Auf dem Turm von Mariahilf liegt einem München zu Füßen

Au · Ganz nach oben

Auf dem Turmbalkon von Mariahilf. In der Mitte  hinten erkennt man den roten Quader des Kulturzentrums am Gasteig, rechts die Kirche St. Johann Baptist. Pfarrer Markus Gottswinter führt die  Besucher auf die höchste Stelle der Au.	Fotos: gh

Auf dem Turmbalkon von Mariahilf. In der Mitte hinten erkennt man den roten Quader des Kulturzentrums am Gasteig, rechts die Kirche St. Johann Baptist. Pfarrer Markus Gottswinter führt die Besucher auf die höchste Stelle der Au. Fotos: gh

München/Au · Der Ton ist so intensiv und laut, dass er körperlich fühlbar ist. »Salvator« bringt mit kräftigen Schlägen ihres Klöppels den ganzen Glockenstuhl zum Brummen und Vibrieren. Die Besucher halten sich fest die Ohren zu und beobachten das Schwingen der mächtigen Glocke, die 6,5 Tonnen wiegt, auf dem tiefen Ges erklingt und somit die zweittiefste Glocke Bayerns ist.

Das alles hat Mesner Richard Schmidt den Teilnehmern der Turmführung in Mariahilf erzählt, bevor er mit elektrischer Hilfe die »Salvator«, deren Klöppel allein 300 Kilo wiegt, zum Klingen gebracht hat. Richard Schmidt assistiert Pfarrer Markus Gottswinter dabei, den interessierten Besuchern voller Stolz eines der sakralen Vorzeigestücke Münchens zu präsentieren. Mariahilf ist kirchenarchitektonisch von Bedeutung. Mit ihrer Planung begann in der Kunstgeschichte Mitteleuropas die Zeit der Neugotik. Die Grundsteinlegung erfolgte 1831, die Weihe acht Jahre später.

Pfarrer Gottswinter: »Die Kirche wurde im Krieg durch Luftangriffe erheblich beschädigt, lediglich die Außenmauern und der stark in Mitleidenschaft gezogene Turm blieben stehen.« Alle keuchen schwer. Die Wendeltreppe und die schmale Stiege an den mächtigen Glocken vorbei, sind nicht leicht zu erklimmen. Aber nach 244 Stufen ist er erreicht: der höchste Punkt der Au. Und der Blick ist atemberaubend, vor allem bei klarem Wetter, ganz München liegt dem Besucher in allen Himmelsrichtungen zu Füßen. Auf dem umlaufenden Balkon hat man einen wunderbaren Blick bis weit ins Hinterland.

Wenn man sich satt gesehen hat, geht es wieder hinunter, vorbei am Uhrwerk mit seinen langen Drehstangen für Stunden- und Minutenzeiger und an den »Kolleginnen« der Salvator: Maria (drei Tonnen, B-Klang), Joseph (eineinhalb Tonnen, Des) sowie die beiden kleinen Glocken Herz Jesu (Es) und Aloysius (Ges, eine Oktave über der Salvator-Glocke). Das fünfstimmige Geläut ist eines der schwersten in Süddeutschland. Mesner Richard Schmidt reicht den Kindern unter den Turmbesteigern eine große Stimmgabel. Mit ihr dürfen alle reihum die dicke Salvator ertönen lassen. Sie staunen über den großen Klang verursacht nur durch eine kleine Handbewegung.

Die Königin der Instrumente piepst und brummt

Vor dem Aufstieg in den Turm hat Pfarrer Gottswinter auch nur kleine Handbewegungen gebraucht, um die Königin unter den Instrumenten zum Klingen zu bringen. »Was wollt ihr hören?«, fragt er die Kinder, die sich um ihn und den Orgeltisch versammelt haben. »Oh Tannenbaum!« »Kling Glöckchen klingelingeling!« Pfarrer Gottswinter zieht die Register und erfüllt beide Wünsche. Er lässt auch die höchste Pfeife piepsen und die tiefste sonor brummen und erklärt, was es mit den spanischen Trompeten auf sich hat, die waagerecht zwischen den anderen Pfeifen vorstehen. Am Ende zieht er alle 72 Register und demonstriert, was in seiner 5-manualigen Orgel für akustische Mächte schlummern. Der Lärm, die Power des Instruments ist auf der Empore beinahe nicht auszuhalten. Der kleine Alexander (5) und seine Mama waren schon einmal bei einer Turmbesteigung dabei. Es hat ihnen so gut gefallen, dass sie wieder hoch wollten, ganz nach oben. »Aber diesmal durfte ich an die Salvator schlagen!«, freut sich Alexander.

Die nächsten Turmführungen sind an den Samstagen, 4., 11. und 18. Dezember. Treffpunkt ist immer um 11 Uhr am Taufbecken. Die Führung ist kostenlos. Anmeldung spätestens jeweils am Donnerstag vor den Terminen unter der Telefonnummer 0 89 / 6 51 28 66 sowie per E-Mail: mariahilf.muenchen@erzbistum-muenchen.de. Gabriele Heigl

Artikel vom 30.11.2010
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