Musikalische Brücke

Konzert des Chors der syrisch-orthodoxen Gemeinde und Chors von St. Anna

St. Anna ist auch die kirchliche Heimat der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde in München.	Foto: Thomas Effinger

St. Anna ist auch die kirchliche Heimat der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde in München. Foto: Thomas Effinger

München/Lehel · Der seit nunmehr sechs Jahren wütende Krieg in Syrien und das damit verbundene Leid war und ist stets gegenwärtig im tagtäglichen Rauschen der Nachrichten und Medien. Viel hat man gehört, gelesen und gesehen.

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Lehel · Spende für Aleppo
Artikel vom 24.06.2018: Toller Erlös bei Chorkonzert in St. Anna

Doch zwei für viele sicher unbekannte Aspekte des Landes und Alltags der Menschen dort rückt nun ein besonderes Konzert am Freitag in St. Anna in den Fokus.

Das dortige Franziskanerkloster unterhält auch eine »Filiale« in Aleppo, die viele Menschen dieser vom Krieg gebeutelten Region unter anderem mit Wasser versorgt, da es über einen der wenigen noch intakten Brunnen verfügt. Und in München gibt es seit 2015 eine Syrisch-Orthodoxe Gemeinde, die aus etwa 200 Iraker und Syrer besteht, größtenteils Flüchtlinge, und die ebenfalls in St. Anna ihre Gottesdienste feiert.

Und beide Gemeinden, die von St. Anna und die der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde, haben einen Chor. Und so kam es im Rahmen der diesjährigen Osterfeierlichkeiten zu einem näheren Kontakt zwischen den musikalisch Verantwortlichen von St. Anna sowie von der syrisch-orthodoxen Gemeinde München. Die Idee eines gemeinsamen Konzertes wurde geboren, in dem sich diese – geschichtlich wie musikalisch – sehr unterschiedlichen christlichen Kulturen auf dem Gebiet der Musik begegnen können.

Das Ergebnis ist zu hören beim gemeinsamen Konzert »Vaterunser – Christliche Musik aus Orient und Okzident« am Freitag, 8. Juni, in der Pfarrkirche St. Anna. Beginn ist um 19.30 Uhr. Leitung und Orgel: Dr. Angelika Tasler Moderation: Franziskanerbruder Natanael. Der Eintritt ist frei, Spenden zugunsten der Franziskaner in Aleppo (Syrien) werden erbeten.

Während die syrisch-arabisch-aramäischen Gesänge gleichermaßen durch ihre Verwurzelung im Ursprung des Christentums (Aramäisch war die Sprache Jesu) wie ihre Fremdartigkeit im Klang (durch ein anderes tonales System) den heutigen Europäer faszinieren, ist die Beliebtheit lateinischer Choralgesänge in unseren Landen seit Jahrhunderten ungebrochen. Eine musikalische Brücke zwischen den verschiedenen Gesangsstilen sollen drei Orgelstücke französischer Komponisten bilden, die zum Teil musikalische Elemente beider Kulturen enthalten; so ein Werk des libanesisch-französischen Komponisten und Organisten Naji Hakim.

Diese Begegnung der Kulturen im gemeinsamen Glauben, verbunden durch die Ausdrucksform der Musik, moderiert der junge Franziskanerbruder Natanel ofm aus dem Kloster St. Anna. Am Ende der Begegnung wird ein gemeinsam gesungenes Salve Regina stehen, in dem sich die Klänge der beiden Chöre, der Franziskanerbrüder, der Zuhörer und der großen Orgel in St. Anna verbinden. Dieses gemeinsame Singen ist Zeichen einer gelungenen Integration unterschiedlicher Kulturen und Völker in der Gemeinde von St. Anna im Lehel.

Die Franziskaner sind es auch, die eine direkte Verbindung zu Christen in Syrien haben: sie unterhalten ein Kloster in Aleppo, Aleppo galt als die am härtesten umkämpfte Stadt in Syrien. Fast täglich gab es Berichte aus der »Hölle von Aleppo«, und die einst blühende Metropole gleicht heute in weiten Teilen einer ruinenhaften Geisterstadt. Die dramatischen Folgen des seit nunmehr sechs Jahren wütenden Krieges für die Bevölkerung sind bis heute sicht- und spürbar, und hier leisten die Franziskaner eine überzeugende Hilfe für die gesamte Bevölkerung.

Die Spenden der Konzertbesucher werden daher komplett und unmittelbar an dieses Franziskanerkloster in Syrien weitergeleitet, so dass sich dieser Dialog der Kulturen in St. Anna auch in Syrien fortsetzt.

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche (SOK) von Antiochien gehört zu den ältesten Kirchen der Welt. Sie geht auf den Apostel Petrus zurück, der als ihr erster Patriarch gilt. Ihre Heimat ist das Grenzgebiet zwischen der Türkei, Syrien, Irak, Iran und dem Libanon. In der Liturgie der SOK wird bis heute Aramäisch gesprochen, die Sprache Jesu.

Kloster St. Anna wurde 1725 gegründet

Das Franziskanerkloster St. Anna in München wurde 1725 als Hieronymitanerkloster gegründet. Es wurde 1827 von König Ludwig I. den Franziskanern zum Nießbrauch überlassen. Seither war St. Anna Sitz der bayerischen Provinzleitung. 1912 wurde ein großer Klosterbau errichtet, der über viele Jahre hinweg Sitz der philosophisch- theologischen Hochschule der Franziskaner war.

Im Zweiten Weltkrieg wurden große Teile der Klosteranlage durch Bomben zerstört. Der Wiederaufbau begann 1947. Zwischen 2006 und 2008 wurde das Kloster umfangreich neu strukturiert und umgebaut.

Neben der Pfarreiarbeit und der Gemeinde-Seelsorge beherbergt das Kloster die Ordensleitung der Deutschen Franziskanerprovinz von der Hl. Elisabeth und ist somit der Sitz der Ordensverwaltung der Franziskaner in Deutschland. Auch die Franziskaner Mission München und das Kommissariat des Heiligen Landes mit der Zeitschrift »Im Land des Herrn« haben hier ihren Sitz. Durch Bruder Natanael, den Moderator des Konzerts, wird das Referat für die Öffentlichkeitsarbeit mit der Zeitschrift »Franziskaner« vertreten.

Seelsorgerisch werden neben dem täglichen Mess- und Beichtangebot in der Klosterkirche auch verschiedene Schwesterngemeinschaften und Altenheime in München betreut. Für hungrige und mittellose Menschen ist seit Winter 2009 wieder die Armenspeisung geöffnet. Auch Obdachlose können nachts in eigens eingerichteten Not-Unterkünften Zuflucht finden. Als Partner der Haunerschen Kinderklinik betreibt das Kloster St. Anna seit Jahren das »Projekt Omnibus«. Angehörige schwerkranker Kinder erhalten dort eine Wohnmöglichkeit in Nähe ihrer Kinder und seelischen Beistand.

Der Chor von Sankt Anna gestaltet seit vielen Jahren die kleinen und großen Kirchenfeste der Pfarrei St. Anna im Lehel und ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Gemeindelebens.

Darüber hinaus werden in der Pfarrkirche und in der gegenüberliegenden Klosterkirche regelmäßig große kirchen-musikalische Werke aufgeführt.

Der Chor von St. Anna

Im März diesen Jahres wurde diese Tradition mit dem Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart fortgesetzt, ihm gingen Felix Mendelssohns Elias im Mai 2017, Die Schöpfung von Joseph Haydn (2016), der Messias von G.F. Händel, das Weihnachtsoratorium und die h-Moll-Messe von J.S. Bach sowie Ein deutsches Requiem von Johannes Brahms voraus und diverse andere Kompositionen. Auch ungewöhnliche und selten gespielte Werke wie Ramirez’ Misa Criolla kamen in den vergangenen Jahren zur Aufführung.

Den Chorleitern Christian Richter (1974-2005) und Robert Scheingraber (2006-September 2017) folgte Dr. Angelika Tasler, die seit November 2017 als neue Kirchenmusikerin der Pfarrei den Chor und den Kinderchor von St. Anna leitet.

Artikel vom 08.06.2018
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