Prüfung seiner Auftritte in sozialen Medien zeigt auffälliges Ergebnis

Kauft Hasan Ismaik falsche Facebook-Freunde?

Follower aus aller Welt: Hasan Ismaik. Foto: Anne Wild, Screenshot: Facebook

Follower aus aller Welt: Hasan Ismaik. Foto: Anne Wild, Screenshot: Facebook

München/Giesing · Der dem jordanischen Geschäftsmann Hasan Ismaik zugeschriebene Facebook-Account »Ismaik1860«, über den der Anteilseigner der Profifußballgesellschaft des TSV 1860 München regelmäßig seine Sicht der Welt erklären lässt, hat in Rekordzeit eine stattliche Anzahl an Followern erreicht. Allein zwischen Dezember 2019 und Mitte Januar 2020 wuchs die Schar seiner Facebook-Freunde von rund 15.000 auf über 150.000 Personen an. Fachleute halten den plötzlichen Popularitätsanstieg für das Ergebnis dubioser Methoden. Sie vermuten, Ismaik würde seine Anhängerschaft bei Facebook und Twitter mit gekauften Freunden künstlich aufblasen.

Der Twitter-Account »ismaik1860« schoss innerhalb einer Woche von 7.660 auf 18.600 Follower in die Höhe. In sozialen Medien viele Fans zu haben, lässt unbedarfte Beobachter ein gutes Renommee vermuten und dient Unternehmen, Parteien und Prominenten zur Imagebildung und als Ausdruck von Relevanz. Die Anzahl der Follower ist im Netz eine wichtige Währung. Auch wenn die reine Menge an Anhängern keine Auskunft darüber gibt, wie glaubwürdig eine Person oder eine Organisation ist. Medienunternehmen nutzen Facebook, Twitter, Instagram, Youtube und andere Kanäle ebenfalls gern zur Verbreitung ihrer Inhalte.

Die Jagd nach »Gefällt mir«-Klicks und Abonnenten ruft zweifelhafte Geschäftemacher auf den Plan. Gefakte Facebook-Freunde und Klicks werden von darauf spezialisierten Anbietern weltweit in großem Stil verkauft. Die betroffenen Plattformen sind davon nicht begeistert. Ihre Nutzungsbedingungen untersagen diesen Handel. Schließlich wollen sie die Publisher dazu bringen, Beiträge kostenpflichtig zu bewerben, um eine größere Reichweite zu erzielen. Ein Klick auf einen beworbenen Beitrag bringt der Seite jedoch nicht automatisch ein »Gefällt mir« oder einen frischen Fan. Mancher sucht deshalb nach einer simpleren und billigeren Möglichkeit neue Follower zu generieren.

Für wenige Cent pro Klick lässt sich ein Facebook-Auftritt mit gekauften Likes und Fans kräftig aufmotzen. Das Geschäftsmodell funktioniert denkbar einfach. Die Anbieter betreiben Portale, auf denen Millionen von Facebook- und Twitter-Nutzern regelmäßig vorgegebene Auftragslisten abarbeiten. Jeder registrierte User kann mitmachen und mit seinen »Gefällt mir«-Klicks Geld verdienen; Cent-Beträge wohlgemerkt.

Die Käufer der Dienstleistung erhoffen sich durch eine stetig steigende Zahl von Menschen, die vermeintlich ihrer Seite und ihren Postings folgen, ein hohes Prestige. Bezahlt wird dafür nicht bei Facebook, Twitter und Co, sondern im Tausender-Pack bei zweifelhaften Agenturen im Netz. Die schicken ihre Klickschatten aus Afrika, Asien oder Südamerika los und sorgen für das gewünschte Rauschen. Bezahlt der Auftraggeber etwas mehr, interagieren Einzelne sogar mit den Postings des Kunden und spiegeln so dem Facebook-Algorithmus Echtheit vor.

Auf dem grauen Markt für »Like-Arbeiter« sind auch deutsche Anbieter tätig. 10.000 internationale »Gefällt mir«-Klicks kosten etwa 100 Euro. Für Follower aus Deutschland ist das Zehnfache fällig. Facebook hindert Botnetze daran, Accounts automatisiert zu folgen, aber Pseudo-Likes von echten Personen sind schwerer zu erkennen. Untersucht man die Hunderttausend derer, die in den letzten Wochen teilweise im Sekundentakt zu Fans von »Ismaik1860« wurden, genauer, liegt die Vermutung auf der Hand, dass diese Personen für ihre Dienste bezahlt werden. Neben der anzunehmenden Sprachbarriere erkennen Sachverständige in sinnbefreiten oder nichtssagenden Kommentaren und Emojis unter den Postings ein weiteres typisches Indiz für Fakes.

Klug ist der Kauf von Fake-Likes und Fake-Fans für Seitenbetreiber übrigens nicht. Ganz abgesehen von der Peinlichkeit, wenn die Geschichte ruchbar wird, verwässert ein solches Vorgehen massiv die Reichweite bei Facebook. Es bekommen in Summe weniger Menschen aus der eigentlichen Zielgruppe Inhalte angezeigt. Stattdessen starren Klick-Arbeiter in fernen Ländern auf Postings, die sie nicht verstehen können. Die Facebook-Seite wird wertlos. Dass Hasan Ismaik für seine falschen Facebook-Freunde selbst in die Tasche gegriffen hat, ist unwahrscheinlich. Vielmehr scheint er einmal mehr das Opfer verfehlter Beratung durch seine Dienstleister geworden zu sein.

(as)

Artikel vom 14.01.2020
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