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Ressourcen aus der Tiefe
Geologen erstellen 3D-Untergrundmodell von München
Experte für den Untergrund: Dr. Kai Zosseder vom Lehrstuhl für Hydrogeologie der TU Muenchen in der Geothermieanlage München-Riem. Foto: Uli Benz/TUM
München · Unsere Städte wachsen. Im Zuge dessen werden auch immer mehr Ressourcen im Untergrund genutzt – zum Beispiel beim Bau von U- und S-Bahn-Tunneln, durch Geothermie oder für die Trinkwasserversorgung. Forscherinnen und Forscher der Technischen Universität (TU) haben nun ein dreidimensionales Untergrundmodell von München erstellt – und dabei überraschende Erkenntnisse gewonnen, wie Dr. Kai Zosseder vom Lehrstuhl für Hydrogeologie im Interview erklärt.
Wochenblatt: Herr Dr. Zosseder, warum müssen wir den Untergrund von München managen?
Dr. Kai Zosseder: Prognosen
gehen davon aus, dass bis zum Jahre 2050 über 70 Prozent der Weltbevölkerung
in Städten leben werden. Dabei wachsen die Städte nicht nur über die Fläche
und in die Höhe, sondern auch in die Tiefe, etwa durch den Ausbau des U-Bahn-Netzes
oder den Bau von Tiefgaragen.
Der Untergrund stellt auch wichtige
Ressourcen für die Stadt zur Verfügung, unter anderem Grundwasser, das als
Brauch- und Trinkwasser benötigt wird oder auch die Erdwärme als erneuerbare
Energiequelle. Der Untergrund bietet zudem ein Speicherpotenzial für Wärme,
das dringend zur Flexibilisierung der Wärmebereitstellung benötigt wird.
Durch diese vielen Ansprüche ergeben sich natürlich Konflikte, da sich verschiedene
Nutzungen ausschließen. Andererseits könnten sie sich aber auch ergänzen.
Um die Potenziale optimal nutzen zu können, ist daher eine nachhaltige Raumplanung
notwendig.
Wie kann so eine nachhaltige Raumplanung gelingen?
Zosseder: Wir haben im Projekt „GeoPot“, das vom bayerischen Umweltministerium gefördert wird, ein 3D-Untergrundmodell von München erstellt. In diesem werden die Potenziale detailliert dargestellt. So hat die Stadt ein Werkzeug an der Hand, das für die Tiefbauplanung oder die Grundwasserplanung einen unschätzbaren Wert hat. Die Stadtwerke München nutzen das Modell bereits, um den U-Bahn-Ausbau besser planen zu können. Dabei können die Tunnelwände gleichzeitig an bestimmten Stellen für die Geothermie genutzt werden. Das ist aber nur möglich, wenn wir wissen, wie der Untergrund aussieht.
20.000 Bohrungen ausgewertet
Wie genau haben Sie das 3-D-Untergrundmodell erstellt?
Zosseder: Wir haben in einem
Team mit sieben Forscherinnen und Forschern über fünf Jahre die Daten gesammelt.
Dazu haben wir etwa 20.000 Bohrungen ausgewertet. Diese lagen bei der Stadt
München bereits vor, wurden aber bisher nur vereinzelt für bestimmte Vorhaben
genutzt. Für diese Bohrungen gibt es Beschreibungen der Geologie, also der
Bodenbeschaffenheit.
Wir übersetzen diese Beschreibungen in sogenannte
Kornverteilungskurven. Wir können sagen, welche Gesteinsarten, also zum
Beispiel Ton, Kies und Sand, in diesem Bohrabschnitt prozentual vorhanden
sind. Wenn viel Kies zu finden ist, heißt das, dass auch viel Wasser vorhanden
ist, wegen der höheren Wasserdurchlässigkeit. Bei einem hohen Anteil von
Sand ist beispielsweise die Wärmeleitfähigkeit höher und wir haben ein besseres
Speicherpotenzial. In den Modellen sind natürlich auch Unsicherheiten mit
einberechnet. Man kann für die Planung konservative Modelle erstellen, um
ganz sicher zu gehen, oder auch etwas optimistischere Modelle.
Haben Sie bei der Auswertung des Modells überraschende Entdeckungen gemacht?
Zosseder: Eine sehr hohe Relevanz hat die Frage, wie die Grundwasserkörper zusammenhängen. Etwa, um berechnen zu können, wie weit sich ein bestimmter Schadstoff ausbreitet. Oder auch, wenn zum Beispiel ein Trinkwasserbrunnen genehmigt werden soll, ist es wichtig zu wissen, ob hier Grundwasserstellen miteinander in Beziehung stehen. Es wurde bisher immer vermutet, dass diese Interaktionsbereiche nur an einzelnen Stellen zu finden sind. Aber in Wirklichkeit kommen sie sehr viel häufiger vor, wie wir jetzt zeigen konnten – und was uns zum Teil auch überrascht hat.
Wird das Modell noch weiterentwickelt?
Zosseder: Neue Daten, die wir durch Bohrungen, etwa aktuell im Zuge des Baus der neuen S-Bahn-Stammstrecke bekommen, werden laufend in das System eingepflegt, um das Modell noch genauer zu machen. Wir arbeiten momentan außerdem daran, Speicherpotenziale auszuweisen. Wärmespeicher im Untergrund sind für die Energieversorger sehr interessiert, und nur über ein Untergrundplanungstool können sie effizient genutzt werden. Außerdem möchten wir mit dem Modell noch weiter in die Tiefe gehen, wo sich noch weitere Nutzungspotenziale befinden.
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