunfällen nachweislich nicht angegurtet. Dies entspricht einem Anteil von mehr als der Hälfte (57,9 Prozent). Bei den meisten Verkehrsarten war ein Rückgang feststellbar. Lediglich beim Schwerverkehr und bei Radfahrenden konnte ein Anstieg verzeichnet werden.

Innerhalb geschlossener Ortschaften wurden bei 24.243 Verkehrsunfällen (58% Anteil an den Gesamtunfällen) 11 Menschen getötet. Außerhalb geschlossener Ortschaften kamen bei 17.338 Verkehrsunfällen (42% Anteil an den Gesamtunfällen) 31 Personen ums Leben.

Junge und ältere Fahrer

Die Risikogruppe der jungen Erwachsenen (18-24 Jahre) war 2021 an 3.400 Verkehrsunfällen beteiligt. Dies stellt einen Anteil von circa 8 % der Summe aller Unfälle dar. 7 der hierbei 8 getöteten und 893 der verletzten 1.802 Personen waren selbst junge Verkehrsteilnehmende. Etwas mehr als die Hälfte, nämlich 2.001 Unfälle, wurden durch die jungen Erwachsenen selbst verursacht.

Die Risikobereitschaft der jungen Leute und ihre noch nicht hinreichend ausgereifte Fahrpraxis führen immer wieder zu Geschwindigkeits-, Vorfahrts- und Abbiegeunfällen, vor allem bei nächtlichen Fahrten. Dies belegt auch die Tatsache, dass diese Zielgruppe zu 18 % an den Geschwindigkeitsunfällen und zu 14 % an den Alkoholunfällen beteiligt ist.

2021 waren ältere Menschen (ab 65 Jahre) an 3.411 Verkehrsunfällen beteiligt, dies entspricht einem Anteil von 8 % an den Gesamtunfällen. Insgesamt sind die Unfälle mit Beteiligung von Personen ab 65 Jahren wieder auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie 2014. Jedoch ist bei der Altersgruppe eine Steigerung der verursachten Verkehrsunfälle (+2 %) zu beobachten. Die Zahl der getöteten Senioren ist mit 13 um 7 % zum Vorjahr gesunken.

Mehr Unfälle mit Motorradfahrern

Im Jahr 2021 waren Motorradfahrer an 669 Verkehrsunfällen beteiligt. 9 Personen wurden hierbei tödlich verletzt, während 2020 noch 14 Verkehrsteilnehmende ihr Leben ließen. Die Zahl der Verletzten stieg bei diesen Unfällen zuletzt hingegen von 548 auf 589 Personen (+7,5 %) an. Außerörtliche Staatsstraßen stellen hierbei einen Schwerpunkt dar. Die häufigsten Unfallursachen bei Motorradunfällen waren erneut zu hohe Geschwindigkeit (24 %), fehlender Sicherheitsabstand (16 %) und Fehler beim Überholen (12 %).

Dauerproblem: Drogen und Alkohol

2021 wurden 564 Verkehrsunfälle im Wesentlichen durch vorangegangenen Alkoholkonsum verursacht. Dies stellt einen Rückgang um 6,3 % dar. Bei diesen Unfällen wurden 354 Personen verletzt. 3 Menschen fanden dabei den Tod. Die Unfälle unter dem Einfluss von Drogen oder Medikamenten fielen auf 56 Fälle ab, wobei teils erhebliche regionale Unterschiede festzustellen waren. Bei diesen Unfällen wurden 41 Personen verletzt und eine getötet.

Vermehrt Unfälle durch Raser

Bei 1.829 Geschwindigkeitsunfällen kamen im Jahr 2021 insgesamt 8 Menschen ums Leben. Im Vergleich zum Vorjahr wurde eine Gesamtsteigerung dieser Unfälle um 29,5 % ermittelt. Bei den Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang wurden 4 Personen, oder 33,3 %, weniger als Opfer registriert. Der Anteil der Geschwindigkeitsunfälle im Kontext des Gesamtunfallgeschehens bleibt weiterhin hoch. Jeder Fünfte (19 %) getötete Verkehrsteilnehmende im Bereich des PP Oberbayern Nord kam somit bei einem Geschwindigkeitsunfall ums Leben. Insgesamt wurden im Jahr 2021 im Rahmen der Verkehrsüberwachung 139.293 Fahrzeuglenker „geblitzt“. Davon lagen 56.517 im Anzeigenbereich und 82.776 wurden verwarnt.

Schulwegsicherheit in Oberbayern

Aufgrund der Corona-Pandemie war der Präsenzunterricht im Schuljahr 2020/21 zumindest bis Ende Februar ausgesetzt. Im abgelaufenen Schuljahr war mit 61 (51 im Vorjahr) Schulwegunfällen ein Anstieg um 19,6 %, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2019/2020 zu verzeichnen. Die Zahl der verletzten Schüler stieg ebenfalls von 52 auf 66. Glücklicherweise wurde im vergangenen Schuljahr zum sechsten Mal in Folge erneut niemand tödlich verletzt. Wo eine Verkehrsregelung durch Polizei oder Schulweghelfer stattfand, war nur ein Unfall zu verzeichnen. Letzteres zeigt einmal mehr, wie wichtig der Einsatz von Schulwegdiensten ist.

Mehr als die Hälfte aller Schulwegunfälle wurde wie in den vergangenen Jahren von den Schülern selbst verursacht. Die meisten Schulwegunfälle ereigneten sich auf der Fahrbahn (46), gefolgt von Unfällen auf Geh- und Radwegen (14). Viele Schulwegunfälle (55 = 90 %) werden zu Schulbeginn und -ende, also zwischen 7 und 8 Uhr sowie 13 und 14 Uhr verursacht. Kinder zwischen 7 und 14 Jahren (65) bildeten zusammen die größte Altersgruppe der Unfallverletzten. Bei Schulwegunfällen waren Rad oder Pedelec fahrende Schüler (39) am häufigsten betroffen, erst dann folgten die zu Fuß gehenden (17).

Wildunfälle nehmen weiter zu

Die Anzahl der Wildunfälle bildet mit rund 25 % einen erheblichen Anteil am gesamten Unfallgeschehen. Bei den Wildunfällen gab es einen Anstieg um knapp 5,5 Prozent auf 10.563. 65 dieser Unfälle waren Unfälle mit Personenschaden, dabei wurde niemand getötet und 65 Menschen verletzt, schwere Verletzungen erlitten 12 Personen.

Wie schaut`s bei den Radfahrern aus?

Corona hat den allgemeinen Trend zum Radfahren noch einmal deutlich verstärkt. Der Fahrradhandel konnte die hohe Nachfrage zeitweise kaum noch bedienen, beliebte Modelle und vor allem Pedelecs (Fahrräder mit elektronischer Tretunterstützung bis 25 km/h) waren zum Teil vergriffen. Im letzten Jahr ereigneten sich 2.131 Verkehrsunfälle mit herkömmlichen Fahrrädern und Pedelecs, davon 2.121 mit Verletzten.

Unfälle ohne Helm führten meistens zu gravierenden Kopfverletzungen – vor allem bei einem Zusammenstoß mit einem Kfz. So ist es besonders auffällig, dass 70 % der getöteten Radfahrenden keinen Helm trugen. Auch bei den schwerverletzten Radlern ist festzustellen, dass 227 von 413 (55 %) keinen Helm trugen, bei den Leichtverletzten waren es 864 von 1.572 (54,9 %). Bisher beträgt der Anteil der Unfälle mit Pedelecs nur rund 17 % der Gesamtzahl aller Fahrradunfälle. In den letzten Jahren zeigt sich aber eine stetig und deutlich ansteigende Tendenz. So wurden im Jahr 2021 insgesamt 358 Unfälle (+14,4 %) mit Pedelecs aufgenommen. Hierbei wurden insgesamt 371 Pedelecfahrende verletzt, ums Leben kam zum Glück niemand. Die deutliche Mehrheit, nämlich 79 % der Unfälle, wurden von den Pedelecfahrenden selbst verursacht.

Das waren die Unfallursachen

Hauptunfallursache Nummer 1 bei den registrierten Verkehrsunfällen bleibt nach wie vor der Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren und beim Ein- und Anfahren (18,2 %), gefolgt von ungenügendem Sicherheitsabstand (18,1 %). Als dritthäufigste Unfallursache wurde die Nichtbeachtung der Vorfahrt bzw. des Vorranges (11,7 %) festgestellt.

Die Unfallursache "Ablenkung", die seit der Massenverbreitung von Smartphones und umfangreicher Entertainment-Technik in den Fahrzeugen auf breiter Ebene auch im Rahmen polizeilicher Verkehrsüberwachung bekämpft wird, wird seit 1. Januar 2021 bei der Unfallbearbeitung explizit erfasst. Diese Parameter können aber nur verwendet werden, wenn die Ablenkungsform erheblich war und im Rahmen der Unfallsachbearbeitung tatsächlich nachgewiesen wurde. Da dieser Nachweis häufig nicht gelingt, dürfte die Dunkelziffer als hoch anzusehen sein. Im Jahre 2021 wurde bei 236 Verkehrsunfällen eine Ablenkungsform als nachgewiesen erfasst.

Die Unfallursache "Geschwindigkeit" ist ein Dauerbrenner. Weitaus bedeutender als die tatsächliche Überschreitung einer bestimmten Höchstgeschwindigkeit ist ein nicht angepasstes Fahrverhalten im Hinblick auf die Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnisse sowie den eigenen Fahrfertigkeiten. Das Tempo ist meistens auch indirekt mitbestimmend dafür, ob ein Verkehrsunfall überhaupt passiert und welche Folgen dieser hat. Daher muss die Unfallursache Geschwindigkeit im Rang grundsätzlich deutlich weiter oben gesehen werden.

Artikel vom 02.03.2022
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