In der Zunftstraße gibt es ein Grundstück, dessen einfacher Holzzaun nicht enden will und hinter dem sich beeindruckende Bäume erheben. Es ist wie ein kleines Wäldchen, eine Naturoase, mitten in Haar: das Waldheim der Bürger-Sänger-Zunft. Bereits seit über 100 Jahren ist dieses 5.000 Quadratmeter große Areal im Besitz des musikalischen Traditionsvereins. Scharen von »Zünftlern« verlebten hier wundervolle Stunden, es wurden rauschende Feste gefeiert und natürlich musiziert.
Doch schon in den 80er-Jahren verfiel das große Grundstück in einen Dornröschenschlaf.
Das soll sich nun ändern: Das Leben wird zurückkommen, denn ab dem Frühjahr 2010 werden hier 30 Kinder spielen. Peg Schäfer, Geschäftsführerin der gemeinnützigen GmbH »Kindertagesstätte Haar«, wird eine neue Kita eröffnen, eine alters- übergreifende Einrichtung für Kinder von null bis sechs Jahren.
Die Schwerpunkte sind nahe liegend: Angesichts des Wäldchens wird die Natur eine wichtige Rolle spielen. »Und natürlich wird in diesem Haus auch weiterhin Musik gemacht werden weil Musik im Haus bleiben muss«, sagt Schäfer. Schon 2007 hatte Bürgermeister Dworzak auf das Grundstück hingewiesen. »Als ich das Waldheim gesehen habe, hatte ich sofort eine Vorstellung davon, wie toll das hier werden könnte«, schwärmt Peg Schäfer. Doch damit die Kinder einziehen können, muss noch eine Menge gemacht werden. Da ist zunächst das dichtbewachsene Gelände, das dringend etwas gelichtet werden müsse. Auch das Haus erhält eine Sanierung und einen Anbau. Im Obergeschoss wird eine kleine Anliegerwohnung für Praktikanten und Seminarräume für Fortbildungsmaßnahmen entstehen. Der Anbau, bei dem die Fenster bis zum Boden reichen, soll nicht nur den nötigen Raum für die Kinder bringen, sondern auch den Blick auf die schöne Natur freigeben.
Zwei Jahre hat die Kindertagesstätte Haar gGmbH mit dem Bürger-Sänger-Zunft e.V. über den Mietvertrag verhandelt. »Es ist ein ganz außergewöhnlicher Vertrag. Schon alleine, weil er für unsere Zwecke für 25 Jahre geschlossen werden muss«, erklärt Schäfer. Doch nun ist sie voller Vorfreude. Denn auch die Nachbarschaft wirkt dem Projekt gegenüber äußerst aufgeschlossen. »Bislang haben sich alle Nachbarn darüber gefreut, dass hier bald Kinder einziehen werden.« Nicht selbstverständlich für die Initiatorin, denn sie kennt auch vollkommen andere Szenarien. Als sie in München für ihre Krippen auf der Suche nach Räumlichkeiten war, blitzte sie oft ab. »In München standen damals zwei Millionen Quadratmeter Gewerbefläche leer. Sobald die Vermieter jedoch hörten, dass dort künftig Kleinkinder sein würden, wollten sie nicht vermieten«, erinnert sich Schäfer zurück. Zwar gab es auch in Haar Querelen, beispielsweise in der Dianastraße, aber in der Zunftstraße ist das anders.
1990 eröffnete Peg Schäfer die erste Ganztages-Kinderkrippe des gesamten Münchner Landkreises in Haar.
Mit ihrer Idee, Kleinstkinder zu bilden und zu betreuen, hat die gebürtige Amerikanerin ins Schwarze getroffen und das schon vor zwei Jahrzehnten. Sie war damit eine absolute Vorreiterin. Für diese Art der Betreuung gab es damals noch keinerlei Vorgaben für pädagogische Konzeptionen oder gesellschaftliche Anerkennung. Gesetzliche Förder- und Richtlinien, Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) und der Bayerische Erziehungs- und Bildungsplan (BEP) wurden erst etwa 14 Jahre später beschlossen.
Als sie ihre Idee dem damaligen Bürgermeister Hans Wehrberger vortrug, war dieser zwar aufgeschlossen, hatte aber Bedenken, ob dieses Angebot überhaupt gebraucht würde. Die erste Informationsveranstaltung sprach dann eine ganz eindeutige Sprache. »Die Veranstaltung war proppenvoll.
Der Bürgermeister kam vor lauter Fragen nicht einmal dazu, seine vorbereitete Rede zu halten«, erinnert sich Schäfer. Ihre erste Einrichtung eröffnete sie in der Vockestraße, die zweite an der Ferdinand-Kobell-Straße. Weitere Firmen-Einrichtungen kamen hinzu. Heute bietet sie in der »Kindertagesstätte Haar« rund 150 Krippen- und Kindergartenplätze an. Trotzdem decke das bei Weitem nicht den Bedarf, so Schäfer. Doch mit der neuen Kita an der Zunftstraße soll Abhilfe geschaffen werden. Claudia Erl