Offenes Volksliedersingen kommt bei jungen Münchnern an

Isarvorstadt · »Allein ist doch fad«

Beleben seit November 2012 die Singtradition in der Münchner Innenstadt wieder: Simone Lautenschlager und Josef Zapf.	Foto: scy

Beleben seit November 2012 die Singtradition in der Münchner Innenstadt wieder: Simone Lautenschlager und Josef Zapf. Foto: scy

Isarvorstadt · Denkt irgendwer, dass Volkslieder langweilig sind? Simone Lautenschlager und Josef Zapf jedenfalls wollen das Gegenteil beweisen.

Und bieten deshalb ein »Offenes Singen« in der »Kulisse« des Wirtshaus Fraunhofer, Fraunhoferstraße 9, an: Ein- und mehrstimmiges Singen mit bairischem und alpenländischem Liedgut. »Gemeinschaftliches Singen hat eine lange Tradition hier in München, und daran knüpfen wir an«, sagen die beiden Musiker. Jeder dürfe sich dabei willkommen fühlen und ausprobieren. »Es soll Spaß machen, das ist die Hauptsache.«

Anders gesagt: Die Ausrede »Ich kann nicht singen«, gilt hier nicht. »Das sagen die Leute ja oft, dass sie nicht singen können, oft wurde ihnen die Freude daran bereits in der Schule ausgetrieben«, erzählt Lautenschlager. Und so wollen sie mit ihrem Angebot die Freude quasi wieder zurückbringen. Freilich dürfen sich nicht nur die »Geschädigten« angesprochen fühlen. »Es gibt genug Leute, die wahnsinnig gerne singen, aber so alleine ist es einfach fad«, so die studierte Musikerin weiter. Natürlich, es gäbe zig Chöre in München und Umgebung, doch dort habe gemeinschaftliches Singen eine andere Struktur und andere Ziele. »Im Singkreis wollen wir nur eines, nämlich Singen«, sagt Josef Zapf. Es werde also beispielsweise keine Auftritte geben, man könne ganz entspannt und ohne Ehrgeiz an die Sache rangehen. Vorkenntnisse sind keine Bedingung, man muss also keine Ahnung haben von Noten und auch Bayerisch sprechen ist keine Pflicht. Wer nicht regelmäßig kommen will, auch okay. Wer zwischendurch mal nicht mitsingt, etwa weil ihm die Stimmlage in einem Lied zu hoch ist, völlig in Ordnung.

Jeden dritten Sonntag im Monat von 19 bis 21 Uhr heißt es nun im Rückgebäude des Fraunhofer, in der so genannten »Kulisse«: Auf geht’s zum Singen. Der Kreis ist noch in seinen Anfängen, im November 2012, zum ersten Treffen, kamen elf Leute, im Dezember waren es 30, darunter auch Kinder. Der Eintritt ist frei, einen Verzehrzwang gibt es nicht, wer mag, gibt eine freiwillige Spende in den Hut. Die nächsten Treffen finden am 17. Februar, 17. März und 21. April statt. Gerne können übrigens auch Begleitinstrumente mitgebracht werden. Um die Auswahl der Lieder kümmert sich Simone Lautenschlager, sie ist auch die so genannte Ansängerin der Lieder, Josef Zapf hingegen mischt sich unter die Leute und unterstützt dort die Stimmen.

Unterstützt werden die Singstunden vom Bayrischen Landesverein für Heimatpflege e.V. Kein Wunder, denn hier geht es um eine Tradition, die bis in die frühen 50er-Jahre zurückreicht. Nach dem Krieg bildeten sich an vielen Orten Gesangsgruppen, in München gab es die »Münchner Treffen« mit Singleiter Erich Mayer. Programm war vorwiegend Alpenländisches aus Österreich und Oberbayern, orientiert an den Sing-Blättern vom Fanderl Wastl. Josef Zapf, mit Bruder Rudi in der Innenstadt aufgewachsen, erinnert sich an diese Zeiten. »Wir sind da schon als Kinder hin, jeden zweiten Donnerstag im Monat«, erzählt der Hobbymusiker. »Das war für uns das Höchste, auch weil wir dann mal während der Woche bis halb zehn aufbleiben durften.« Während draußen auf dem Land die Singkreise weiterlebten, kam in München in den 90er-Jahren das Aus. Die Leute sind, wie Zapf sagt, weggestorben, es kamen keine Jungen mehr nach.

Doch die Nachfrage ist da. Sowohl Lautenschlager wie auch Zapf, die regelmäßig in Wirtshäusern singen, hören immer wieder, »dass die Leute Lust da drauf haben«, wie sie sagen. Unter anderem im Kleinen Konzertsaal im Gasteig lud Lautenschlager mehrmals zum offenen Singen. »Es war immer gerammelt voll«, sagt sie. In ihrer Freizeit würden sich, glaubt Lautenschlager, die Leute nicht nur berieseln lassen, nicht nur in die »Kiste« reinglotzen wollen, sondern auch aktiv werden. »Die Leute wollen etwas tun, sie wollen sich ausprobieren, das ist eine gute Entwicklung«, befindet die Musikerin. »Und vor allem auch, sie wollen es nicht alleine tun. In diesen Zeiten ist Gemeinschaft wichtiger denn je«, so Zapf. Sylvie-Sophie Schindler

Weitere Informationen unter Theater im Fraunhofer an der Fraunhoferstraße 9, Telefon 0 89/26 78 50 oder direkt bei Josef Zapf unter 01 71/5 17 17 24 oder E-Mail josefzapf@gmx.de.

Artikel vom 22.01.2013
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