Pfarrer Cambensy: "im Blick auf das Ostergeheimnis nach vorne schauen"

München · Ostern in der 3. Welle

Auch dieses Jahr ist Ostern anders als gewohnt. Bild rechts: Die Osternacht wird heuer leider nicht in der Form wie vor ein Paar Jahren stattfinden können. F: Privat / Archivbild

Auch dieses Jahr ist Ostern anders als gewohnt. Bild rechts: Die Osternacht wird heuer leider nicht in der Form wie vor ein Paar Jahren stattfinden können. F: Privat / Archivbild

München/Moosach · Pfarrer Martin Cambensy, Leiter des Pfarrverbands Moosach-Olympiadorf, über das Corona-Ostern 2021:

"'Ich kann's Ihnen gar nicht sagen, wie ich mich aufregen könnte!' Diesen Satz habe ich in jüngerer Zeit des Öfteren gehört und manchmal wohl auch selber gesprochen. Er gehört vermutlich zum pandemiebedingten Wortschatz. Es wird sich viel aufgeregt. Über Testversagen. Über Impfversagen. Manche sprechen gar von Staatsversagen. Und es geht hin und her. Macht die Schulen auf! Sperrt die Schulen zu! Das Volk von 80 Millionen Bundestrainern hat sich zum Volk von 80 Millionen Virologen und Impfexperten entwickelt.

Ich rege mich auch auf. Über die weggeschmissenen Masken. Kein Quadratmeter frei davon. Müll auf den Fußwegen, im Grünstreifen am Straßenrand. Vandalismus. Die schönen Bankerl aus Europaletten unserer Pfarrjugend ham‘s verwüstet. Ich könnte mich aufregen über die Querdenker, die Regulierungsfanatiker, die Regelübertreter, über den Vatikan, über die Vatikan-Gegner, die Wiederholungen im Fernsehen…

Aber der größte Aufreger dieser Tage ist wohl Ostern. Einen Grabstein weggerollt. Einen Leichnam verschwinden lassen. Ja, wo kommen wir denn da hin, wenn man so gegen die Ordnung verstößt! Jesus – vorgestern noch tot am Kreuz – lebt! Der Weg ins Nichts, der Tod hat nicht das letzte Wort. Das Beste kommt noch: Leben in Fülle. Kann ich mich darauf einlassen?

Ich weiß, dass viele das nicht glauben, nicht glauben wollen oder nicht glauben können. Ich hoffe, dass diese aber jenen die Freude gönnen, der Leben in der Osterhoffnung verankert ist.

I kannt mi aufregn! Es gibt ein gutes Motto dagegen: Mach dir nix draus! Ich zitiere dazu einen alten Schlager von Franz Grothe und Horst Kudritzki:

'Schau nicht hin, schau nicht her, schau nur grade aus, und was dann noch kommt, mach dir nichts daraus.
Weißt du auch manches Mal weder ein noch aus, nimm‘s nicht allzu schwer, mach dir nichts daraus.
Geht dir nicht alles genau wie du‘s wünschst, nehm es hin, irgendwo hat jedes Ding seinen Grund und seinen Sinn.
Schau nicht hin, schau nicht her, schau nur grade aus, und was dann noch kommt, mach dir nichts daraus.'

In den letzten Monaten haben Mitmenschen Situationen erlebt, die unerträglich sind. Sie sind in Einsamkeit gestorben. Sie haben eine mühsam aufgebaute wirtschaftliche Existenz verloren und stehen vor dem Aus. Sie kommen psychisch in einer engen Wohnung mit einer großen Familie nicht mehr zurecht.

Mach dir nix draus – das klingt dann fast zynisch, aber im Blick auf das Ostergeheimnis können wir nach vorne schauen. Der Glaube kann uns in schwierigen Situationen und vor großen Herausforderungen eine beruhigende Gelassenheit schenken. Er kann uns aber auch antreiben zu aktiver Mitgestaltung unserer Umgebung.

In Moosach laufen gerade Stadtentwicklungsprozesse, die ich sehr aufregend finde. Wir alle können uns aktiv daran beteiligen. Zunächst müssen wir aber erst einmal hinschauen, wo etwas der Veränderung bedarf. Wir dürfen uns aufregen über Missstände und Mangelsituationen. Aber dann gilt es nach vorne zu schauen und in engagierter Gelassenheit sich zu beteiligen. Dann wird Ostern ein richtiges Fest des Lebens!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen frohe Ostertage als Fest des Lebens!"

Artikel vom 04.04.2021
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