Grafinger Brauerei über Nacht um rund 500 Jahre gealtert

Grafing · Die bärige Bierstadt

„Die fünf von der Brauerei“ haben gut Lachen. (V. li.) Bürgermeister Christian Bauer, Kreisheimatpfleger Thomas Warg, Bräu Gregor Max Schlederer, Walter König, Bernhard Schäfer, Leiter des Archivs und des Museums der Stadt Grafing. F: Otto Hartl

„Die fünf von der Brauerei“ haben gut Lachen. (V. li.) Bürgermeister Christian Bauer, Kreisheimatpfleger Thomas Warg, Bräu Gregor Max Schlederer, Walter König, Bernhard Schäfer, Leiter des Archivs und des Museums der Stadt Grafing. F: Otto Hartl

Grafing · Sensation in Grafing: Die Brauerei Wildbräu in der Bärenstadt hat ihr Alter verlängert, um zwar um rund 500 Jahre. „Wo man trinkt, da lass dich fröhlich nieder“ könnte man abgewandelt sagen, wo es eine Brauerei gibt.

Die Grafinger Brauerei Wildbräu datierte bis heute den Beginn ihrer Existenz auf das Jahr 1516. „Wir sind urbayerisch und pflegen unsere Tradition ganz im Sinne des Bayerischen Reinheitsgebots von 1516“ betont der junge Bräu Gregor Max Schlederer, der in siebter Generation die Grafinger Brauerei vor drei Jahren übernommen hatte. Dieses Datum ist jetzt Schnee von gestern. Der opulente Stammbaum an der Wand hinter den fünf Herren im Stammhaus der Braudynastie im Herzen der Bärenstadt muss jetzt beträchtlich verlängert werden.

Entdeckt hat diese Sensation der Grafinger Historiker Bernhard Schäfer, Leiter des Stadtarchivs und des Heimatmuseums. Im Bayerischen Hauptstadtarchiv in München entdeckte Schäfer, der alt-lateinische Schriften entziffern kann, eine entscheidende Textstelle im Cartular des Klosters Ebersberg.

Das Kloster war seit dem Jahr 1045 Besitzer des Landguts, das nach 976 von Gisling in Grafing umbenannt wurde. Wie in der Urkundensammlung nachzulesen ist, übereignete um 1060 der Priester Konrad der Benediktinerabtei Ebersberg ein Anwesen in Sulding. Als Ausgleich dafür erhielt er aus dem Landgut Grafing jährliche Naturalzuwendungen. „Interessant ist, dass dabei neben gepöckeltem Schweinefleisch sowie fünf Scheffel Roggen und einem Scheffel Weizen auch von ,cervesia plena‘, also von Vollbier, die Rede ist“, erklärt Schäfer.

Der Historiker leitet daraus konsequenterweise auch zwingend die Existenz einer Braustätte ab. Mit der urkundlichen Erwähnung um das Jahr 1060 zählt die Braustätte in Grafing jetzt zu den ältesten im Freistaat. Zeitlich früher angesiedelt sind nur die beiden urkundlich belegten Klosterbrauereien in Weihenstephan (1040) und Weltenburg (1050).

Überrascht von der Neudatierung zeigte sich Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds: „Rückdatierungen von Gründungsbelegen sind in der bayerischen Brauwirtschaft äußerst selten.“ Er war extra zur Feier dieser kleinen Sensation nach Grafing gekommen, um zusammen mit Bürgermeister Christian Bauer eine Glückwunsch-Urkunde der Stadt Grafing an den Bräu zu überreichen.

„...Wildbräu ist ein maßgeblicher Teil der Grafinger Stadtgeschichte...“ heißt es in der Urkunde, die jetzt im renovierten Bräustüberl im „Gefreiten Haus“ am Marktplatz einen Ehrenplatz erhalten wird. Otto Hartl

Artikel vom 23.11.2021
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