Thaddäus Robl holte auf dem Rennrad zahlreiche Titel

Ein Sportheld aus München

Die Thaddäus-Robl-Straße in der Lerchenau erinnert an einen großen Sportler: Der Münchner Radrennfahrer Thaddäus Robl gewann um 1900 zahlreiche internationale Titel.  Fotos: gem, bs

Die Thaddäus-Robl-Straße in der Lerchenau erinnert an einen großen Sportler: Der Münchner Radrennfahrer Thaddäus Robl gewann um 1900 zahlreiche internationale Titel. Fotos: gem, bs

München/Lerchenau · Straßen und Wege, die nach Sportlern benannt sind, findet man in München außerhalb des Olympiaparks selten. Eine Ausnahme ist die Thaddäus-Robl-Straße in der Lerchenau, die an einen erfolgreichen Münchner Radrennfahrer erinnert, der auch Flugpionier war – allerdings sollte ihn diese Leidenschaft das Leben kosten.

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Die Krankenakte von Thaddäus Robl (1877-1910) war lang. Im Laufe seiner Karriere soll er neun Schlüsselbeinbrüche, zwei Armbrüche, einen Beinbruch und einmal sogar einen Schädelbruch erlitten haben. Dennoch fuhr er immer weiter. Dass er die Laufbahn als Profisportler ergreifen konnte, glich bereits einem Wunder. Denn als Kind erkrankte Robl, der in der Nähe von Garmisch geboren wurde, an Gehirntyphus und war zeitweise gelähmt. Nichtsdestotrotz übte er auf dem Hochrrad seines Vaters das Fahrradfahren – und wurde im Alter von 19 Jahren professioneller Rennfahrer.

Hauptsächlich bestritt Robl Steherrennen. Bei dieser Ausdauerdisziplin fährt der Rennfahrer im Windschatten eines Schrittmachers, der in der Regel motorisiert ist. Bis zur Wende vom 19. bis zum 20. Jahrhundert fuhren die Rennfahrer noch mit Fahrrädern als Schrittmacher: speziellen Vierer-, Fünfer- oder Sechserrädern mit entsprechender Besatzung. Steher (der Begriff kommt vom englischen "stay", also anhalten oder bleiben) fahren in einem dauerhaft hochgehaltenen Tempo über längere Distanzen auf einer Radrennbahn. Zu Robls Zeiten war diese Disziplin äußerst gefährlich: Vor allem wegen der mangelnden Qualität der Reifen kam es oft zu Stürzen, zahlreiche Steher oder Schrittmacher wurden schwer verletzt oder verunglückten tödlich.

Einer der größten deutschen Sportstars

Thaddäus Robl konnte als Steher zahlreiche Titel einheimsen: So wurde er 1901 und 1902 Weltmeister, zudem zwischen 1901 bis 1907 fünfmal Europameister. Auch bei deutschen Meisterschaften triumphierte er. 1900 wurde er Zweiter des 24-Stunden-Rennens "Bol d’Or" in Paris – er war dabei sagenhafte 864 Kilometer gefahren. Um die Jahrhundertwende galt der Wahl-Münchner als einer der größten Sportstars im Deutschen Reich.

Seine Heimrennen bestritt Robl auf einer Rennbahn im damals noch eigenständigen Milbertshofen, am Ort des späteren Alabama-Depots. Zwischen der Schleißheimer Straße im Westen, der Knorrstraße im Osten, der Rathenaustraße im Norden und der Eisenbahn im Süden befand sich eines der weltgrößten Radstadien. Der Industrielle Ludwig Petuel hatte die Anlage errichtet. 1914 musste sie nach finanziellen Problemen geschlossen werden.

Spektakulärer Sieg vor 40.000 Zuschauern

Umjubelt vom Publikum, feierte Thaddäus Robl im Münchner Norden gegen Ende der "Nuller-Jahre" seine letzten großen Erfolge. So brachte er mit seinem spektakulären Sieg am 14. Juni 1906 die Münchner völlig aus dem Häuschen, als er gegen internationale Konkurrenz und vor rund 40.000 Besuchern mit 91,893 km/h einen neuen Stundenweltrekord aufstellte – bereits mit Hilfe eines motorisierten Schrittmachers. In dieser Zeit war Robl der absolute Großverdiener auf deutschen Radrennbahnen.

Allerdings konnte der gefeierte Held nicht mit Geld umgehen, berichten Zeitzeugen: Gewann er an einem Wochenende einige Tausend Reichsmark, konnte er nach wenigen Tagen wieder pleite sein. 1906 kaufte Robl, der nie heiratete, seiner Mutter ein Haus in Feldmoching: die "Villa Thaddy" in der Schwarzhölzlstraße 48. Nach seinem frühen Tod hinterließ der Sportstar nur Schulden, sodass Freunde und Fans für die hinterbliebene Mutter mehrere tausend Reichsmark sammelten.

Bei Flugzeugschau tödlich verunglückt

Denn die Erfolgsgeschichte von Thaddäus Robl endete mit einem schrecklichen Unglück. 1909 war er vom Fahrrad auf das Flugzeug umgestiegen. Am 18. Juni 1910 startete er in Stettin, das damals noch zum Deutschen Reich gehörte, trotz starkem Wind zu einer Vorführung. Es kam zum Unfall – Robl wurde aus 20 Metern Höhe aus der zerberstenden Maschine herausgeschleudert und dann von deren Motor erschlagen. Er gilt als das erste Todesopfer der Zivilfliegerei auf deutschem Boden. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Südlichen Friedhof.

Zum 100. Todestag erinnerte die Flugwerft Schleißheim mit einer Sonderausstellung an den Radrennfahrer und Flugpionier – und dann ist da ja noch die Thaddäus-Robl-Straße, die seit 1947 diesen Namen trägt. Unscheinbar beginnt sie auf einer Anhöhe, gleich nördlich der Bahnunterführung in der Lerchenauer Straße. Nur etwa 1,5 Kilometer entfernt liegt der Ort, an dem Thaddäus Robl vor über 100 Jahren die Massen begeisterte.

Benjamin Schuldt

Artikel vom 27.04.2021
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