Veröffentlicht am 27.04.2023 12:02

Aus der Zeit gefallen

Die über hundert Jahre alte Schule an der Fürstenrieder Straße 30 ist heute Grund- und Mittelschule. (Foto: Beatrix Köber)
Die über hundert Jahre alte Schule an der Fürstenrieder Straße 30 ist heute Grund- und Mittelschule. (Foto: Beatrix Köber)
Die über hundert Jahre alte Schule an der Fürstenrieder Straße 30 ist heute Grund- und Mittelschule. (Foto: Beatrix Köber)
Die über hundert Jahre alte Schule an der Fürstenrieder Straße 30 ist heute Grund- und Mittelschule. (Foto: Beatrix Köber)
Die über hundert Jahre alte Schule an der Fürstenrieder Straße 30 ist heute Grund- und Mittelschule. (Foto: Beatrix Köber)

„Lern für die Zeit, werd‘ tüchtig fürs Haus! Gewappnet ins Leben trittst du hinaus!“ Dieser Spruch ist über einem der beiden Eingänge zur Schule in der Fürstenrieder Straße 30 zu lesen. Er wirkt nicht nur wegen der Wortwahl aus der Zeit gefallen, sondern v.a. wegen des Rollenbildes, das er anspricht – der Eingang galt einst den Mädchen, die hier zur Schule gingen. Am zweiten Eingang, der früher den Knaben vorbehalten war, mahnt ein anderer Spruch. Der Kulturausschuss im Bezirksausschuss Laim (BA 25) macht sich jetzt dafür stark, dass ein Erläuterungsschildchen die beiden Sprüche künftig in ihren historischen Kontext stellt.

Die Schule an der Fürstenrieder Straße wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und gehört heute zu den Wahrzeichen Laims. Das Gebäude gibt Zeugnis über die Geschichte und Baukultur der damaligen Zeit. Kleine Giebel und Zierrat sowie das Zwiebeltürmchen, das aus dem Dach emporragt, gehören zu den typischen Merkmalen des Baustils der Epoche. So wundert es kaum, dass auch der Text, der über den beiden Eingangstüren zu lesen ist, in Inhalt und Wortwahl den Anschauungen der Zeit entspricht. Wo heute Grund- und Mittelschüler durchgehen, mussten vor über hundert Jahren Mädchen und Jungen getrennt ins Schulhaus. Über dem Eingang der Jungen ist bis heute zu lesen: „Stähl‘ deine Kraft, greif wacker an! Ein rechter Knab‘ - ein rechter Mann.“ „Die Texte stellen die Erziehungsziele der wilhelminischen Epoche dar“, erklärt Gerhard Laub (Grüne), Mitglied im Unterausschuss für Kultur im BA Laim. „Die Texte sollen nicht verändert werden, aber in einen Kontext eingeordnet werden.“ Dafür setzt sich nun der Unterausschuss Kultur im BA ein.

Experten sollen Text erstellen

„Die in den Sprüchen ausgedrückte Rollenzuweisung für Jungen und Mädchen sind nicht nur in Bezug auf Gleichberechtigung der Geschlechter kritisch zu sehen, sie bilden auch eine Folie für unheilvolle Entwicklungen Deutschlands in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“, erklärt der UA Kultur unter Vorsitz von Margit Meier (SPD) in seinem jüngst im BA eingereichten Antrag. Darin fordert der Unterausschuss, dass die beiden Sprüche mittels einer erläuternden Texttafel kritisch kommentiert werden sollen. Auch solle die Tafel die Aufmerksamkeit von Passanten auf die künstlerisch hochwertige Gestaltung der Eingänge lenken und zugleich zu einer Auseinandersetzung mit den damaligen und heutigen Erziehungsidealen anregen. Die konkrete Formulierung des Erläuterungsschildchens will der Kulturausschuss indes Profis überlassen und macht daher auch keinen eigenen Vorschlag. „Historisch versierte Experten“ sollen den Text dafür entwerfen, so fordert es der UA Kultur in seinem Antrag. Dieser Text solle dann dem BA wie auch der Schule vorgelegt werden.
Einstimmig entschied der BA Laim, der Forderung des Kulturausschusses zu folgen und verabschiedete den Antrag in seiner jüngsten Sitzung. Damit wird nun die Stadtverwaltung dazu aufgefordert, die Anbringung und Erstellung entsprechende Erläuterungstafeln zu prüfen.

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