150 Jahre Münchner Gärtner-Verein wird beim Gärtnerjahrtag gefeiert

Grüner Corso durch München

Auch aus Unterhaching nehmen jedes Jahr Teilnehmer beim Gärtner-Jahrtag teil. Er findet immer am 2. Dienstag im August statt, dieses Jahr am 7. August. Foto klein: Der berühmte Münchner Radi kam in den 50ern stets schon zu Josephi auf den Markt. F: VA

Auch aus Unterhaching nehmen jedes Jahr Teilnehmer beim Gärtner-Jahrtag teil. Er findet immer am 2. Dienstag im August statt, dieses Jahr am 7. August. Foto klein: Der berühmte Münchner Radi kam in den 50ern stets schon zu Josephi auf den Markt. F: VA

München/Landkreis · Am Dienstag, 7. August, wird im Münchner Zentrum der jährliche Gärtner-Jahrtag gefeiert. Rund 30 Gärtner-Gruppen werden erwartet, die mit ihren mit Blumen, Obst und Gemüse geschmückten Wägen durch München ziehen.

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Sehr zur Freude der Zuschauer, die werden nämlich mit einem kostenlosen Blumengruß bedacht. Los geht es um 10 Uhr mit der Zugaufstellung und einem Standkonzert am Viktualienmarkt in der Blumenstraße. Der Festzug selbst setzt sich von dort in Bewegung und zieht von der Schrannenhalle über den Viktualienmarkt zum Marienplatz, um dort im »Alten Peter« um 11.00 Uhr gemeinsam einen Festgottesdienst zu feiern. Nach dem Gottesdienst, etwa gegen 12.00 Uhr, wird der Festumzug von der Peterskirche über den Marienplatz und die Dienerstraße in Richtung Hofbräuhaus fortgesetzt. Dort findet wiederum ein Standkonzert und ein Empfang im Festsaal für geladene Gäste und Gärtner statt.

Anschließend feiern die Gärtner gemeinsam die Tatsache, dass in diesem Jahr das 150-jährige Jubiläum des Gärtner-Vereins München begangen werden kann. Den jährlichen Gärtner-Jahrtag, der immer am ersten Dienstag im August gefeiert wird, gibt es indes schon weitaus länger. Er reicht zurück bis ins Jahr 1638, als für die Kunst- und Lustgärtner die erste Münchner Zunftordnung in Kraft gesetzt wurde. Mit Kurfürstlichen Erlass wurde den Gärtnern gestattet, mit einer eigenen Fahne am feierlichen Umzug »Zur Ehre Gottes« teilzunehmen.

Die genaue Geschichte der Gärtner in München und im Münchner Landkreis hat indes der ehemalige Unterhachinger Gartenbauvereins-Vorsitzende und Autor Werner Reindl erforscht und pünktlich zum Jubiläum ein Buch mit dem Titel: »150 Jahre Gärtner-Verein München – Eine Zeitreise durch Münchens Gartengeschichte« herausgegeben. In 16 Kapiteln informiert er über die Entwicklung der Geschichte der Gärtnerzunft vor Ort. Mit dem Aufblühen der Städte kam auch die Gärtnerausbildung hierzulande mehr und mehr in Schwung.

In Kurzporträts stellt Reindl die Gemüse-, Blumen-, Landschafts- und Friedhofsgärtner vor. »München und Umgebung zählte in den 1940er Jahren noch fast 800 Gartenbetriebe. 1956 waren es noch 600 und aktuell sind es noch knapp 100 Betriebe«, schreibt Reindl. War das vornehmliche Ziel der Gartenbaubetriebe zu ihrer Gründungszeit die Versorgung der Bevölkerung, verschob sich diese Ausrichtung immer weiter in Richtung Parkpflege (städtische Gartenbaubetriebe), Friedhofsgärtnereien und Blumenanbau. So finden sich in seinem Buch unter anderem Berichte über die Gartenbaugruppe München-Moosach. Dort gründete sich 1897 der Gärtnermeister-Verein Moosach. Die Moosacher Gärtner blieben ihren Anfängen treu und betreiben nach wie vor Gemüseanbau. Ihre Erzeugnisse werden in der Gärtnerhalle in der Großmarkthalle verkauft.

Reindl, der zahlreiche Quellen für sein neuestes Werk studiert hat, zitiert hier beispielsweise den Moosacher Pfarrer Joseph Knogler, der im Gründungsjahr über die Gärtner folgendes gesagt hat: »Die Gärtner sind fleißige Leute, etwas rau in der Sprache und Benehmen, verdienen im allgemeinen gut, haben auch meist einen höheren Lebensstandard als die Bauern, sind zugänglicher für jede Neuerung und Verbesserung in ihren Betrieben«. Harte Arbeit gehörte aber von je her zum Berufsstand der Gärtner, 14-Stunden-Tage und mehr waren keine Seltenheit. Werner Reindl hat aber nicht nur die Geschichte der Vereine skizziert, sondern auch Anekdoten über sie gesammelt, wo er welche finden konnte. So wird vom findigen Gärtner Kreuzinger aus Moosach erzählt, der in den 1930er Jahren mit seinem Fahrrad Touren bis nach Landshut unternahm, um dort sein Gemüse einzutauschen. Weg fuhr er mit Salat, Bohnen, Sellerie und Kohlrabi, zurück kam er stolz mit Schweinefleisch und Würsten. Der Moosacher Verein existiert übrigens bis heute und nimmt bereits seit 1900 am Gärtner-Jahrtag teil.

Auch die Gartenbaugruppe Giesing-Perlach kann auf eine lange Geschichte zurück blicken. Diese wurde 1896 gegründet, auch Ramersdorfer gehörten ihm an. In seiner Blütezeit zählte diese Gartenbaugruppe 100 Betriebe, 2017 waren es noch 24. Heute liegt der Schwerpunkt der 48 Mitglieder aus diesem Bereich auf der Friedhofsgärtnerei und dem Blumenverkauf. Eine der ersten Friedhofsgärtnereien stammte übrigens aus Giesing. Die Gärtnerei Berchtenbreiter hatte Anfang der 1960er Jahre bereits dort Potenzial entdeckt und langsam von Blumen- auf Friedhofsgärtnerei umgestellt.

Die Gartenbaugruppe München-Ost wurde ebenfalls 1896 ins Leben gerufen. In die Historie ist hier das Jahr 1984 besonders eingegangen, als der Münchner Osten das schlimmste Hagelunwetter der letzten Jahrhunderte erlebte. Das 100-jährige Jubiläum wurde noch groß in Trudering gefeiert, heute sind lediglich noch ein paar Blumen- und Gemüsegärtner übrig, die das Vereinsleben pflegen.

Auch in Schwabing siedelten sich früher mehrere Gartenbaubetriebe an. Doch wie anderswo, verdrängte der stetige Siedlungsdruck die Betriebe ins Umland. So die Gärtnerei Wilhelm Böck, die von der Hirschau über Trudering zu ihrem heutigen Sitz in Neufarn im Landkreis Ebersberg umsiedelte und in der fünften Generation den Gemüseanbau pflegt.

Für seine prächtigen Blumen sind bei den Gärtnern Angelika und Wolfgang Richter aus Eicherloh im Landkreis Erding bekannt. Damit es im Sommer genügend Blumen gibt, beginnt das Vorziehen der Stecklinge bereits im Februar. Sonderrationen tausender Blumen sät die Familie Richter übrigens speziell für den Gärtner-Jahrtag an, wie Werner Reindl zu berichten weiß. Wer seine Blumen übrigens in der Münchner Großmarkthalle verkaufen will, darf kein Langschläfer sein, denn bereits um 3.30 Uhr klingelt bei den Richters der Wecker, denn dann geht es in Richtung Großmarkthalle, um dort die Blumen zu verkaufen.

Auch Gärtnereien aus Taufkirchen und Unterhaching gehörten dem Gärtner-Verein München an. Der Unterhachinger Gärtner Martin Beck engagierte sich beispielsweise lange im Vorstand des Münchner Gärtner-Vereins. Auch dessen Sohn, Josef Beck, leitet 27 Jahre lang als 1. Vorsitzender die Geschicke des Gärtner-Vereins. Auch die Gärtnerfamilie Ertl aus Unterhaching gehört dem Verein seit mehr als 100 Jahre an. Werner Reindl trat dem Verein im Jahr 2011 bei, seitdem beteiligt sich der Gartenbauverein Unterhaching am Gärtner-Jahrtag in München.

Jetzt hoffen die zahlreichen Teilnehmer, die viel Zeit und Geld in die Ausstattung ihrer Wägen für den Festzug stecken darauf, dass Petrus ein Einsehen hat und gutes Wetter schickt, damit auch viele Besucher wieder ihren Weg säumen. Das 208-Seiten starke Buch über die Geschichte der Gärtner in München und Umgebung kostet 15 Euro und kann beim Münchner Gärtner-Verein und direkt bei Werner Reindl bezogen werden.

Bestellen kann man dies unter der Email: reindl.werner@gmx.de hw

Artikel vom 01.08.2018
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