Beginn für Erinnerungszeichen

Erstmals Stelen und Tafeln an sechs Standorten angebracht

Erinnerungstafel für Tilly und Franz Landauer in der Königinstraße 85.	Foto rechts: Erinnerungsstele für das Psychiatrieopfer Dr. Friedrich Crusius in der Mandlstr. 21. Fotos: stauss processform, München

Erinnerungstafel für Tilly und Franz Landauer in der Königinstraße 85. Foto rechts: Erinnerungsstele für das Psychiatrieopfer Dr. Friedrich Crusius in der Mandlstr. 21. Fotos: stauss processform, München

Zentrum/Schwabing · Zwischen 1933 und 1945 wurden in München etwa 10.000 Frauen, Kinder und Männer aus politischen und rassistischen Motiven, wegen ihrer sexuellen Orientierung, ihres Glaubens, ihrer unangepassten Lebensweise und aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen oder Behinderungen verfolgt und ermordet.

Gedenktafeln und Stelen erinnern an die Opfer des Nazi-Regimes

Viele dieser Menschen gerieten in den Jahrzehnten nach Kriegsende in Vergessenheit, ihr Schicksal hatte keinen Platz im kollektiven Gedächtnis. An den einstigen Wohnorten dieser Menschen werden in München künftig Erinnerungstafeln und -stelen errichtet – auf Wunsch von Angehörigen oder auf Anregung aus der Stadtgesellschaft.

Am 26. und 27. Juli, sowie am 5. August, wurden und werden erstmals Erinnerungszeichen an sechs Standorten an die Öffentlichkeit übergeben: darunter ist eine Erinnerungsstele für Dr. Friedrich Crusius in der Mandlstraße 21 und für Therese Kühner in der Auenstraße 15.

Die Erinnerungszeichen zeigen – falls vorhanden – ein gerastertes Bild der Person und enthalten wesentliche Lebens- und Verfolgungsdaten. Erinnerungstafeln werden am Haus, Erinnerungsstelen vor dem Haus angebracht, in dem die Menschen gelebt und geaArbeitet haben.

Die Stadt München hat 150.000 Euro bereitgestellt, um in den nächsten zwei Jahren Erinnerungszeichen realisieren zu können.

»Es ist mir wichtig, dass wir in München Formen des individuellen Gedenkens an die Opfer der NS-Zeit finden«, erklärt Oberbürgermeister Dieter Reiter anlässlich der Übergabe der ersten Erinnerungszeichen.

»Mit den Erinnerungsstelen und -tafeln wird uns das in angemessener Weise gelingen. Wenn wir die ersten an die Öffentlichkeit übergeben, sind Angehörige und Vertretungen der Opferverbände anwesend. Auch das zivilgesellschaftliche Engagement wird sichtbar. Ein breiter Schulterschluss nach einer langen Diskussion. Ich wünsche mir, dass die Erinnerungszeichen ihrem Namen gerecht werden. Sie sollen an die Ermordeten erinnern und ein Zeichen setzen«.

Gabriella Meros vom Verein Respect & Remember Europe, der sich gegen die Verlegung von »Stolpersteinen« wendet, wie es auch der Münchner Stadtrat beschlossen hat, zeigt sich in einer Presseerklärung dagegen enttäuscht: »München hat die Chance versäumt, ein unabhängiges Gedenkprojekt, das sich klar und deutlich von den Stolpersteinen abhebt, zu entwickeln.

Erinnerungszeichen initiieren
Erinnerungszeichen können beantragt werden für Personen, die auf Grund nationalsozialistischer Verfolgung ihr Leben verloren haben und die zwischen dem 30. Januar 1933 und 8. Mai 1945 in den heutigen geografischen Grenzen der Landeshauptstadt München lebten, die ihren letzten Wohnsitz in München hatten bevor sie interniert, deportiert oder in eine Heilanstalt eingewiesen wurden und die in München verfolgungsbedingt ums Leben gekommen sind. Weitere Infos bei der zuständigen Koordinierungsstelle Erinnerungszeichen im Stadtarchiv München, Winzererstraße 68, E-Mail: erinnerungszeichen@muenchen.de

Seit Anfang des Jahres trifft sich in unregelmäßigen Abständen eine Gruppe von Personen, die zum Schicksal von in der NS-Zeit verfolgten Menschen recherchieren und die sich über ihre Erfahrungen bei dieser Arbeit austauschen. Die Treffen sind öffentlich. Bei Interesse kann man schreiben an: erinnerungswerkstatt-owner@yahoogroups.de

Artikel vom 01.08.2018
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