Das Wirtshaus wird 25: Was war dort eigentlich so alles los?

Zentrum · Familie Schlachthof

Norbert Kraft und seine Tochter Michaela können sich keinen schöneren »Job« als in ihrem Wirtshaus vorstellen.	Foto: scy

Norbert Kraft und seine Tochter Michaela können sich keinen schöneren »Job« als in ihrem Wirtshaus vorstellen. Foto: scy

Zentrum · Es gab Zeiten, da interessierte sich Deutschlands Rate-Onkel Günther Jauch noch nicht dafür, aus seinen TV-Gästen Millionäre zu machen. Am Anfang seiner Karriere moderierte er noch beim Bayerischen Rundfunk – und war jeden Montag in der Talk-Sendung »Live aus dem Schlachthof« zu sehen.

Also an jenem Ort, der heuer Jubiläum feiert: 25 Jahre ist das legendäre »Wirtshaus im Schlachthof« inzwischen alt. Und Günther Jauch ist nur einer der vielen prominenten Namen, die man findet, wenn man sich die Liste der Künstler anguckt, die hier aufgetreten sind. Darunter Chuck Berry, Udo Lindenberg, Eros Ramazotti, Wolfgang Ambros, Werner Schmidtbauer und allen voran Publikumsliebling Ottfried Fischer, der mit »Ottis Schlachthof« seit Jahren regelmäßig im Fernsehen zu sehen ist. »Wir sind alle eine große Familie«, sagt Norbert Kraft, seit sechs Jahren Chef der Kultgaststätte.

Dabei war sich der gelernte Hotelfachmann erstmal gar nicht so sicher, ob er nach seiner Zeit im »Wirtshaus am Rosengarten« überhaupt noch weiter in der Gastronomie arbeiten sollte. Noch dazu kam: Als ihm das »Wirtshaus im Schlachthof« angeboten wurde, lief der Betrieb schlecht, die Gästezahlen waren mäßig. »Doch dann kam ich hierher und habe gesehen, was das Haus hergibt und war sofort begeistert«, erzählt Kraft. Die Möglichkeit, Kultur und Gastronomie zu verbinden, erschien ihm besonders verlockend: Das habe den Ausschlag gegeben. »Ich bin froh, dass ich mich so entschieden habe. Es gibt für mich keinen schöneren Beruf auf dieser Welt«, freut sich Kraft. »Eigentlich ist es überhaupt keine Arbeit, nicht im klassischen Sinne, im Grunde ist es ein Hobby geworden.« Auch Tochter Michaela, die unter anderem die vielen Künstler betreut, kann sich nichts Besseres vorstellen. »Mich macht mein Job sehr glücklich«, sagt die 21-Jährige.

Rückenstärkung gab es von Anfang an, insbesondere durch Ottfried Fischer, der Norbert Kraft auf die Schulter klopfte und Mut zusprach: »Burli, des mach´ma scho´, ich helf´dir.« An diese Szene erinnert sich der Gastronom heute noch gerne. »Das gehört mit zum Schönsten, was ich hier erlebt habe«, sagt er. »Hätten andere nicht an mich geglaubt, ich weiß nicht, wie weit ich gekommen wäre.« Und tatsächlich, der »Burli« hat den Betrieb wieder hübsch zum Laufen gebracht – und das ohne jegliche finanziellen Zuschüsse von der Stadt. Im Schnitt kommen gut 200 Gäste täglich, zwischen 300 und 350 Veranstaltungen gibt es im Jahr auf insgesamt drei Bühnen. Im Saal treten sozusagen die »alten Hasen« auf, Newcomer bekommen ebenso ihre Chance, und zwar auf der kleinen Bühne »Ox« und musikalische Rhythmen, etwa den »Tango Argentino« und die »Ü33-Party« gibt es in der »Ku(h)bar«. Und weil es an spannenden Künstlern nicht mangelt, will Kraft in Zukunft, wie er sagt, »die Schere noch weiter öffnen«. Er sei da sehr aufgeschlossen. Einzige Einschränkung: Wer auf die Schlachthof-Bühnen will, sollte Kabarettist oder Musiker sein.

Künstlerort früher »Gaststätte Viehhof«

Heute ein Ort für Künstler, früher ein Ort für Schlachtvieh? Sicher, der Name legt die Vermutung nahe. Doch das Wirtshaus war schon immer ein Wirtshaus, nur eben mittendrin im Schlachthofviertel. Damals hieß es noch »Gaststätte Viehhof« und zum Essen kamen vor allem die rundherum Beschäftigten und die Lieferanten. Die typische Backsteinfassade stammt aus dem Jahre 1879, innen sind die dunklen Holzvertäfelungen an den Wänden im Original erhalten. Das Gasthaus steht unter Denkmalschutz, das Saalgebäude gehört laut einem Gutachten des Amtes für Denkmalpflege zu den herausragenden Baudenkmälern Ende des 19. Jahrhunderts in München. Doch der Zahn der Zeit hinterließ irgendwann seine Spuren: Ende April 1992 wurde der Betrieb wegen dringender baulicher Maßnahmen geschlossen. Wer allerdings die Kosten für die Renovierung tragen sollte, war umstritten, es gab endlose Diskussionen zwischen der Brauerei, der Stadt München und dem zukünftigen Betreiber – letztlich konnte man sich einigen und 1995 öffnete die Location ihre frisch renovierten Pforten wieder. Wäre ja schade drum gewesen, wenn nicht. Denn das »Wirtshaus im Schlachthof« ist nicht nur Anziehungspunkt für seine Gäste und für nationale und internationale Künstler, sondern auch für Fernsehmacher. Bereits 1986 – noch vor der offiziellen Eröffnung im Folgejahr – wurde in der Schlachthofgaststätte und im angrenzenden Saal die bayerische Serie »Große Freiheit« gedreht, zu der Haindling die bekannte Titelmelodie »Paula« schrieb.

Filmteams sind oft zu Gast

Und auch heute rücken regelmäßig Kamerateams an, etwa um Szenen für den »Tatort« und »Um Himmels Willen« zu drehen. »Kein Tag hier ist wie der andere«, sagt Norbert Kraft. Auch das mag er, die Abwechslung. »Ich habe es wirklich gut getroffen«, bekräftigt er und lacht. Weitere Informationen gibt es unter www.im-schlachthof.de. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 18.09.2012
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