Ein Kulturzentrum fehlt

Die wichtigsten Stadtteilplätze standen auf der Bürgerversammlung im Fokus

Großer Andrang: Die Bürgerversammlung Perlach war auch am vergangenen Donnerstag wieder sehr gut besucht. Klare Anliegen hatten die Bürger im Gepäck. 	Foto: Red

Großer Andrang: Die Bürgerversammlung Perlach war auch am vergangenen Donnerstag wieder sehr gut besucht. Klare Anliegen hatten die Bürger im Gepäck. Foto: Red

Perlach · Einmal zu viel und einmal zu wenig – und das auf zwei zentralen Plätzen Perlachs und Neuperlachs: Auf diesen kurzen Nenner lassen sich die Hauptprobleme der Bürger aus dem 16. Stadtbezirk bringen, welche diese während der Bürgerversammlung im Schulzentrum an der Quiddestraße am vergangenen Donnerstag formulierten.

Ein allzu enger und vor allem aus Sicht der Perlacher viel zu engmaschig beparkter Pfanzeltplatz war ebenso im Brennglas der Kritik wie das fast schon kollektive Unverständnis über die aus Bürgersicht allzu schleppende Planung des Neubaus eines Kulturzentrums am Hanns-Seidel-Platz.

Doch es dauerte wie gewohnt eine Weile, bis die Perlacher ans Mikrofon durften. Denn vorab durften erst einmal Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD), der BA-Chef Thomas Kauer (CSU) und Polizeidirektor Steffen Küpper erst einmal und nicht nur mit Blick auf die laufenden, umfangreichen Feierlichkeiten zu 50 Jahren Neuperlach ein weitgehend zufriedenes Stimmungsbild für den Stadtteil zeichnen. Über den größten Stadtbezirk Münchens, der deshalb auch wieder zwei Teil-Bürgerversammlungen abhält. Jene in Ramersdorf wird am 22. Juni stattfinden. Zu Teil eins in der Mensa des Schulzentrums Perlach-Nord waren erneut über 250 Bürger aus Perlach gekommen. Als sie dann dran waren, hatten die Menschen vor Ort einiges zu sagen.

Hauptthemenpunkt war, wie allgemein erwartet, der schleppende Fortschritt am Hanns-Seidel-Platz. Zwar hatte BA-Chef Kauer in seinem Rechenschaftsbericht einen Baubeginn für das ersehnte Kulturzentrum dort auf Ende 2020 recht genau terminiert und war bereits vor Wochenfrist mit dem ersten Spatenstich auch der Startschuss für den Wohnungsbau am Platz erfolgt. Doch das reichte den Bürgern nicht. Von fehlendem Fortschritt für das so wichtige, repräsentative Zentrum bis zum falschen Timing beim Bau von Wohnungen und Kulturzentrum war die Rede. Ulrich Höhnberg etwa kritisierte, dass die Bewohner der zum »verspäteten Baubeginn des Kulturzentrums« wahrscheinlich fertiggestellten Wohnungen dann den gesamten Baulärm und die Störungen abbekämen. Reichlich Applaus bekam Höhnberg auch für seine unmissverständliche Frage: »Wie lange sollen wir denn noch auf den Bau des Kulturzentrums warten?«, die er besonders an die anwesende Stadt-Spitzen-Vertreterin Strobl richtete.

BA-Chef Kauer übernahm. Vonseiten der Stadt werde intensiv an der Lösung mit dem Privatinvestor gearbeitet. Es gebe aber noch die ein oder anderer bautechnische und baurechtliche Problematik zu lösen. Bürger Höhnberg ordnete, wie andere Bürger beifällig unterstrichen, den avisierten Baubeginn als zu spät ein. Ferner solle die Stadt intensiv darüber nachdenken, ob sie das repräsentative Zentrum auf dem derzeit noch mit vielen Kraftfahrzeugen verparkten Platz nicht selbst in Angriff nimmt –und dafür auf einen Privatinvestor verzichte. »Was spricht eigentlich dagegen, dass die Stadt hier selbst baut?«, legte Ulrich Knauer nach. Als Vorsitzender des Trägervereins des Kulturhauses ist er voll drin in der Materie. Seine klare Forderung, die Stadt zu verpflichten, 2020 »mit dem Bau anzufangen«, fand kollektive Unterstützung im Saal. Vom Willen der Perlacher und Neuperlacher künde ja auch die Protest-Graffiti, die auf der Westwand des Kulturhauses abgebildet sei. Als »Mahnmal«, so Knauer, solle diese bis zum tatsächlichen Baubeginn stehen bleiben.

Nur auf den ersten Blick beschaulicher als am Hanns-Seidel-Platz geht es unweit westlich am grundsätzlich schönen Pfanzeltplatz inmitten Alt-Perlachs zu. Von »Trauerspiel« bis »Verlotterung« ist bei den Bürgern die Rede, wenn sie auf ihr Zentrum blicken. »Dringender Handlungsbedarf« wird dort attestiert. Von Aufenthaltsqualität kann nach mehrstimmiger Einschätzung der Bürger »nahezu keine Rede mehr« sein. Den Hauptgrund sehen die Bürger im überbordenden Verkehr und den vor allem aus ihrer Sicht zu vielen parkenden Autos »überall auf dem Platz«. Noch beim Umbau des Platzes habe die Stadt versprochen, das Areal werde anschließend verkehrsberuhigt. »Nichts« sei davon passiert, erregte sich ein Perlacher. Eng geht es aber offenbar nicht nur am Pfanzeltplatz zu.

Auch die örtliche Grundschule am Pfanzeltplatz gelange an Kapazitätsgrenzen. Ein klares Bild von den Raumnöten dort zeichnete Barbara Teutsch seitens des Elternbeirates. Sie forderte vom zuständigen Referat für Bildung und Sport klare Lösungen – und nannte Zahlen. Mit heute 290 Schulkindern sei die Einrichtung schon sehr beengt. Wenn demnächst aus dem neuen, großen Wohnquartier an der Hochäckerstraße noch einmal »bis zu 250 Kinder« kämen, sei die Situation nicht mehr zu bewältigen. Keinesfalls dürften die Dritt- und Viertklässler ausquartiert werden, um Platz für neue Schüler zu schaffen. »Reissen Sie die Schule nicht auseinander«, lautete ihr klares Postulat. Ihr entsprechender Antrag wurde einstimmig von der Versammlung unterstützt.

Angesichts der großen »Platz«-Probleme gerieten andere Themen fast ein wenig in den Hintergrund. Eine »Verlotterung« am Ostpark stellte eine Bürgerin fest: »Die Anlage verkommt zum Grill- und Hundeparadies«. Die Stadt vernachlässige diesen an sich wichtigen Erholungsbedarf eklatant, befand die Anwohnerin. »Der Park wird zunehmend sich selbst überlassen«, kritisierte die Dame. Eine städtische Parküberwachung finde faktisch nicht statt und müsse dringend intensiv betrieben werden. Mehrheitlich unterstützt wurde das Anliegen ebenso wie der Antrag »Finger weg vom Kustermannpark« mit Blick auf die dort üppig geplanten Nachverdichtungen. Volkes Wille in dieser Frage war schon mal ein klarer Fingerzeig für den 22. Juni. Denn der Kustermann-Park liegt zwar innerhalb des Riesen-Stadtteils, aber eben auf Ramersdorfer Terrain. Dort wird’s zum Thema dann wohl im Juni hoch hergehen. Die Themen im 16. Stadtbezirk werden nicht ausgehen. Da können Politik und Polizei sich noch so zufrieden äußern. RedP

Artikel vom 30.05.2017
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