Kinderhaus Lichtblick: Kunstprojekt soll Heimkehrerlicht symbolisieren

Hasenbergl · Dem Vergessen vorbeugen

Das Heimkehrerlicht an der Fassade des Kinderhauses Lichtblick stammt von Künstler Andreas Horlitz (r.). 	Fotos: Privat/ws

Das Heimkehrerlicht an der Fassade des Kinderhauses Lichtblick stammt von Künstler Andreas Horlitz (r.). Fotos: Privat/ws

Hasenbergl · Korona, Heimkehrerlicht, Kompass – an der dunkelgrauen Fassade des Kinderhauses Lichtblick der Pfarrei Mariä Sieben Schmerzen an der Thelottstraße 28 sollte man nicht achtlos vorbeigehen oder vorbeiradeln, sondern den Blick nach oben werfen: Seit ein paar Tagen sind dort zwei neue Kunstwerke zu sehen.

»Lichtblick« im Hasenbergl

Hochoben auf der Westfassade des Gebäudes ist ein Kompass als Foto-Glasbild aufgetragen, und zwar auf der Nordseite eines Fensters. Auf der Südseite des Hauses Lichtblick ist rechts von der Korona auf einem schmalen, länglichen Fenster eine weiße Kerze mit Flamme auf blauem Grund zu sehen. Man könnte fast meinen, die Kerze brennt. Dabei ist es ebenfalls ein Foto-Glasbild.

Dieses Kunstprojekt soll das sogenannte Heimkehrerlicht symbolisieren, und zwar in Erinnerung an die Geschichte des früheren DP-Lagers Frauenholz (für Displaced Persons). Es war nach dem Einzug der Amerikaner am 30. April 1945 genau dort, wo die jetzige Kirche Mariä Sieben Schmerzen steht. Der neu gestaltete Kirchplatz sei also sehr geschichtsträchtig und bilde zudem eine Visitenkarte für die ganze Stadt, erläutert Pastoralreferent Otto Lang vom Kirchenverwaltungsvorstand in einem Schreiben an den Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl.

Direkt neben Kirchplatz und Kinderhaus Lichtblick verläuft der Geh- und Radweg vom Hasenbergl in Richtung Oberschleißheim. »Nicht nur am Wochenende sind dort viele Spaziergänger, Wanderer und Radfahrer unterwegs. Und sie stammen nicht nur aus dem Hasenbergl, sondern auch aus Milbertshofen und dem Harthof. Es ist wichtig, ihnen allen die Bedeutung des geschichtlichen Ortes nahe zu bringen«, beschreibt Pastoralreferent Lang die Idee des Heimkehrerlichtes.

Der Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl unterstützte dieses Kunstprojekt nun mit einem Zuschuss in Höhe von 1500 Euro aus seinem BA-Budget. Der Bezirksausschuss Milbertshofen-Am Hart stellte hingegen kein Geld zur Verfügung, weil der Stadtteilbezug nicht gegeben sei. Denn das Kinderhaus Lichtblick liege ganz im Norden des Hasenbergls, nur wenige Meter von der Stadtgrenze entfernt. Die Kunstprojekte am Kinderhaus Lichtblick stammen von dem bildenden Künstler Andreas Horlitz. Sie werden hauptsächlich finanziert von der Pfarrei Mariä Sieben Schmerzen und vom Erzbischöflichen Ordinariat München. Sie hatten den international tätigen Künstler mit Wohnsitz in München und Berlin beauftragt, die Außen- und Innenwände des vor einem Jahr eröffneten Hauses Lichtblick zu gestalten. Hier werden rund 50 Mädchen und Buben aus sozial schwierigen Verhältnissen betreut.

Im Zuge der künstlerischen Gestaltung des Hauses wurde auf der schlichten, dunkelgrauen Fassade nach Horlitz’ Idee eine Korona angebracht: Sie entsteht, wenn sich der Mond genau vor die Sonne schiebt. Dann bildet sich ein Strahlenkranz der Sonne um den Vollmond. Die Korona solle Sinnbild für die Hoffnung sein, und zwar für die Kinder und Jugendlichen, die im Haus Lichtblick tagsüber eine zweite Heimat finden, erläutert der Künstler. Zugleich steht die Korona in der katholischen Kirche als Symbol für das Paradies. Auf dem Mond inmitten des Sonnenbildes ließ Horlitz Platin auftragen. Das führe zu Reflektionen des natürlichen Sonnenlichtes. Wenn die Sonne scheint, dann werden deren Strahlen durch das platinbesetzte Innere der Korona wiedergespiegelt. Kürzlich wurde zusätzlich ein LED-Licht in die Korona eingebaut, damit der Strahlenkranz noch intensiver leuchtet als bisher. Das Heimkehrerlicht ist immer gleich hell.

Der Kompass werde hingegen von morgens um 6 Uhr bis spätabends um 23 Uhr leuchten, kündigte Hanns-Martin Römisch vom Baureferat der Erzdiözese München und Freising auf Nachfrage an. Die Idee des Heimkehrerlichtes erläutert Künstler Horlitz so: In ganz Deutschland sei es nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs üblich gewesen, dass Frauen Lichter in die Fenster stellten als Zeichen, dass sie auf ihre aus dem Krieg heimkehrenden Männer warteten. In den Baracken des DP-Lagers Frauenholz (Lager Schleißheim) – dem Ordinariat zufolge das größte DP-Lager in Deutschland – waren unter anderem ehemalige Zwangsarbeiter untergebracht sowie Kriegsgefangene aus der Ukraine und Russland.

Die Stadt München kaufte 1953 das verwahrloste leere Lager vom Staat, um Obdachlose unterzubringen. Ein Teil der Baracken wurde durch Steinbauten ersetzt. 1964 wurde das Lager aufgelöst. Das DP-Lager sei also »die Keimzelle der Besiedelung vom Stadtteil Hasenbergl«, resümiert Pastoralreferent Lang von Mariä Sieben Schmerzen. Neu auf der Westfassade des dunkelgrauen Gebäudes ist der barocke Kompass, als Foto-Glaskunst auf einem Fenster nach Norden hin aufgetragen. Der Winkel der Kompassnadel ist wie das Haus Lichtblick fast in Süd-Nord-Richtung angebracht und zeige den Richtungsgrad des barocken Fürstenweges auf, berichtet Horlitz. Der Fürstenweg verläuft heute noch von Schloss Schleißheim aus direkt auf den Nordturm des Doms der Münchner Frauenkirche zu. Der Kompass hat eine zweite Bedeutung: »Er ist ein Symbol, damit die Kinder im Haus Lichtblick den richtigen Weg finden«, erläutert der international tätige Künstler. W. Schmidt

Artikel vom 01.02.2011
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